Mercedes-Benz CLA: Das Beste oder …?
Sebal Sifri, verantwortlich für die Gesamtfahrzeugkonstruktion der MMA-Architektur in der Entwicklung von Mercedes-Benz, fährt den CLA von der Mautstelle der Hochalpenstraße zum 2.509 Meter hohen Timmelsjoch hoch. Es hat frisch geschneit, unter dem Neuschnee ist jedoch alles vereist, und die erste Probebremsung macht klar: Selbst, wenn man oder in dem Fall frau voll in die Eisen tritt und der CLA wie wild regelt und vorsichtshalber schon einmal die Gurte straff zieht – die Bremswege werden lang – sehr lang!
Trotzdem peitscht sie die Limousine flott bergan, nutzt in den engen Kehren zum Timmelsjoch gern die leicht hecklastige Auslegung der Allradversion, um mit dezentem Wheelspin und Drift aus den Kurven herauszubeschleunigen. Im Pulk der viel stärkeren übrigen Mercedes-Benz-Allradler lässt sich der neue „Baby-Benz“ nicht den Schneid abkaufen!
Gelungenes Fahrwerk und sinnvolle Akkugrößen
Vom Beifahrersitz aus kann man noch nicht viel sagen, außer dass das Fahrwerk sehr gelungen wirkt: Der CLA bietet jede Menge Komfort, bleibt dabei aber straff genug, um konkret rückzumelden. Unebenheiten wie Kulen im Eis oder kurze Schlaglöcher werden so weitergeleitet, dass man immer im Bilde bleibt. Dabei nutzt Sifri gern den „One-Pedal-Drive“ mit maximaler Rekuperationsleistung. Mit diesem kann man den CLA so steuern, dass die Rekuperation nur einsetzt, wenn man abrupt vom Pedal geht. „So kann ich ihn wunderbar nur mit dem Fahrpedal steuern“, freut sie sich.
Dazu gehört viel Feinabstimmung, die Mercedes-Benz definitiv nicht verlernt hat – ebenso wenig wie bei Fahrwerk und Infotainment bis hin zur immer ausgeklügelteren Ladeleistung. Besonders beeindruckend ist der leistungsfähige Siliziumkarbid-(SiC)-Wechselrichter, der in der „Einstiegsklasse“ ein starkes Statement setzt.
Effizienz und Ladeleistung im Fokus
Der CLA, der mit 58- und 85-kWh-Akkus angeboten wird, soll mit dem größeren Akku Ladeleistungen von bis zu 320 kW ermöglichen. Besonders beeindruckend: In zehn Minuten sollen bis zu 300 Kilometer Reichweite nachgeladen werden können, was den CLA auch langstreckentauglich macht.
Ein kurzer Exkurs zu den Akkus: Es wird zwei Zellchemien geben. Die Zellen der Top-Variante enthalten Anoden, denen Siliziumoxid beigemischt ist, wodurch die gravimetrische Energiedichte im Vergleich zu den Standard-Graphit-Anoden um bis zu 20 Prozent gesteigert wurde. Auf Zellebene liegt die volumetrische Energiedichte laut Mercedes-Benz bei 680 Wh/l. Zudem wurde der Materialeinsatz optimiert, insbesondere der Kobalt-Anteil konnte weiter reduziert werden. Die Basisversion mit 58 kWh nutzt hingegen günstigere Lithium-Eisen-Phosphat-Kathoden (LFP), deren volumetrische Energiedichte bei 450 Wh/l liegt.
Top-Aerodynamik unterstützt die Reichweite
Mit dem 85-kWh-Akku strebt Mercedes-Benz eine Reichweite von bis zu 750 Kilometern an, bei einem Verbrauch von nur rund 12 kWh/100 km – beeindruckende Werte. Dies erfordert jedoch eine besonders ausgeklügelte Aerodynamik. Als wir einen Rekordwert von 0,19 oder 0,20 ins Spiel bringen, lächelt sie nur und verweist darauf, dass der CLA tatsächlich eine extrem ausgeklügelte Aerodynamik aufweist. Diese soll auch den Mildhybriden helfen, deren Verbrauch fast auf „Diesel-Niveau“ sinken soll. Diesel- und Plug-in-Hybride werden in der neuen Modellgeneration jedoch nicht mehr angeboten.
Der CLA wird auch als Shooting Brake kommen, zusätzlich sind zwei SUV-Modelle geplant. Wir rechnen mit einem Kompakten, der EQA und die aktuelle A-Klasse als „CUV“ vereint, sowie einer Art „Baby-G-Klasse“, die den GLB beerbt und eher auf Raumfülle als auf Aerodynamik setzt.
Vielseitige Antriebsoptionen
Der CLA wird wahlweise mit Hinterrad- oder Allradantrieb angeboten. Die Basisversion startet mit einem eigenentwickelten 200-kW-Elektromotor (272 PS) an der Hinterachse, während die Allradler zusätzlich einen zugekauften 80-kW-E-Motor (109 PS) an der Vorderachse erhalten. Die Leistungen werden jedoch nicht einfach addiert, da der vordere Antrieb nur „on demand“ zugeschaltet wird, um Schleppverluste zu vermeiden. Auf freier Strecke erreicht der CLA bis zu 210 km/h, bei winterlichen Testbedingungen sind wir jedoch kaum schneller als 90 km/h unterwegs.
Auch Benziner sind geplant, sie sollen ab Anfang 2026 folgen. Statt eines „Frunks“ sitzt unter der Haube ein neuer 1,5-Liter-48-Volt-Mildhybrid-Vierzylinder-Benziner der modularen Motorenfamilie FAME (Family of Modular Engines). Dieser wurde zwar von Mercedes entwickelt, wird aber in Kooperation mit Geely in China hergestellt. Es sind drei Leistungsstufen mit 100, 120 und 140 kW (136 PS, 163 PS und 190 PS) geplant. Im 48-Volt-Bordnetz liefert eine E-Maschine zusätzliche 20 kW (27 PS), ermöglicht maximales Rekuperieren und rein elektrisches Fahren auf Strecken von bis zu vier Kilometern.
Interessant: Bei den E-Versionen setzt Mercedes‑Benz auf ein nicht ganz unaufwändiges Zwei-Gang-Getriebe, das sportliche Leistung und Effizienz „perfekt ausbalancieren“ soll. Wir gehen davon aus, dass es eine laaang übersetzte zweite fahrstufe erhält, um einerseits die 210 km/h Topspeed zu ermöglichen und andererseits die Autobahnverbräche generell zu senken. Denn „untenrum“ hat der CLA ohnehin immer genug Punch. Weshalb Sifri die nächste Kehre gleich wieder nutzt, um den CLA freudig hindurchzutreiben….
Was bedeutet das?
Nach dem eher verpatzten Start der „großen“ Stromer EQE und EQS will es Mercedes-Benz jetzt noch mal wissen. Und hat in die MMA-Plattform zumindest mach erstem Eindruck versucht, im Segment mal wieder das Beste oder Nichts zu bieten. Die erste Mitfahrt war jedenfalls vielversprechend.
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