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Interview mit Friederike Kienitz: Nissan ist 2050 CO2-neutral!

Im Interview erklärt uns Friederike Kienitz, Senior Vice President, Sustainability, Corporate Governance, Legal, External Affairs and Communications, AMIEO Region, wie Nissan bis 2050 CO2-neutral sein will – und gibt dabei auch offen zu, dass das ein nicht ganz unaufwändiger Weg sein wird.

Friederike Kienitz ist bei Nissan Senior Vice President für Nachhaltigkeit, Corporate Governance, Recht, externe Angelegenheiten und Kommunikation und äußert sich im Interview dezidiert zur Nachhaltigkeit bei Nissan. | Foto: Nissan
Friederike Kienitz ist bei Nissan Senior Vice President für Nachhaltigkeit, Corporate Governance, Recht, externe Angelegenheiten und Kommunikation und äußert sich im Interview dezidiert zur Nachhaltigkeit bei Nissan. | Foto: Nissan
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Wir treffen Frederike Kienitz im Holiday Inn in München, wo sie entspannt in einer Loungeecke sitzt. Wir konnten den Termin per Fahrrad wahrnehmen und sie erinnert sich sofort an ihre Zeit in Köln, wo sie ausschließlich mit dem Rad gefahren ist, zumal das Radwegenetz gut ausgebaut ist. Mittlerweile wohnt sie mit ihrer Familie wieder in ihrer Geburtsstadt Düsseldorf, ist weltweit unterwegs und regelmäßig in Paris. Selbst dort ist das Radwegenetz mittlerweile besser ausgebaut, so dass sie durchaus darüber nachdenkt, auch in Paris wieder ein Rad zu positionieren. Denn nichts ist für sie stressiger als Stau, und wenn man seiner Familie nicht sagen kann, wann man heimkommt. In ihrer Zeit in Paris benötigte sie vom Büro nach Hause reine Fahrzeit 35 Minuten, aus denen aber schnell mal eine oder zwei Stunden werden konnten. Wenn dann kleine Kinder zu Hause warten und man immer wieder anrufen muss, stresst das. Es folgte eine Zeit in der Schweiz: „Dort standen vielleicht mal drei Kühe auf der Fahrbahn, das war‘s dann aber auch schon“, erinnert sie sich lachend. Fakt ist aber: Mobilität muss neu und nachhaltiger gedacht werden, und man merkt sofort, dass Frederike Kienitz hier voll in ihrem Element ist.

Wird Nachhaltigkeit bei Autos in Zukunft ein Kaufargument für die Kunden sein? Oder eher ein "Feigenblatt" bleiben?

Kienitz (lächelt): Das ist grundsätzlich schon ein sehr wichtiges Thema, aber alles muss dabei bezahlbar bleiben.

Das Thema hatten wir mit ihrem Kollegen Guillaume Pelletrau, dem Vice President of Electrification and Connected Services…

Kienitz: Ich weiß, gerade jetzt wird das Thema auch relevanter, denn die Technologien, die wir verbauen, werden teurer, gleichzeitig wird aber die Kaufkraft nicht mehr. Die Frage ist jetzt, wie die Vorteile der Technologie für eine breite Kundenschicht zugänglich gemacht werden kann. Diese Frage sitzt übrigens ganz ganz tief drin in der Nissan-DNA.

Wie kann man diesen Konflikt lösen?

Kienitz: Der Akku ist das teuerste Produkt im Auto und es gilt, mit diesem einen zusätzlichen Wert um das Auto herum zu schaffen. Denn die Batterien in den Autos sind ja alles Mini-Powerplants, die für den Lastausgleich im Netz sorgen können. Das macht dann auch für die Kunden ökonomisch Sinn und hat immenses Potenzial, wie wir auch mit unseren Pilotprojekten feststellen können. Aber dazu braucht es neue Partnerschaften, zum Beispiel mit Energieunternehmen.

Gäbe es hier schon zahlen?

Kienitz: Bei unseren Studien betrug der Gewinn in einigen Fällen bis zu 600 Euro – aber das hängt von einer Reihe von Variablen ab, wie z.B. dem geografischen Standort der Testperson, dem Zustand des Stromnetzes an ihrem Wohnort usw.

Vehicle to Grid war auch auf der Smarter E in München ein Riesenthema. Kostet aber auch wieder extra.

Kienitz: Korrekt, trotzdem ist das die Zukunft und die Kundinnen und Kunden werden dafür nicht mehr zahlen, aber es einfach erwarten. Kann man die Zusatzinvestitionen und den Return of Invest heute schon konkret im großen Stil quantifizieren? Leider nein.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Nachfrage nach korrekt bezogenen Rohstoffen, der Nachfrage nach dem Energieverbrauch in der Produktion, dem Anteil an recycelten Materialien und veganen Innenräumen, um die beliebtesten Trends zu nennen?

Kienitz: Das wird meines Erachtens künftig eine zunehmende Rolle spielen. Heute jedoch wird die Kaufentscheidung immer noch in erster Linie durch Produkt-Performance und Design getrieben, auch in der E-Mobilität. Aber: Wir sehen Anzeichen, dass das Interesse am Thema Nachhaltigkeit wächst. Und dass dies die Meinung zur Marke generell prägt. Das müssen wir allerdings glaubwürdig und verlässlich kommunizieren. Ich persönlich glaube fest daran, dass diese Themen wichtiger werden, weshalb daran gearbeitet werden muss. Wenn wir es nicht selbst tun, werden wir über Regularien dazu gezwungen werden.

Der Vorstandsvorsitzende eines deutschen Premiumherstellers sagte einmal voraus, dass geschlossene Rohstoffkreisläufe in der Fahrzeugproduktion eines Tages unausweichlich sein werden, da die Preise für alle Rohstoffe nur eine Richtung kennen: Nach oben. Teilen Sie diese Ansicht?

Kienitz: Absolut! Da gehe ich voll d`accord! Das ist nur Frage der Zeit. Die Frage, wie wir die Transformation schaffen, drängt! Der Wechsel zur E-Mobilität, Rohstoff- und Lieferengpässe, explodierende Energiepreise, die Trends sieht man ja jetzt schon. Und das alles muss dann trotzdem zu bezahlbaren Preisen möglich gemacht werden – weshalb das dafür neue System erstmal aufgebaut werden muss. Das gilt es zu managen. Der Druck, Produkte mit Zero Impact herzustellen, wird noch größer werden, sodass wir gar nicht anders können, als in einen integrierten Loop zu gehen und das nicht nur beim Sourcing der Materialien.

Stoßen sie das mit dem Projekt EV36Zero an?

Kienitz: Es ist ein erster Schritt zur Transformation und unsere Fabrik im englischen Sunderland eine Art Blueprint, wie wir die künftige Produktion unserer Elektroautos global sehen.  Elektroautoproduktion kombiniert mit einer Akkufabrik, versorgt mit erneuerbaren Energien. Wir nennen dies EV36Zero – 360 Grad Blick auf Zero Emission Vehicles. In unserer Fabrik in England gehen wir den ersten Schritt in diese Richtung. Für unser nächstes elektrisches Kompakt-SUV ist eine weitere Akkufabrik mit 7,5 GWh Kapazität geplant. Die Kapazität ist bis auf 35 GWh erweiterbar für potentiell kommende weitere EV-Modelle. Entscheidend ist für uns dabei immer, dass wir unseren CO2-Footprint dabei reduzieren können. Dazu nutzen wir Wind- und Solarenergie sowie weitere erneuerbare Ressourcen und sehen zu, dass wir in der Produktion auf 100 Prozent erneuerbare Energien kommen. Dann haben wir das Thema mit den Second-Life-Akkus als Stromspeicher. Auch hier laufen schon erste Projekte. Aber die 36 steht ja für eine 360-Grad-Rundumsicht, die nicht nur die Produktion umfasst. Was aber noch viel wichtiger ist: Partnerschaften! Mit Planungsbehörden, der Verwaltung, dem City of Sunderland Council. Wir brauchen hier perspektivisch viel mehr lokale Mikrokosmen.

360 Grad ist ein sehr großer Kreis mit allen Themen. Wie wollen Sie die alle gleichzeitig angehen respektive abdecken?

Kienitz: Das klappt natürlich nicht alles auf einmal, sondern wir arbeiten der Reihe nach. Manch große Hebel haben wir selber im Griff, andere weniger. Ein Beispiel: Unsere eigenen Standorte haben wir unter Kontrolle, das reicht vom R&D-Center in der Nähe von London wo es vielleicht nur kleine Anpassungen braucht bis hin zu unseren Fabriken in Indien, wo wir übrigens auch schon auf einem guten Weg sind. Wichtig ist immer der Plan, was priorisiert wird, um den CO2-Footprint schnell senken zu können und bis wann das gemacht werden soll. Dann fragen wir auch das Händlernetz: Wie sehen Eure Pläne aus? Und dann ist da natürlich auch die Nutzung der Mobilität, die wir mit entsprechenden Produkten begleiten. Mit EVs, aber, so lange vom Markt benötigt, eben auch noch elektrifizierten Produkten, wie unseren E-Power-Modellen, um den Umstieg zu erleichtern. Die Frage ist immer: Wie können wir mit unserer Technik zur Reduktion des CO2-Footprint beitragen? Dabei wollen wir immer so viel wie möglich selbst machen und andere motivieren, bevor wir den Carbon-Offset-Markt bemühen. Ganz ohne wird das nicht zu schaffen sein, aber in erster Linie versuchen wir, erneuerbare Energien zu nutzen.

Aber Nissan hat sich genau das bis 2050 vorgenommen, was ohnehin ein realistischer Zeitraum für ein solch großes Projekt ist. Ist das bis dahin wirklich zu schaffen?

Kienitz (lacht): Es ist machbar und es MUSS machbar sein! Und glauben Sie mir – Nissan kommuniziert so etwas nur, wenn es mit 150-prozentiger Sicherheit wirklich erreichbar ist!

Vita:

Friederike Kienitz wurde in Düsseldorf geboren und hat dort und in Frankreich studiert, bevor sie 2002 als Rechtsanwältin bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Köln mit den Schwerpunkten Kartell-, Wettbewerbs- und Handelsrecht tätig wurde. 2005 gründete sie mit zwei Rechtsanwälten die Kanzlei Bracht Gerber Kienitz, die sich auf das Handels- und Wettbewerbsrecht spezialisiert hat. 2008 kam sie zu Nissan, wo sie sich zunächst um Rechtsfragen in Deutschland, Österreich und der Schweiz kümmerte und dann zum Legal Affairs Manager und schließlich zum General Manager aufstieg. 2014 wurde Friederike zum Vice President of Legal, External and Government Affairs ernannt, 2019 kam das Feld Kommunikation hinzu. 2021 wurde sie mit einem erweiterten Aufgabenbereich in die neu geschaffene Position des Senior Vice President für Nachhaltigkeit, Corporate Governance, Recht, externe Angelegenheiten und Kommunikation befördert. Privat liebt sie es, Zeit mit ihrer Familie zu verbringen und sich in der Natur aufzuhalten. Sie fährt gerne Fahrrad, Ski oder Schlittschuh, arbeitet gerne im Garten und liebt Kunst.

das Interview führte Gregor Soller

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