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Mehr Verkehrstote 2022: Weit weg von Vision Zero - Tempo größte Gefahr

Im Jahr 2022 ist die Zahl der Verkehrstoten und Verletzten gegenüber 2021 wieder gestiegen. Die Gewerkschaft der Polizei zeigt sich alarmiert. Auffällig ist zudem die Entwicklung bei den Alkoholunfällen. Tempo spielt die größte Rolle. Innerorts zwei Drittel der Getöteten Radfahrer.

Hohe Geschwindigkeit ist einer der Hauptfaktoren für schwere Unfälle. Zeit für Tempolimits, auf Autobahn, Landstraßen und innerorts. | Foto: Audi
Hohe Geschwindigkeit ist einer der Hauptfaktoren für schwere Unfälle. Zeit für Tempolimits, auf Autobahn, Landstraßen und innerorts. | Foto: Audi
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Johannes Reichel
von Christine Harttmann

Wie der aktuellen Verkehrsunfallstatistik zu entnehmen ist, sind im Jahr 2022 in Deutschland 2.788 Menschen bei Straßenverkehrsunfällen ums Leben gekommen, fünf Prozent davon waren Insassen eines Güterkraftfahrzeugs. Gegenüber dem Vorjahr war das ein Anstieg um neun Prozent.

Zahl der Toten und Verletzten steigt

Die Marke von 3.000 im Straßenverkehr getöteten Personen war erstmals im Corona-Jahr 2020 unterschritten worden. Dass diese auch im Jahr 2022 nicht wieder erreicht wurde, wertet das Statistische Bundesamt als positiv. Auch Zahl der bei Unfällen im Straßenverkehr verletzten Personen sei zwar im Jahr 2022 um zwölf Prozent auf 361.134 Verletzte gestiegen, bleibe damit aber dennoch auf einem der tiefsten Stände seit fast 70 Jahren. Durchschnittlich gab es pro Tag 989 Verletzte und fast acht Todesopfer. Die Gewerkschaft der Polizei widerspricht den, wie sie findet, Beschwichtigungen und reklamiert eine „besorgniserregende Entwicklung“ spricht angesichts der wieder steigenden Zahl von Verkehrstoten. Es sei kein Argument, dieses mit dem Hinweis zu relativieren, dass diese Zahl auf einem niedrigen Niveau anzusiedeln sei.

„Jedes Todesopfer im Straßenverkehr ist eines zu viel“, betonte der für Verkehrspolitik zuständige stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Michael Mertens am Mittwoch in Berlin.

Es sei höchste Zeit, dass die Politik die sogenannte Vision Zero, also das konsequente Minimieren von Straßenverkehrstoten und Schwerstverletzten, in die Gesetzbücher schreibt.

„Solange das nicht der Fall ist, habe ich das Gefühl, dass die politischen Entscheider den Tod auf der Straße nicht ernst genug nehmen“, bekräftigte Mertens.

Polizeilich registrierten Unfälle werden wieder mehr

Gestiegen ist laut der Statistik auch die Zahl der polizeilich registrierten Unfälle – um vier Prozent gegenüber 2021 auf rund 2,4 Millionen. Insgesamt erfasste die Polizei damit dennoch weniger Unfälle als vor der Corona-Pandemie. Bei 2,1 Millionen Unfällen blieb es bei Sachschaden, bei rund 290.000 Verkehrsunfällen wurden Menschen verletzt oder getötet. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden stieg damit deutlich – um zwölf Prozent gegenüber 2021. Dahingegen beschränkte sich der Anstieg bei Unfällen mit Sachschaden auf drei Prozent.

Alkohol – im Straßenverkehr ein wachsendes Problem

Negativ fällt die Entwicklung der Alkoholunfälle auf. Von 2015 bis 2019 schwankte ihre Zahl zwischen 34.000 und 36.000, während der Pandemie lag sie unter 33.000. Im Jahr 2022 gab es dagegen 38.771 Unfälle, an denen mindestens eine der unfallbeteiligten Personen alkoholisiert war. Das waren 19 Prozent mehr Alkoholunfälle als im Vorjahr. Noch deutlicher war die Entwicklung bei Alkoholunfällen, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden: Von 2015 bis 2019 erfasste die Polizei jährlich zwischen 13.000 und 14.000 Alkoholunfälle mit Personenschaden, 2022 waren es 16.807 Unfälle und damit 23 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Zahlen, die GdP-Vize Mertens zum Anlass nahm, die bei weitem nicht ausreichende polizeiliche Verkehrsüberwachung zu bemängeln.

„Die Menschen erleben tagtäglich, dass die Polizei in vielen Bereichen des Straßenverkehrs kaum Präsenz zeigen kann. Das Wissen darum verführt womöglich, es beim Alkohol am Steuer nicht so genau zu nehmen.“

Kontrolle fehlt

Die präventive Wirkung des hohen Risikos, mit zu viel intus erwischt zu werden, verpuffe zusehends. Die gestiegene Zahl der Alkohol bedingten Verkehrsunfälle sei ein deutlicher und trauriger Fingerzeig, so Mertens. Der Verkehrsexperte mahnte auch sonst mehr Regeltreue an. Viele Unfälle ließen sich vermeiden, wenn sich die Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung zu Herzen nähmen. Dieser verlange lediglich ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

Insbesondere Innerorts wäre das wichtig. Im Jahr 2022 ereigneten sich dort 70 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden, 24 Prozent auf Landstraßen und sechs Prozent auf Autobahnen. Allerdings haben Unfälle auf Straßen außerhalb von Ortschaften unter anderem wegen der höheren Fahrgeschwindigkeiten oft schlimmere Folgen als auf innerörtlichen Straßen. Auf Landstraßen kommen weitere Risikofaktoren wie die fehlende Trennung zum Gegenverkehr, schlechte Überholmöglichkeiten oder ungeschützte Hindernisse wie Bäume neben der Fahrbahn hinzu. Dies zeigt auch die Zahl der Verkehrstoten: Innerorts kamen 32 Prozent der bei Unfällen im Straßenverkehr Getöteten ums Leben, auf Landstraßen waren es 57 Prozent und auf Autobahnen elf Prozent.

Größte Gefahr geht von überhöhter Geschwindigkeit aus

Eine der Hauptursachen für tödliche Unfälle auf Autobahnen und Landstraßen war überhöhte Geschwindigkeit – auch das belegen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Demnach spielte überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit bei 33 Prozent aller Verkehrstoten auf Landstraßen eine Rolle. Bei den Schwerverletzten waren es 27 Prozent, also gut ein Viertel.

Auf den Autobahnen sah es ähnlich aus. Bei 39 Prozent der Verkehrstoten war überhöhte Geschwindigkeit zumindest mit ursächlich. Unter den insgesamt 252 Getöteten bei Unfällen auf Autobahnen waren 71 Insassen von Güterkraftfahrzeugen, wie Lkw, Sattelzugmaschinen oder Kleintransporter, die dagegen bei Unfällen auf Landstraßen und innerhalb von Ortschaften kaum gefährdet waren.

Ganz anders bei Radfahrern und Fußgängern. Die zählen vor allem Innerorts in die Unfallstatistik mit ein. Im Jahr 2022 starben innerorts 881 Menschen. 62 Prozent von ihnen waren mit einem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs, mit dem Pkw fuhren dagegen nur 19 Prozent.

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