Juice Ultra 2 battery: das Prinzip Dorfbrunnen
CEO Erni und seinem Team mangelte es noch nie an Ideen oder Bildern, um die Juice-Produkte zu erklären. Über den Booster 2 ließ er einen Panzer rollen, um dessen Stabilität zu demonstrieren, den Booster 3 überfüllte er mit Cola, um zu zeigen, dass er kleiner ist als die typische 0,33-Liter-Dose und den Charger Me schmiss er in ein Aquarium und ließ ihn dort weiterladen, um zu demonstrieren, wie wasserdicht der ist.
Typisch Juice Technology: Plug&Play auch beim DC-Laden
Jetzt folgt ein eigener DC-Lader, der Juice Ultra 2 battery. Für den Anschluss genügt eine rote Drehstromdose – einstecken, fertig. Der Ansatz ist typisch für die Schweizer Ladeprofis: Es soll so einfach wie möglich funktionieren. Heißt in dem Fall: Möglichst keine Bau- oder gar Erdarbeiten! Sodass für den Juice Ultra 2 battery eine ebene Fläche genügt. Binnen ca. einer Stunde soll man das Gerät aufstellen, ans Netz anschließen und einsatzbereit machen können. Dazu soll jede rote Industriesteckdose verwendet werden können, besonders empfohlen sind CEE32, CEE63 oder CEE125.
Der Juice Ultra 2 battery bietet bis zu 210 kW Ausgangsleistung, die über eine intelligente Lastverteilung auf zwei CCS-Ladepunkte aufgeteilt werden kann. Er ist in zwei Varianten erhältlich: mit einer Batterie-Einheit von 233 kWh Speicherkapazität oder mit zwei Batterie-Einheiten, die eine kombinierte Kapazität von 466 kWh bieten. Und da Juice immer von der Software her denkt, wurde auch hier viel „Gehirn“ ins Gerät programmiert. Das integrierte Energiespeichersystem mit Lithium-Ionen-Akkus von BYD wird von einem leistungsstarken Energiemanagementsystem (EMS) gesteuert, das sowohl lokal als auch per Fernzugriff bedient werden kann. Dieses EMS koordiniert die Energieflüsse zwischen Netz, Batterie und Elektrofahrzeugen und soll so für eine optimierte Energieverteilung sorgen. Durch die kontinuierliche Versorgung der Akkus mit Strom wird eine hohe Ladeleistung trotz niedriger Netzanschlussleistung erreicht.
Womit wir jetzt beim „Prinzip Dorfbrunnen“ wären, wie Erni uns lächelnd erklärt: In den tröpfelte immer Wasser, bis die Tiere zur Tränke geführt wurden und ihn mehr oder weniger leer tranken. Wenn man das durch Strom ersetzt, würde auf die Art die Belastung des Netzes auf ein Minimum reduziert, was sich wiederum in deutlich geringeren Gebühren beim Netzbetreiber niederschlägt. Insgesamt soll sich dadurch ein deutlich kosteneffizienterer Betrieb als mit konventionellen DC-Schnellladestationen ergeben. Der Akku habe sich laut Erni nach anderthalb bis zwei Jahren amortisiert und sei damit im Preisvergleich mit einem klassischen DC-Charger „praktisch kostenlos inbegriffen“.
Und natürlich lässt sich der neue DC-Lader auch aufrüsten: Dank dem intelligenten Energiemanagement kann man auch das (Überschuss-)Laden mit PV-Anlagen problemlos integrieren. Und für eine einfache Zahlungsabwicklung ist ein Kreditkartenterminal erhältlich. Ein 19-Zoll-Touchscreen sorgt zudem für ein angenehmes Ladeerlebnis.
Lastspitzen sollen vermieden werden
Außerdem soll der Juice Ultra 2 battery Lastspitzen vermeiden, die sonst Kosten verursachen und an den Netzbetreiber entrichtet werden müssen. Die Batterie wird kontinuierlich über den Tag hinweg oder nur zu Zeiten mit günstigen Stromtarifen geladen, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führt. Im Interview hat uns Christoph Erni weitere Fragen beantwortet.
Juice stand dem DC-Laden bisher immer eher abwartend gegenüber. Hat sich Ihre Meinung dazu jetzt geändert?
Christoph Erni: Abwartend ist gut ausgedrückt, denn jetzt ist unserer Meinung nach der ideale Zeitpunkt gekommen. Klar ist, dass wir nach wie vor unseren Schwerpunkt auf AC setzen, das ist, wenn man es vollumfänglich und gut machen möchte, komplex genug. Aber darüber hinaus kamen immer mehr Anfragen nach schnellerem DC-Laden.
Von wem?
Erni: Aus verschiedensten Einrichtungen: Sowohl aus dem öffentlichen als auch aus dem halböffentlichen Bereich, wo es meist darum geht, dass Kunden eine längere Zeit vor Ort sind und ihr Fahrzeug in der Zeit möglichst vollladen wollen. Das reicht vom Schnellimbiss über Bürokomplexe bis hin zum Einzelhandel. Immer unter der Prämisse, und das ist das Entscheidende, dass man Lastspitzen vermeiden möchte und oft in „alten“ Quartieren agiert, wo man die Anschlussleistung nicht oder nur mit extremem Aufwand erhöhen könnte. Denn da addieren sich schnell Zuleitung, Trafo und Wirkleistung zu immensen Beträgen, dass sich unser Akku in der Regel nach spätestens zwei Jahren amortisiert hat. Wie gesagt, dazu haben wir mittlerweile mehrere konkrete Anfragen.
Können Sie hier konkreter werden?
Erni: Das sind neben Büros, die zwei bis drei Besucher pro Tag haben, die gern vollladen würden auch Spediteure im Fein-Verteilerverkehr. Deren Transporter fahren in der lokalen Feinverteilung und machen am Tag schon mal bis zu 400 Kilometer am Tag. Sie sind am Nachmittag meist leer und brauchen für die Spättour nochmal Strom, während sie ihre Fahrzeuge für diese zweite Runde packen. In der Regel tauchen die ohnehin gestaffelt auf und es werden dann immer vier bis sechs Fahrzeuge geladen. Im Idealfall natürlich mit Solarstrom. Interessant ist das auch für einzelne schwerere Lkw im Verteilerverkehr. Großes Interesse haben aber auch Autohäuser, die jetzt ihre Ladeinfrastruktur aufrüsten müssen und mehrere Kunden haben, die schnell laden wollen. Ähnliches gilt für Flotten, bei denen die Fahrer kurz an die Zentrale zurückkehren, um dann aber nochmal eine weitere Strecke zu fahren.
Womit wir gleich beim Flottenladen wären, für das Juice ja auch AC-Lösungen hat. Wie entwickelt sich das weiter?
Erni (lächelt): Sehr gut! Hier geht es vielen Kunden darum, dass sie einfach nach Komplettlösungen suchen, die ihnen keine Probleme bereiten. Plug&Play sozusagen
Was man mit dem Charger me 3 und dem Booster 3 air ja gut kann, zumal Juice auch Lastmanagement und eine passende App anbietet.
Erni: Aber hier muss man differenzieren: Der Charger me 3 ist eher gefragt, wenn die Lademöglichkeit zu Hause und im Office fest installiert werden soll. Wenn den Nutzenden Fahrzeuge nur vorübergehend zur Verfügung gestellt werden oder die Orte, an denen geladen wird, häufig wechseln, bevorzugen viele Kunden den Booster 3 air, der dann immer mit dem Fahrzeug mitgeführt wird. Der Booster wird einfach vor Ort eingesteckt, notfalls mit Adapter und man braucht weder Installation noch Rückbau.
Dazu gibt es App oder Karten, aber kann man damit nicht immer noch tricksen?
Erni: Dafür haben wir mittlerweile auch eine Kilometerangabe eingeführt. So kann der Mobilitätsmanager die Verbräuche errechnen und sieht sofort, wenn hier ein Fahrzeug dramatisch nach oben ausreißt. Hilfreich ist hier auch die ISO 15118: Dann erkennen sich Auto und Ladestation und es wird automatisch eindeutig abgerechnet.
In Deutschland hat sich der Markt für Elektromobilität massiv abgekühlt. Spürt Juice das auch?
Erni: Es wäre gelogen zu sagen, dass die Bäume in den Himmel wachsen. Covid, Chipkrise, Rückgang der Kaufkraft und Wegfall der Förderung spüren wir auch, aber eher als „Delle“, denn: Die Pilotkunden wachsen und die Delle in Deutschland gleichen stark anziehende Märkte wie in den USA und mittlerweile auch UK locker aus. Interessant ist auch, dass wir unseren starken Marktanteil bei Amazon halten konnten: Hier machen wir 35% der Wallboxen und 90% der mobilen Geräte. Insofern können wir hier nicht klagen. Das Pariser Abkommen steht, CO2 muss runter und das geht elektrisch am einfachsten und effektivsten.
Immer mehr Pkw-Hersteller planen auch Vehicle 2 Grid – auch ein Thema, dass Juice Technology je eher kritisch betrachtet hat. Gilt das immer noch?
Erni (lächelt): Den ganz großen Use-Case sehe ich immer noch nicht, aber grundsätzlich wird das Thema interessanter. Vor allem im Handwerk, in dem das Fahrzeug dann als mobile Stromquelle für alle möglichen Anwendungen, Maschinen und Werkzeuge genutzt werden kann und auch bei der Road-Assistance, wodurch E-Autos andere E-Autos wieder flott machen können. Hier dürfte es ziemlich zügig Anwendungen geben. Aber das ganz große Ziel mit den Autos als gigantischem Pufferspeicher sehe ich noch nicht.
Warum?
Erni: Weil man hier das gesamte Energienetz mit der Fahrzeugflotte synchronisieren und vernetzen muss. Dann genügt es auch, wenn jeder fünf bis zehn Prozent seiner Energie zur Stabilisierung des Stromnetzes freigibt, dann kann man tags drauf immer noch überall hinfahren, zumal die ISO 15118 das alles vereinfacht, aber: Die Energieversorger und Kraftwerksbetreiber rechnen hier in ganz anderen Zeiträumen. Jahrzehnten oder mitunter Jahrhunderten! Nehmen sie das Rundsteuersignal mit dem die Stromversorgung heute noch ferngesteuert wird. Das ist jetzt 120 Jahre alt. Sowas bauen sie nicht einfach mal um.
Wenn wir Mobilität und Infrastruktur vernetzen würden, bräuchten wir wahrscheinlich unendlich viele Berechnungspunkte und ganze Serverfarmen dafür?
Erni (lacht): Das wäre gar nicht so schlimm. Wir kommen ja aus der Software und haben das mal für Deutschland simuliert und kamen am Ende auf 500 Millionen Knoten- respektive Berechnungspunkte. Womit ich zur vorherigen Frage zurückkomme: Vehicle 2 Grid ist durchaus machbar. Es geht jetzt nur darum, dranzubleiben, denn die Welt wartet nicht auf uns. Womit wir auch wieder beim Bild des Dorfbrunnens wären: Wenn der voll ist, läuft er einfach über. Doch bei dem kann man das über einen Überlauf gezielt steuern, wenn es unserer Erde mal zu viel wird, dürfte so ein „Überlauf“ eher schwer herbeizuzaubern sein.
das Interview führte Gregor Soller
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