Deutschland hat 2021 als eines der ersten Länder die rechtlichen Rahmenbedingungen für das autonome Fahren auf öffentlichen Straßen geschaffen und hat sich damit international an die Spitze gesetzt. Den zweiten, mindestens ebenso wichtigen Schritt ist MAN Bus & Truck am 1. Januar 2022 mit dem Start des Forschungs- und Entwicklungsprojekts Atlas-L4 (Automatisierter Transport zwischen Logistikzentren auf Schnellstraßen Level 4) gegangen. Der fahrerlose Lkw soll damit Schritt für Schritt Realität werden. Zunächst gehe es darum, so Forschungs- und Entwicklungsvorstand Dr. Frederik Zohm, zu testen, wie das Gesetz mit Leben gefüllt werden kann, damit ein autonom fahrender Lkw dann auch tatsächlich auf deutschen Straßen vorschriftsmäßig unterwegs sein kann.
Bei seinen ambitionierten Plänen erhält MAN kompetente Unterstützung von seinen Projektpartnern: Knorr-Bremse, Leoni, Bosch, Fernride, BTC Embedded Systems, Fraunhofer Aisec, Technische Universität München, Technische Universität Braunschweig, TÜV SÜD, Autobahn GmbH und Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften (WIVW GmbH). Gemeinsam mit ihnen will der Münchner Lkw-Hersteller den autonomen Lkw auf die Straße bringen.
Wichtige Meilensteine erreicht
Jetzt zogen die Projektpartner im Rahmen einer Veranstaltung in München am 24. Oktober 2023 – 22 Monate nach dem Startschuss – eine erste Zwischenbilanz. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Unterfangen habe bereits wichtige Meilensteine erreicht, so Zohm. Auch wenn es gleich nach Projektstart nicht nur durch Corona, sondern auch durch den Krieg in der Ukraine einige Verzögerungen gegeben habe, sieht er das Vorhaben auf einem guten Weg:
„Mit Atlas-L4 wird bald erstmals ein autonom fahrender Truck auf einer Autobahn in Deutschland unterwegs sein“, nennt formuliert er als das gemeinsame Ziel der zwölf Projektpartner. „So wollen wir zur Hub-to-Hub-Automatisierung, also zum fahrerlosen Pendeln zwischen Logistikhöfen, und damit zu mehr Sicherheit, mehr Effizienz und weniger Staus auf den Straßen beitragen – auch dem Fahrermangel kann mit Automatisierungskonzepten begegnet werden.“
Sensorfahrzeug zur Datenerfassung
Bis Ende 2024 – so lange läuft das Projekt – soll ein industrietaugliches Konzept für den Betrieb automatisierter Lkw auf der Autobahn vorliegen. Zohm ist zuversichtlich, dass dieses Ziel erreicht wird. MAN als Projektverantwortlicher für die Gesamtsystementwicklung hat auch bereits ein Prototypenfahrzeug aufgebaut. Es zeichnet sich durch Sensoren auf dem Dach, an der Front und an den Seiten der Fahrerkabine sowie durch eingebaute Rechner im Inneren aus.
Dieser Truck dient zunächst als Sensorfahrzeug zur Datenerfassung, bevor mit ihm die Funktionsentwicklung für das autonome Fahren unter anderem mit ersten Testfahrten auf der Autobahn mit Sicherheitsfahrer beginnt. Die ersten Kilometer hat das Fahrzeug bereits auf dem Testgelände von MAN in München zurückgelegt. Funktionalitäten und Schnittstellen standen auf dem Prüfstand: Zum ersten Mal kommunizierten die Komponenten miteinander, zum ersten Mal führten die Sensoren eine realitätsnahe Umfelderkennung durch.
Auch die für die Level-4-Architektur sicherheitsrelevanten Subsysteme Bordnetz, Lenkung und redundantes Bremssystem sind konzipiert und wurden bereits in ersten Musterständen erfolgreich getestet.
Einen weiteren Meilenstein konnte das Projektteam ebenfalls abhaken: Das Control Center für die technische Überwachung wurde im September 2023 erfolgreich in Betrieb genommen und die Verbindung zum Fahrzeug installiert. Das Webinterface zeigt nun das Fahrzeug auf einer Karte mit allen relevanten Informationen wie Geschwindigkeit und Automatisierungsstatus.
Cyber-Sicherheitsmaßnahmen sind selbstverständlich
Darüber hinaus haben MAN und das Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit Aisec die projektbegleitende Risikoanalyse für das Fahrzeug durchgeführt. Darauf aufbauend wurden Cyber-Sicherheitsmaßnahmen wie authentische und verschlüsselte Kommunikation sowie funktionale Sicherheitsmaßnahmen wie Redundanzen und Degradationskonzepte für das autonome Fahrsystem definiert. Dazu werden umfangreiche Angriffs- und Ausfallszenarien durchgespielt und entsprechende Schutzkonzepte entwickelt.
Der nächste große Meilenstein ist die Premiere im öffentlichen Straßenverkehr: Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll das Testfahrzeug die ersten Runden auf der Autobahn drehen – natürlich wieder mit einem Sicherheitsfahrer an Bord. Dafür ist ein Testfeld auf der A9 vorgesehen. Begonnen werden soll mit kleinen Abschnitten, etwa von einer Auffahrt zur nächsten Abfahrt. Diese sollen dann sukzessive verlängert werden. Längerfristig ist die Strecke München-Nürnberg im Visier.
Alle Meilensteine würden zum langfristigen Ziel von Atlas-L4 beitragen, ist Zohm überzeugt: dem Nachweis, dass der Einsatz von Level-4-automatisierten und damit fahrerlosen Fahrzeugen auf der Autobahn machbar ist. Er sieht darin einen Grundstein für zukünftige Serienanwendungen in der Logistik 4.0.
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