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Meinungsbeitrag

Ladestationen selber bauen?

Diese Kolumne schreibe ich in meiner Eigenschaft als Vertreter internationaler Normierungsgremien für Ladetechnik, in denen ich Mitglied bin.

Christoph Erni, selbst Hersteller von Ladetechnik, kennt das Innenleben eben dieser bis in die kleinste Kabelummantelung. | Foto: Juice Technology
Christoph Erni, selbst Hersteller von Ladetechnik, kennt das Innenleben eben dieser bis in die kleinste Kabelummantelung. | Foto: Juice Technology
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Gregor Soller

In der letzten Zeit häufen sich im Internet Artikel, die Anleitungen zum Selbstbau von Ladestationen zeigen. Diese, und auch einige technisch unzulängliche fertige Produkte auf dem Markt, erfüllen uns Normierer mit Sorge. In zahllosen Stunden aufwändiger Sitzungsarbeit ringen in der Standardisierung Fachspezialisten aus der ganzen Welt um die Definition von Mindestanforderungen an sichere Produkte. Ladeinfrastruktur soll keine Leben gefährden – so die oberste Maxime in den Gremien IEC 61851 (für fixe Ladestationen) und IEC 62752 (für mobile Ladestationen). Umso betrüblicher ist es mit ansehen zu müssen, dass es sowohl Bausätze wie auch ganze Ladestationen gibt, die sich um die Norm sich keinen Deut um die Norm scheren, die Mindestanforderungen schlicht nicht erfüllen und trotzdem irreführend (um nicht zu sagen betrügerisch) das CE-Zeichen anbringen.

Worum geht es?

E-Mobilität ist eine großartige Sache. Aber dabei geht es um richtig viel und starken Strom. Dass der Umgang damit gefahrlos bleibt, müssen viele Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden. Nicht umsonst sind die Normenhefte für Ladestationen über einen Zentimeter dick. Wer mit seinen Produkten alle darauf anwendbaren Normen und Tests restlos erfüllt, darf in Eigenverantwortung das CE-Zeichen auf den Geräten anbringen.

Wo liegen die Probleme?

Zuerst einmal im letzten Punkt: Leider ist auch bei wirklich komplexen Produkten wie Ladestationen die Eigendeklaration ausreichend. Gute Hersteller lassen ihre Produkte zwar zusätzlich durch neutrale externe Institute wie den TÜV oder den VDE prüfen und bestätigen. Obwohl es auch da Scharlatane gibt, die zum Beispiel nur eine Gebrauchsmusterprüfung durchführen, was nicht die Normeinhaltung garantiert, sondern faktisch nur sagt, dass man das Produkt zum benannten Zweck verwenden kann. Es gibt sogar Angebote, die sich bewusst auf abgelaufene Normen berufen oder Stationen, deren zu schmalbrüstige Bauteile gar nicht für Wandladestationen zugelassen sind.

Dann gibt es Stationen, die zwar nicht gefährlich sind, aber preislich mogeln. Bei manchen sind zwingend notwendige Teile nicht enthalten und müssen vom installierenden Elektriker in der Hausverteilung teuer nachgerüstet werden. Und nicht wenigen Ladepunkten fehlt schlicht das Ladekabel. Für den Nutzer bedeutet das gut 300 Euro Mehrkosten zusätzlich zum Preis der Ladestation. Schade, dass sogar Autoverbände auf solche Tricks hereinfallen und dann die falsche Station zum Sieger küren. (Und das darf ich neutral beurteilen, da keine unserer Stationen in diesem Test dabei war.)

Schließlich gibt es leider keine wirksame Marktaufsicht. Sowohl unvollständige und gefährliche Bausätze wie auch nicht zulässige Ladestationen werden von niemandem gerügt oder vom Markt genommen. Es ist offensichtlich, dass unsere Branche noch zu jung ist und man noch wenig Know-how bei den Behörden findet. Für den Kunden führt das dazu, dass sich im Shop gefährliche (oft günstige) Produkte direkt neben aufwändig entwickelten, sicheren Stationen finden. Zu was er wohl greift, wenn er denkt, alles sei identisch?

Was kann man tun?

Aufklärung ist dringend nötig. Als Vertreter der Normierungskomitees appelliere ich an die Medien, den E-Mobilisten einfach darzulegen, wo günstig aufhört und gefährlich anfängt.

Nur so zum Vergleich: Wir alle kennen die Nachrichten über tote Jugendliche, die in der Badewanne am gerade ladenden Handy spielen wollten. Einer meiner Normierungskollegen hat aufgezeigt, dass die Norm sehr wohl vorgibt, wie groß die Kriechabstände in den Ladeteilen sein müssen und dass die Originalhersteller damit sichere Geräte produzieren. Aber die Billigheimer, natürlich mit CE-Zeichen, halten sich nicht dran und töten damit hoffnungsvolle junge Leben. Dass die Behörden hier nicht mitkommen, weil es sich um private Direktimporte von Irgendwasexpress handelt, verstehen wir ja noch halbwegs.

Aber es ist unerträglich mitanzusehen, dass wir hier in Europa straflos gefährliche Produkte verkaufen können. Die E-Mobilität geht nun wirklich in die Breite. Wir müssen den Mut aufbringen, die schwarzen Schafe zu benennen und zu Produktrückrufen zu zwingen. Hersteller, die ihre Kunden gefährden, müssen jetzt zur Verantwortung gezogen werden.

Was bedeutet das?

Nein, vertrauen Sie den Bausätzen für 250 Euro nicht! Es ist schlicht nicht möglich, die Bauteile für eine seriöse, zukunftssichere Ladestation für diesen Preis zu bekommen.

 

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