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Mercedes-Benz E-Klasse: Nie mehr Taxi!

Mit „Wagen 214“ endet eine Ära: Die neue E-Klasse wird nicht mehr als Taxi ab Werk angeboten und orientiert sich stark Richtung S-Klasse. Bleibt im Gegensatz zum neuen Fünfer-BMW aber unter fünf Meter Länge!

Die neue E-Klasse startet wieder als Mild- und Plug-in-Hybrid. | Foto: Mercedes-Benz
Die neue E-Klasse startet wieder als Mild- und Plug-in-Hybrid. | Foto: Mercedes-Benz
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Gregor Soller

Seit dem gern rostenden Vieraugen-Gesicht W-210 bleibt Mercedes-Benz bei der E-Klasse den Nummerierungen treu: Dem „Wagen 211“ folgten 212, 213 und jetzt eben 214. Und ja, auch diese E-Klasse ist wieder gewachsen, wurde stärker, digitaler und luxuriöser denn je. Motorisch startet man mit Vierzylindern, wobei die Hälfte aller in Europa angebotenen Modelle Plug-in-Hybride der vierten Generation sind. Dazu bleibt man dem Diesel treu. Die ersten Limousinen der Baureihe 214 kommen.

Optisch orientiert man sich mit dem „Cab-Backward“-Design samt schleppenartig langem Überhang hinten klar an der S-Klasse. Das sorgt im Gegensatz zur Dackeloptik der EQE-Reihe für elegante Proportionen und eine optische Nähe zum Topmodell. Die Brücke zu den EQ-Modellen schlägt vor allem bei der AMG-Line eine Black-Panel-ähnliche Fläche, die den Kühlergrill mit den Scheinwerfern verbindet. Serienmäßig besitzt die neue E-Klasse LED High Performance-Scheinwerfer. Als Sonderausstattung ist Digital Light ohne und mit Projektionsfunktion erhältlich. Alle Scheinwerfer-Varianten zitieren mit vier LED-Streifen auch die Ahnen W123 respektive W210 bis 212. Das Tagfahrlicht ist markentypisch in Form einer Augenbraue ausgeführt. Powerdomes akzentuieren und strecken optisch die Motorhaube.

Vom Hyper- zum Superscreen

Die Instrumententafel übernimmt man grundsätzlich erwartungsgemäß aus der S-Klasse respektive dem EQE. Mit dem optionalen Beifahrer-Bildschirm ausgestattet, erstreckt sich die große Glasfläche des MBUX Superscreens bis zum Zentral-Display. Optisch losgelöst davon befindet sich im Sichtfeld der Fahrerin oder des Fahrers das Fahrer-Display. Die Modelle ohne Beifahrer-Display tragen hier ein großes Zierteil, das sich bis zur Mitte erstreckt. Optisch abgekoppelt scheint das Zentral-Display über der konkav geformten Oberfläche dieses Zierteils zu schweben.

Den vorderen Bereich der Instrumententafel durchzieht das Lichtband der Aktiven Ambientebeleuchtung. In einem großen Bogen führt es von der Frontscheibe an den A-Säulen vorbei in die Türen. So entsteht ein großzügiges Raumgefühl. Eine scheinbar schwebende Bedieninsel im oberen Bereich der Türverkleidungen passt sich in der Optik an die Glasoberflächen der Bildschirme an.

Das Wachstum außen half auch innen: Fahrerin und Fahrer genießen fünf Millimeter mehr Kopffreiheit als im Vorgänger. Vom zwei Zentimeter längeren Radstand profitieren insbesondere die Fondpassagiere: Kniefreiheit und maximaler Beinraum wachsen um zehn bzw. 17 Millimeter. Noch größer fällt der Zuwachs bei der Ellenbogenbreite hinten aus: 1.519 Millimeter beträgt das Maß. Das ist ein Plus von 25 Millimetern und fast S-Klasse Niveau. Das Ladevolumen beträgt bis zu 540 Liter.

Die Hälfte der Motorisierungen sind Plug-in-Hybride

Bei den Verbrennern handelt es sich um Vier- und Sechszylinderaggregate aus der aktuellen modularen Mercedes-Benz Motorenfamilie FAME (Family of Modular Engines). Damit trägt das Motorenprogramm wesentlich zur Flexibilisierung des internationalen Produktionsverbundes bei gleichzeitig bedarfsgerechter Elektrifizierung bei.

Sowohl die Diesel- als auch die Ottomotoren verfügen neben der Aufladung mit einem Turbolader über eine intelligente Unterstützung mit einem Integrierten Starter-Generator (ISG). Sie sind also Mildhybride. Dank einer neuen Batterie konnte die Leistung des Elektromotors von 15 auf 17 kW und das Boostdrehmoment auf 205 Nm erhöht werden. Gestartet wird mit dem E200, der 150 kW (204 PS) leistet und 320 Nm Drehmoment bietet. Dazu kommen im Boost bis zu 17 kW und 205 Nm. Er soll 6,3 bis 7,4 l/100 km verbrauchen, was 144 bis 166 g CO2 pro km bedeutet. Der E 220d, der auch als Allrad kommt, bietet 145 kW (197 PS) und 440 Nm, dazu komme ebenfalls bis zu 17 kW und 205 Nm im Boost der E-Maschine. Er verbraucht nach WLTP 4,8-5,7 l/100 km, was 125 bis 149 g CO2/km entspricht. Dazu kommen drei Plug-in-Hybrid-Modelle der vierten Generation. Mit einer elektrischen Antriebsleistung von 95 kW (129 PS) und einer rein elektrischen Reichweite von bis zu über 100 Kilometern (WLTP) werden sie in vielen Fällen und an vielen Tagen rein elektrisch ohne Einsatz des Benzinmotors unterwegs sein. Weitere Plug-in-Hybride auch wieder mit Diesel-Verbrennern werden folgen. Auch bei E 300 e (en es ebenfalls als 4 matic gibt) und E 400 e bildet der 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner die Basis. Hier stehen 150 kW (204 PS) und 320 Nm respektive 185 kW (252 PS) und 400 Nm zur Verfügung, die E-Maschine erhöht hier auf 230 respektive 280 kW Systemleistung und 550 respektive 650 Nm Systemdrehmoment. Dr Akku bietet 25,4 kWh Kapazität. Die elektrischen Reichweiten gibt Mercedes-Benz 95 bis 115 km an. Den kombinierten CO2-Ausstoß mit 12 bis 20 g CO2/km, was für Flotten spannender sein dürfte, sofern die nicht den EQE wählen.

Auch beim Fahrwerk fährt die E-Klasse wieder groß auf, vorn mit vier hinten mit fünf Lenkern, Airmatic und Hinterachslenkung gibt es optional. Serienmäßig sind die Mild-Hybrid-Modelle mit einem „Agility Control“ genannten Stahlfeder-Fahrwerk mit selektivem Dämpfungssystem ausgestattet. Gegenüber dem Fahrwerk der Plug-in-Hybride ist es zudem um 15 Millimeter tiefergelegt. Auf Wunsch ist die neue E-Klasse mit dem Technik-Paket erhältlich. Es beinhaltet das volltragende Luftfederfahrwerk Airmatic mit kontinuierlicher Verstelldämpfung ADS+ und die Hinterachslenkung. Die optionale Hinterachslenkung macht die E-Klasse wendiger und wird mit einer direkteren Lenkübersetzung an der Vorderachse kombiniert. Der Lenkwinkel an der Hinterachse beträgt 4,5 Grad. Der Wendekreis verringert sich dadurch um bis zu 90 Zentimeter.

Neuer Zentralrechner für mehr Intelligenz

Die neue Elektronikarchitektur ist stärker von Soft- und weniger von Hardware bestimmt: Die Rechenfunktionen bisher getrennter Domänen finden in einer einzigen Recheneinheit statt. Bildschirme und MBUX Infotainmentsystem teilen sich somit einen neuen, sehr leistungsfähigen Fahrzeug-Zentralrechner. Diese Art der Vernetzung erhöht die Performance und Schnelligkeit der Datenströme. Für die neue E-Klasse wird das Entertainment-Paket (MBUX Entertainment Plus) verfügbar sein. Es umfasst Mercedes me connect Dienste und ein Daten-Paket eines Drittanbieters. Marktabhängig kommt ein Kommunikationsmodul mit 5G als Übertragungstechnologie zum Einsatz. Mit dem Mobilfunkstandard 5G sind wesentlich höhere Datenraten möglich als mit LTE/UMTS.

Ein neuer Kompatibilitäts-Layer erlaubt die Installation von Drittanbieter-Apps. Beim Marktstart der E-Klasse sind „TikTok“, das Spiel „Angry Birds“, die Kollaborationsanwendung „Webex“ und die Office-Anwendung „Zoom“ sowie der Browser „Vivaldi“ schon an Bord. Zudem bietet das Entertainment-Portal ZYNC auf Zentral- und Beifahrer-Display (optional) Video-Streaming, On-Demand-Inhalte, interaktive Erlebnisse, lokale Videoprogramme, Sport, Nachrichten, Spiele und vieles mehr über eine Benutzeroberfläche. Aber Achtung: All das braucht ein Benutzerkonto und kostet extra Geld respektive muss verlängert werden.

Gute Business-Idee: Konferenzen vom Auto aus

Neu ist auch eine Selfie- und Videokamera (Bestandteil der Sonderausstattung MBUX Superscreen) oben auf der Instrumententafel: Bei stehendem Fahrzeug kann die Fahrerin oder der Fahrer mit Videobild an Online-Konferenzen via z.B. „Webex“ teilnehmen und persönliche Fotos und Videos aufnehmen.

Mehr Bedienkomfort soll auch MBUX bieten: Mit der Funktion „Just Talk“ lässt sich die intelligente Sprachsteuerung jetzt auch ohne Schlüsselwort „Hey Mercedes“ aktivieren. Bei aktivierter Funktion erscheint ein rotes Mikrophon-Symbol im Display. Dann ist das Fahrzeug bereit und wartet auf Befehle.

KI soll Routinen erlernen und den Alltag erleichtern

Die künstliche Intelligenz (KI) lernt, welche Komfortsysteme die Fahrenden wiederholt nutzen. Unter den gleichen Rahmenbedingungen soll sie dann solche Funktionen automatisieren. Das Ergebnis wäre im Idealfall eine „personalisierte Automatisierung“, bei Mercedes-Benz „Routine“ genannt. Zum Start der neuen E-Klasse können Kundinnen und Kunden Vorlagen (Templates) von Standardroutinen nutzen. Außerdem haben sie die Möglichkeit, selbst Routinen zu erstellen. Dabei können die Insassen mehrere Funktionen und Bedingungen miteinander verknüpfen. Also beispielsweise „Sitzheizung einschalten und Ambientebeleuchtung auf warmes Orange einstellen, wenn die Innentemperatur unter zwölf Grad Celsius liegt“. Auf solche Ideen muss man erstmal kommen! Vielleicht ist mir die Stimmung an einem anderen Tag eher nach rot?

Die E-Klasse als Coach: Sie bietet optional Atemübungen an

Ebenfalls wieder an Bord sind die vielfältig inszenierten Energizing Comfort-Programme samt individueller Empfehlungen des Energizing Coach – er vielen gern selbst denkenden Europäeren auch ein bevormundendes Gräuel sein könnte. Aber auch hier hatten die Programmierer wieder neue Ideen: Das Anti-Reisekrankheit-Programm kann betroffene Beifahrerinnen und Beifahrer dabei helfen, Symptome zu mildern. Und es ist mittelfristig eine Bio-Feedback-Funktion geplant. Sie kann das Stressgefühl mit Atemübungen verringern.

Bei der Klimatisierungsautomatik Thermotoronic (Sonderausstattung) soll „Digital Vent Control“ das Komforterlebnis steigern: Damit stellen sich die vorderen Luftausströmer automatisch auf ein gewünschtes Belüftungsszenario ein. Über das Nutzerprofil ist das beispielsweise sitzplatzbezogen möglich. Die Düsen können aber auch wie gewohnt von Hand ausgerichtet werden – wie einfach war das früher: man legte fest, wo in welcher Temperatur hingeblasen werden soll und fertig! Auf die Art degradiert die neue E-Klasse jeden Fahrer und jede Fahrerin zum Softwareneuling, denn all die tollen Programme wollen erstmal erlernt werden.

Sicher bleibt sicher: Teils weiter entwickelte Fahrassistenzsysteme

Zur Serienausstattung der E-Klasse gehören genug Assistenzsysteme. Der Attention Assist bietet in Verbindung mit der Kamera im 3D-Fahrerdisplay (Gott sei Dank Sonderausstattung) jetzt auch eine Ablenkungswarnung: Sind die Augen des Fahrenden mehrere Sekunden lang nicht auf die Fahrbahn gerichtet, kann er eine Ablenkung erkennen und den Fahrenden akustisch und optisch warnen. Sollten Fahrerin oder Fahrer den Blick nicht wieder dem Verkehrsgeschehen zuwenden, erfolgt eine Eskalation mit zweiter Warnung und dauerhaftem Warnton. Wenn der Fahrende weiterhin nicht auf die Warnung reagiert, kann das System einen Nothalt durch den Aktiven Nothalt-Assistenten einleiten. Man darf gespannt sein, wie nervig das System in der Praxis eingestellt ist. Denn die neuen tollen Programme erfordern bei vielen Herstellern (zu) lange Blicke auf die großen Screens – da fährt man auf der Autobahn schon mal ein paar hundert Meter im Blindflug.

Aussagen in diesem Video müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.

Assistenten helfen auch beim Lenken und Wiederanfahren

Als Sonderausstattung, beispielsweise im Rahmen des Premium-Pakets, wird ferner das Fahrassistenz-Paket Plus angeboten. Dazu gehört der Aktive Lenk-Assistent, der beim Folgen der Fahrspur unterstützt. Wie bisher schon auf der Autobahn, kann die E-Klasse nun auch im Stadtverkehr und auf der Landstraße automatisch nach einem längeren Stillstand wiederanfahren. Eine weitere Neuerung: Ist der Aktive Lenk-Assistent nicht mehr verfügbar, weil die Spurmarkierungen nicht eindeutig zu erkennen sind, signalisiert er das der Fahrerin oder dem Fahrer über ein vibrierendes Lenkrad.

Die Airbags: Im Fond nur optional ganz komplett

Ungewöhnlich: Es gibt viele Airbags, aber nicht in jedem Land einen zwischen den vorderen Insassen und auch der die Seitenairbags bei einem schweren Seitenaufprall im Fond, die zusätzlich den Thoraxbereich abdecken kosten auf den äußeren Fondsitzen Aufpreis.

Auch bei der E-Klasse: Ressourcenschonende Materialien

Etliche E-Klasse Bauteile werden anteilig aus ressourcenschonenden Materialien (Rezyklaten und nachwachsenden Rohstoffen) gefertigt. Beim Basissitz der E-Klasse wird ein Bezug aus ungefärbter Alpaka-Wolle verwendet, kombiniert mit einem Rezyklat. Im Schaumstoff der Sitze werden erstmals nach dem „Massenbilanz-Ansatz“ zertifizierte, recycelte Rohstoffe eingesetzt, die sich in ihren Eigenschaften nicht von aus Erdöl hergestellten Rohstoffen unterscheiden. So kann der Bedarf an fossilen Ressourcen bei gleichbleibender Produktqualität reduziert werden.

Mercedes-Benz produziert seit 2022 in allen eigenen Werken weltweit bilanziell CO2-neutral. Der extern bezogene Strom stammt ausschließlich aus regenerativen Energien und ist damit CO2-frei. Darüber hinaus strebt das Unternehmen an, die Erzeugung von erneuerbarer Energie an seinen Standorten zu erhöhen. Bis Ende 2024 wird in einen weiteren Ausbau der Photovoltaik am gesamten Standort Sindelfingen investiert. Einen weiteren Fokus legt der Standort Sindelfingen auf eine stetige Reduzierung des Wasserverbrauchs sowie des Abfallaufkommens.

Was bedeutet das?

Die E-Klasse ist das Kernmodell der Marke Mercedes-Benz. Wagen 214 dürfte der letzte Verbrenner sein. Man kann davon ausgehen, dass er länger „durchhalten“ muss/darf/kann als seine Vorgänger und dass sein Nachfolger mit dem EQE zu einer neuen E-Klasse zusammengelegt wird, eventuell dem „Wagen W215“.

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