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Lunaz – erst Elektro-Rolls-Royce, jetzt E-Mülllaster

Silverstone, Heimat der legendären Rennstrecke. Hier rüstet eine Truppe um die Firmengründer David Lorenz und Jon Hilton Verbrenner in moderne Elektro-Fahrzeuge um. Erst waren es klassische Oldtimer, das neueste Projekt ist ein profaner Müllwagen.

Elektro - Mülllaster auf der Rennstrecke - der Econic von Lunaz Design.| Foto: Lunaz Design
Elektro - Mülllaster auf der Rennstrecke - der Econic von Lunaz Design.| Foto: Lunaz Design
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Thomas Kanzler

Das Dorf Silverstone im West Northamptonshire hat gerade einmal 2.000 Einwohnern, ist aber das Mekka vieler Motorsportfans. Am 13. März wurde hier das erste Formel 1 Rennen der ersten Formel 1 Weltmeisterschaft ausgetragen. Die Rennstrecke befindet sich an der Stelle eines alten Flugplatzes etwa einen Kilometer südlich des Dorfes. Das Formel-1-Team von Aston Martin hat seine Basis in unmittelbarer Nähe der Rennstrecke und beschäftigt etwa 200 Mitarbeiter. Auch das Unternehmen Lunaz Design, dass sich mit der Umrüstung von britischen Oldtimern in Elektro-Mobile einen Namen gemacht hat, hat sich in der Nähe der Rennstrecke niedergelassen. Einer der Gründer, Jon Hilton, ist ja auch ein ehemaliger Formel-1-Ingenieur.

Lunaz Design startete 2018 mit dem Umbau britische Oldtimer in Elektro-Mobile. Die Idee war so erfolgreich, dass heute Anfragen bereits mit dem Hinweis abgelehnt werden, dass die Produktionskapazitäten auf absehbare Zeit erschöpft seien. Der schnelle Erfolg und namhafte Investoren wie Ex-Fußballstar David Beckham ließen den Firmenwert auf aktuell etwa 180 Millionen Euro steigen.

Erst stattete Lunaz Design Klassiker mit elektrischen Antrieb aus

Für Puristen mag es ein Affront sein. Aber in den Augen von Firmengründer David Lorenz nimmt Lunaz „die glorreiche automobile Vergangenheit und durchdringt sie mit emissionsfreien Antriebssträngen, um die Lebensdauer dieser speziellen Autos zu verlängern.“ Das Unternehmen befreit Exoten wie den Jaguar XK120 von 1953 oder einen Rolls-Royce Phantom V von 1961 von ihren alten Verbrennern und installiert Batteriepacks (80 kWh für den Jaguar und 120 kWh für den Phantom) und selbst entwickelte Elektromotoren mit bis zu 375 PS. Das Ergebnis sind Autos, die nichts von ihrer klassischen Schönheit verlieren, weit mehr Leistung generieren und zudem annähernd Wartungsfrei werden. Günstig ist die Umrüstung allerdings nicht, bei etwa 400.000 Euro geht es los.

„Ein Tesla wird nie so viel Stil haben, und niemand wird vermuten, dass der silberhaarige Herr hinter dem Steuer wirklich einen ausgeklügelten EV-Schlitten fährt“, berichtet ein begeisterter Oldtimer Kunde.

Und jetzt die Mülllaster von Mercedes

„Upcycling“ ist die Devise. Alte Fahrzeuge sollen Wiederaufbereitet werden, der Verschrottung entgehen und ein zweites Leben als Stromer vor sich haben. Nach der Umrüstung der klassischen Automobile zu E-Fahrzeugen wollen die Briten jetzt auch Nutzfahrzeuge wie Busse oder LKW umbauen. Als erstes elektrifizierten die Britten einen Mercedes Econic. Der LKW ist eines der beliebtesten Fahrzeuge weltweit für Anwendungen auf Baustellen, bei der Müllabfuhr, bei Feuerwehr und Rettungsdiensten.

Genauso wie bei den Oldtimern wird der gebrauchte Laster einer Komplettrestauration unterzogen. Das Fahrzeug wird zerlegt, alle Aggregate des Verbrenners werden entfernt und durch den modularen Antriebsstrang von Lunaz ersetzt. Die Kapazität des Akku-Paketes richtet sich nach der späteren Anwendung. Ein LKW für den Überlandverkehr erhält größere Akku-Pakete als ein Müllwagen, der nur in der Innenstadt unterwegs ist.

Riesiges Potential an zu elektrifizierenden LKW erwartet

Lunaz rechnet mit über 80 Millionen Fahrzeugen, die allein in Europa und den USA dem Upcycling zugeführt werden könnten. Das Unternehmen hat bereits private Unternehmen und Kommunen als Kunden gewonnen und wird in den nächsten Jahren etwa 1.100 Nutzfahrzeuge zu Stromern umrüsten. Dazu suchen die Britten noch weitere Produktionsstätten, die gerade erst erweiterten Hallen an der Rennstrecke reichen dafür bei weitem nicht aus.

Sogar die Software entwickelt Lunaz im eigenen Haus. Die Telematik-Technologie soll den Flottenbetrieb deutlich vereinfachen. Service und Wartung sind hochgradig digitalisiert und automatisiert. Die alten Laster werden zudem mit der neuesten Sicherheitstechnik modernisiert, indem Kameras statt Außenspiegel sowie Radartechnik zum Einsatz kommen. Alle Systeme sollen zu einer 360-Grad-Vogelperspektiven-Übersicht führen. Abbiegeunfälle, bei denen sich die Opfer im toten Winkel befinden, gehören somit der Vergangenheit an. Preislich ist ein komplett neu aufgebauter Econic in etwa mit dem Kauf eines neuen Verbrenner-LKW vergleichbar.

Was bedeutet das?

Das Umbauen von Oldtimern in Luxus – E – Fahrzeuge zu enormen Preisen ist vielleicht für manchen Millionär ganz nett – David Beckham schenkte zum Beispiel seinem Sohn so ein E-Mobil. Herausragend ist hingegen die Idee, ausgediente LKW als neuwertige E – Laster wieder auferstehen zu lassen. Dies reduziert Kosten, Abfall und steigert die betriebliche Effizienz. Nicht zu verachten ist auch die enorme Menge an CO2-Einsparung, die durch das Upcycling möglich wird. Eine unabhängige Prüfung ergab, dass so mehr als 80 Prozent des Kohlenstoffs im Vergleich zu einer Neuanschaffung eingespart werden.

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