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Kaufprämien: Union uneinig - Autogipfel abgesagt

Während die CSU sowie Bundeswirtschaftsminister für Prämien trommeln, warnen Vertreter der CDU vor nur kurzfristig wirkenden Maßnahmen. Jetzt wurde das für Dienstag geplante weitere Spitzentreffen abgesagt.

Streit um die Prämie: In der Union ist man sich alles andere als einig über den Sinn von Kaufprämien. Vor allem die CDU-Fraktion hat einige Skeptiker in den Reihen. | Foto: Pixabay/Capri23auto
Streit um die Prämie: In der Union ist man sich alles andere als einig über den Sinn von Kaufprämien. Vor allem die CDU-Fraktion hat einige Skeptiker in den Reihen. | Foto: Pixabay/Capri23auto
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Johannes Reichel

Weil sich vor allem in der Union ein Streit über die debattierte Neuauflage von Kaufprämien für Automobile abzeichnet, ist der für Dienstag vor dem Koalitionsausschuss geplante weitere Autogipfel im Kanzleramt abgesagt worden. Die Vorstellungen in der Koalition lägen zu weit auseinander, heißt es aus Regierungskreisen. Das betrifft allerdings auch die Union aus CDU und CSU. Während in der CSU-Landesgruppe die Kaufanreize ebenso befürwortet werden wie von Bayerns Ministerpräsident Söder sowie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU), der eine solche Prämie bereits plant, sprachen sich vor allem prominente Vertreter der CDU-Bundestagsfraktion strikt gegen eine Incentivierung aus. Es gebe "viele negative Emotionen", die Autoindustrie habe durch ihr Verhalten in den vergangenen Jahren sehr viel Porzellan zerschlagen. Freilich müsse man wegen der Bedeutung der Autoindustrie dennoch helfen und so sehe das auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, so der Tenor der Fraktion.

Untermauert wurden die Ansprüche der Branche vom Verband der Automobilindustrie VDA, dessen Präsidentin Hildegard Müller am Freitag einen kräftigen Konjunkturschub forderte. "Es stehen schon jetzt Tausende Arbeitsplätze in vielen Branchen auf der Kippe. Deshalb ist es wichtig, dass die Koalition zügig eine Entscheidung zu Konjunkturhilfen fällt", erklärte sie. Just zur gleichen Zeit hatte das VDA-Mitglied BMW erklärt, dass es neben den Stellenstreichungen von 6000 Arbeitsplätzen weitere Einschnitte geben müsse. Es sei nicht absehbar, wann die Nachfrage in wichtigen Märkten wieder "ein konstantes Normanniveau erreichen" würde, formulierte BMW-Finanzchef Nicolas Peter.

Warten auf Bonus: Forderung nach Prämien war kontraproduktiv

In der Union stoßen derartige Forderungen bisher auf verhaltenes Echo. Laut Süddeutscher Zeitung erklärte der Vorsitzende des Parlamentskreises der CDU, dem eine knappe Mehrheit der Abgeordneten angehört, Christian von Stetten, die Mehrheit der Unionsfraktion sei mit Sicherheit gegen eine Kaufprämie. Die Forderung der Industrie nach einer solchen habe sogar kontraproduktive Wirkung und die Absatzkrise noch verschärft. "Jetzt kauft keiner mehr Autos, weil alle abwarten, ob es diese Kaufprämie geben wird", warf von Stetten der Autodustrie vor. Man müsse den Bürgern jetzt erklären, dass es keine Prämie geben werde, dann nehme der Absatz auch wieder zu, glaubt von Stetten. Es gebe zudem andere Branchen, die durch staatlich verordnete Schließungen in Schwierigkeiten seien und die die Hilfe viel eher verdienten, meint der CDU-Parlamentarier.

Linnemann: Prämie wirkt nur kurzfristig

Sogar der Wirtschaftsflügel scheint eher ablehnend. Der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschafts-Union und stellvertretende Fraktionschef Carsten Linnemann, warnte vor "branchenspezifischen und nur kurzfristig wirkenden Maßnahmen" und regte stattdessen bessere steuerliche Verlustrechnung, die Streichung der Vorfälligkeit von Sozialabgaben oder weitere Strukturreformen an, zu denen er auch die Absenkung der Stromsteuer oder das Auslaufen des EEG zählt. Auch Fraktions-Vorsitzender Ralph Brinkhaus findet nicht viel an Prämien. Trotz der Rolle als Schlüsselindustrie, die die Autoindustrie innehabe, könne man mit gleichem Recht auch Prämien auf Waschmaschinen oder andere Güter fordern. Ihm machten mehr die Zulieferer sorgen, um die man sich bei solchen Paketen auch kümmern müsse.

Das Bundeswirtschaftministerium konterte, man helfe daher ja nicht nur der Autoindustrie, sondern diversen Branchen. Zudem hätten die Probleme der Hersteller auch mit dem Abreißen der Lieferketten in Folge der Pandemie zu tun. Und jetzt hielten sich die Käufer wegen der unsicheren wirtschaftlichen Lage zurück, so die Argumentation.

Kommunen fordern Mobilitätsprämie und weniger Autoverkehr

Widerstand gegen die Prämie kommt allerdings auch aus den Kommunen, die bei Kaufanreizen eine Verschlechterung der Verkehrssituation befürchten. Stellvertretend forderte etwa der Düsseldorfer OB Thomas Geisel gegenüber der Süddeutschen Zeitung, es müsse mehr für Bus-, Bahn- und Radverkehr getan werden, jedoch nicht für mehr Individualverkehr im Auto. Er erneuerte in dem Kontext die Idee einer Mobilitätsprämie, die diverse Verbände vor kurzem ins Spiel gebracht hatten. 

"Wir müssen den Autoverkehr auf lange Sicht deutlich reduzieren. In den nächsten 15 Jahren sollte der Autoverkehr in deutschen Städten um rund 50 Prozent sinken", forderte der SPD-Politiker.

Was bedeutet das?

Ein interessantes und neues Argument, das CDU-Mann von Stetten da in die Debatte einführt - keiner kauft ein Auto, wenn es wenig später vielleicht eine dickere Prämie oben drauf gibt. Diesen Effekt konnte man schon bei der anfangs verbaselten Verlängerung und Aufstockung der E-Auto-Prämie beobachten. Ob er in dieser Sondersituation der Pandemie auch eintritt, kann man nur vermuten. Wahrscheinlich ist so oder so: Egal, wie viele Tausender die Regierung jetzt noch oben drauf legt, im Moment herrscht ob der ökonomischen Unsicherheit so oder so Kaufzurückhaltung, zuletzt sogar auch bei den E-Fahrzeugen, die lange der Krise getrotzt hatten. Außerdem: Eine nicht zu knappe E-Auto-Prämie gibt es bereits und das ist das Segment, das es zu fördern gilt, keinesfalls "moderne Verbrenner", was auch immer darunter zu verstehen sein soll.

Dass die deutschen Hersteller hier blank sind und mit Ausnahme des BMW i3 schlicht keine reinen E-Autos liefern können und vor allem VW mit dem ID3 nicht zu Potte kommt, kann man nun nicht der Politik ankreiden, sondern den strategischen Versäumnissen des letzten Jahrzehnts.

Wobei man auch über die PHEV-Förderbedingungen dringend nochmal nachdenken und sie mit einem Ladenachweis oder E-Modus-Junktim versehen sollte, damit auch die Umwelt was hat von den meist schwergewichtigen Doppel-Herz-Mobilen mit ihren durstigen Turbo-Benzinern. 

Zur Wahrheit gehört im Zweifel auch: Prämien führen nur zu Vorzieheffekten, die Nachfrage fehlt dann im Zweifel im Jahr 2021 oder danach. Darauf haben auch die Verantwortlichen von PSA hingewiesen, die die üppigen Prämien in Frankreich ablehnen und es aus eigener Kraft durch die Krise schaffen wollen, weil es unternehmerisch nachhaltiger ist.

Also, verbeißt Euch nicht länger in dieser elenden Prämien-Debatte - und sorgt lieber für Entlastungen bei den Energie- und Stromsteuern und baut die Ladeinfrastruktur aus, was im Corona-Konjunkturpaket ja immerhin verankert ist. Da haben dann alle etwas davon - und E-Auto-Fahren wird endlich auch im Betrieb wirklich günstiger als einen Verbrenner zu pilotieren.

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