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IAA Mobility 2023 Nachlese 2: Charge like a Benz - warum Mercedes ein eigenes Ladenetz baut

Im Gespräch mit Eva Greiner, CTO und Nico Dettmer, COO bei Mercedes-Benz Mobility Charging Solutions wird klar: Anders als die lavierenden Premium-Rivalen aus München meinen und machen sie ernst mit der E-Mobilität. BEV im Benz wird Standard. Dafür bildet das Ladenetz die Basis. Hier will man "benz-mäßige" Akzente setzen.

Den Standard setzen will Mercedes-Benz künftig auch beim Ladeerlebnis - und steigt ein in den Aufbau eines eigenen Schnellladenetzes, Startpunkt in Mannheim. | Foto: J. Reichel
Den Standard setzen will Mercedes-Benz künftig auch beim Ladeerlebnis - und steigt ein in den Aufbau eines eigenen Schnellladenetzes, Startpunkt in Mannheim. | Foto: J. Reichel
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Johannes Reichel

Die Schwaben machen Ernst in Sachen Elektrifizierung. Sie konterten BMWs "Neue Klasse" nicht nur mit dem überraschenden und nicht minder ambitionierten Concept CLA Class. Sondern zogen den Bayern auf der Messe ladetechnisch die Lederhosen aus. Während sie auf der Messe beim Mercedes-Erzrivalen BMW lavieren und lamentieren, Chef Oliver Zipse hybrid zwischen Hochleistungsverbrenner und Neue Klasse-Vision herumeiert und es gar als "fahrlässig" bezeichnete, bis 2035 aus der Verbrennertechnologie auszusteigen, weil er fürchtet, es könne bis 2035 europaweit keine flächendeckende Infrastruktur für E-Autos geben, heißt es in Stuttgart: Vollstrom statt Verzagtheit. Denn der BEV soll im Benz bald zum Standard werden, der offiziell als "Concept" titulierte CLA Class (750 km, 12 kWh/100 km, 800-Volt-Technik) auf der Messe war nicht weniger als eine Kampfansage an die Münchner, aber auch nach China. "Benz is back in the race", zurück im Rennen um die Technologieführerschaft, auf die man in der Verbrennervergangenheit ein Abo reklamierte. Damit das klappt, das ist den Schwaben klar, braucht es aber nicht nur überzeugende Produkte, sondern eben auch ein überzeugendes "Ökosystem", wie es im Marketingsprech immer so schön heißt. Sprich: Ein noch so toller Mercedes-Stromer nützt nichts, wenn man ihn nicht laden kann.

Eigenes Ladenetz als Verkaufsargument

Und da will der Hersteller jetzt auch eigene Akzente setzen, wohlgemerkt: Neben dem bestehenden Joint-Venture im Ionity-Ladenetz und dem jüngst in einer großen Allianz mit GM, Stellantis, Hyundai und übrigens auch den Lavierern von BMW als Joint Venture gegen Teslas Supercharger angekündigten nordamerikanischen Schnellladenetz. In allem zusammengenommen soll nicht weniger als ein Mercedes-Benz High-Power Charging Network entstehen. Pünktlich vor der IAA Mobility sorgte also die Meldung für Furore: Mercedes-Benz eröffnet im Herbst die ersten eigenen Schnellladeparks und setzt damit die weitreichenden Pläne zum Ausbau der globalen Ladeinfrastruktur um. Ab Oktober gehen die ersten natürlich neumodisch "Charging Hubs" genannten Stationen in Atlanta (USA), Chengdu (China) und Mannheim (Deutschland) in Betrieb. Bis Ende 2024 wollen die Schwaben den weiteren Ausbau des globalen Schnellladenetzes auf über 2.000 Ladepunkte vorantreiben. Und geben als langfristiges Ziel aus, bis zum Ende des Jahrzehnts mehr als 2.000 Charging Hubs mit über 10.000 Ladepunkten zu schaffen.

Skepsis hat mit Zweifeln an Ladeinfrastruktur zu tun

Für Eva Greiner, CTO und Nico Dettmer, COO bei Mercedes-Benz Mobility Charging Solutions, ist jedenfalls klar: Die aktuelle Skepsis gegenüber der Elektromobilität hat viel mit dem Zweifel an einer zuverlässigen Ladeinfrastruktur zu tun. Und diese Zweifel wolle man auch als Mercedes-Benz ausräumen. Wer ein Premium-E-Auto kaufe, der habe auch Anspruch auf eine Premium-Ladeinfrastruktur, das Laden soll tatsächlich "Spaß machen" und ein "Erlebnis" bieten, ja "begehrenswert" sein, wie Greiner tatsächlich versichert. Und wie man sich diese vorzustellen hat, zeigte der Hersteller vor kurzem mit einem ersten Design. Es geht um bessere individuelle Gestaltung und vier Säulen: Location, Optik, Ladeleistung und Service. So will man etwa an attraktiven Händlerstandorten anknüpfen und darauf aufbauen, wenngleich es bei dem Bedard an Hochvoltstrom im Zweifel auch bei großen Händlern einen Netzausbau braucht, wie CTO Dettmer erklärt. Man verfüge nichtsdestotrotz schon heute über 7.000 Ladepunkte bei der Händlerschaft.

 

Ladeerlebnis: Location und Leistung

Formal bieten die Ladestationen bieten – abhängig von der Region – Ladeleistungen von aktuell bis zu 400 kW, bereitgestellt über die jeweils gängigen Ladesysteme CCS1, CCS2, NACS und GB/T. Dank eines intelligenten Lademanagements kann jedes Fahrzeug mit seiner maximalen Kapazität geladen werden. Dadurch reduziert sich die Ladezeit für Kundinnen und Kunden auf ein absolutes Minimum, wie auch Greiner betont. Bei der Standortauswahl der Charging Hubs lege man Wert auf ein angenehmes und sicheres Kundenerlebnis. Die Ladeparks befinden sich an Hauptverkehrsknoten oder eigenen  Niederlassungen und bieten in naher Umgebung weitere Annehmlichkeiten wie Aufenthaltsmöglichkeiten, Restaurants und Sanitärräume. Um die Sicherheit zu gewährleisten, ist vorgesehen, die Ladeparks mit Überwachungskameras auszustatten. An ausgewählten Standorten geben intelligente Lichtmasten, neben angemessener Beleuchtung, durch funktionale LED-Elemente Informationen zu Verfügbarkeit des Ladepunkts sowie Ladestatus des Fahrzeugs und Überdachungen sorgen zusätzlich für Witterungsschutz.

Offen für alle, besser für Benzer

Das Ladenetzwerk stehe zwar allen Fahrerinnen und Fahrern von allen Fahrzeugmarken offen, so Greiner. Man wolle aber Mercedes-Benz Kundinnen und Kunden besondere Vorteile bieten, zum Beispiel die Reservierungsfunktion per App oder auch Preisvorteile, vielleicht auch kostenlosen Ladestrom zum Einstieg. Klar, dass nach dem Tesla-Vorbild auch Plug & Charge-Service bieten muss. Mithilfe des weiter optimierten Navigationssystems sollen die Ladestationen direkt in die Routenplanung integriert werden können, ein nahtloses elektrisches Reisen ist das Ziel. Auch hier natürlich: Vorbild Tesla. 

Besser als Tesla will man in Sachen Grünstrom sein, denn sonst ergebe die E-Mobilität wenig Sinn, wie Eva Greiner meint: Dies geschieht vorzugsweise durch Ökostrom-Lieferverträge, wo immer dies möglich ist, oder durch die Verwendung von Zertifikaten für erneuerbare Energien von einem beglaubigten Anbieter. Ausgewählte Ladeparks werden zudem mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet sein, kündigt Greiner an.

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