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IAA 2017: Dekarbonisierung oder wer baut das Auto der Zukunft?

In seltener Eintracht versuchen VDA und IG Metall bei einem Symposium die Leitplanken für die deutsche Autoindustrie in den nächsten Jahrzehnte aufzuzeigen - und der Politik wie sich selbst einen Weg aus dem aktuellen Dilemma zu weisen.

Einträchtige Runde: Beim Thema Wertschöpfung sind sich Bosse und Betriebsräte einig wie selten. V.l.n.r.: Audi-Chef Rupert Stadler, ZF-Gesamtbetriebsrat Achim Dietrich-Stephan, Mahle-CEO Wolf-Henning Scheider, Daimler-Konzernbetriebsratschef Michael Brecht. | Foto: VDA
Einträchtige Runde: Beim Thema Wertschöpfung sind sich Bosse und Betriebsräte einig wie selten. V.l.n.r.: Audi-Chef Rupert Stadler, ZF-Gesamtbetriebsrat Achim Dietrich-Stephan, Mahle-CEO Wolf-Henning Scheider, Daimler-Konzernbetriebsratschef Michael Brecht. | Foto: VDA
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Johannes Reichel

Die IG Metall und der Verband der Automobilindustrie (VDA) haben bei einem Symposium mit dem programmatischen Titel: Dekarbonisierung, Elektrifizierung, Verbrennunsmotor. Wer baut die Autos der Zukunft?" Anforderungen an die europäische und nationale Klimaschutzpolitik der kommenden Jahre formuliert. Um Beschäftigung in der Automobilindustrie zu sichern, sei eine Politik notwendig, die anspruchsvolle, aber zugleich realistische Ziele setze. Technologieneutralität und die Koexistenz von Verbrennungsmotor und alternativen Antrieben seien dabei wichtige Prinzipien, heißt es von Seiten des Automobilverbandes.

Ziel müsse es aus Sicht von VDA und IG Metall sein, automobile Wertschöpfung in ganz Europa zu sichern und zu stärken. „Die IAA 2017 ist für uns die Plattform für den Einstieg in eine intensive öffentliche Diskussion über die Ausgestaltung der Klimaschutzpolitik in der Europäischen Union. Das ist von höchster Dringlichkeit, da die erwartete CO2-Regulierung die Weichen für die Zukunft der Automobilindustrie und ihrer Beschäftigten stellt“, mahnte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall.

Auch beim nationalen Klimaschutzplan der Bundesregierung sei eine Balance zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialer Ausgewogenheit herzustellen. Matthias Wissmann, VDA-Präsident, sagte: „Die kommende Regulierung muss sowohl anspruchsvoll, zugleich aber auch machbar sein: Brüssel und Berlin setzen damit die entscheidenden Rahmenbedingungen für Technologien, Investitionen und vor allem für Standorte und Arbeitsplätze in der europäischen Automobilindustrie bis 2030.“

95-Gramm-Ziel: Verband sieht große Herausforderung

Um das europäische Ziel von 95-Gramm im Jahr 2020 zu erreichen, bedürfe es "enormer Kraftanstrengungen" seitens der Industrie, befand der VDA. Alternativen Antrieben käme eine immer größere Rolle für die CO2-Minderung zu – darin seien sich IG Metall und VDA einig. Der IG Metall-Vorsitzende Hofmann befand: „Nicht nur die Autoindustrie ist gefordert. Auch die Politik steht in der Verantwortung: Ohne die notwendige Infrastruktur mit Ladesäulen, nachhaltiger Stromerzeugung, Speicherung und Verteilung kann der Hochlauf nicht gelingen“.

VDA-Chef Wissmann sprach sich in dem Kontext gegen feste Quoten aus. Er sieht nur im Zusammenspiel von Industrie und Politik die Chance, einen relevanten Elektrofahrzeuganteil von 15 bis 25 Prozent in Europa bis 2025 zu erreichen. Nur wenn die Kunden deutlich mehr Elektroautos und andere alternative Antriebsformen kauften, seien anspruchsvolle CO2-Ziele in Europa zu erreichen, ist der Cheflobbyist überzeugt.

Elektromobilität bringt Änderungen in der Autoproduktion

Einig war man sich auf dem Symposium auch darüber, dass die Elektromobilität die Automobilproduktion erheblich verändern wird. Der VDA verwies einmal mehr auf eine Studie des industrienahen ifo-Instituts, das in Deutschland rund 600.000 heutige Industriearbeitsplätze direkt oder indirekt am Verbrennungsmotor hängen sieht. Ein Verbot von Verbrennern sei ein Irrweg, befand Wissman.

Besser wähle man eine "technologieoffene Regulierung", die den Unternehmen überlasse, wie sie die Emissionsziele erreichen wollen.. "So könnte viel eher gewährleistet werden, dass die Transformation der Branche hin zu alternativen Antrieben nicht zu Lasten der Beschäftigung in Deutschland geht“, urteilte Wissmann. Selbstredend ist dieser Punkt auch für die IG Metall essentiell. „Wertschöpfungsketten müssen erhalten bleiben. Dafür brauchen wir Entscheidungen zur Industrialisierung von Produkten, etwa der Batteriezelle und zu Investitionen in die Standorte“, forderte Jörg Hofmann.

Rettung für den Verbrenner: VDA bringt Synfuels ins Spiel

Neben der Entwicklung der Elektromobilität wird auch der Verbrennungsmotor weiter verbessert, versprach der VDA. Aus Verbandssicht werden konventionelle Motoren "noch auf Jahrzehnte im Mix der Antriebsarten eine wesentliche Rolle spielen". Wie zuvor auf der Messe schon Bosch-Chef Volkmar Denner brachte Wissmann Synfuels als Option ins Spiel: „Wenn es gelänge, synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien zum Durchbruch zu verhelfen, könnten Autos mit Verbrennungsmotor auch CO2-neutral werden“, visionierte der Präsident.

IG Metall-Chef Hofmann verwies daraus, dass "nur bei einer Verkehrs- und Energiewende aus einem Guss" der Übergang zu alternativen Antrieben und die Transformation der Industrie umgesetzt werden könne. Erforderlich sei eine bessere Abstimmung von Instrumenten und deren jeweilige regionale Umsetzung – man brauche schlicht neue Formen der Politikkoordination. "Auch dafür muss die kommende Bundesregierung belastbare Vorschläge machen“, mahnte der Gewerkschafter zum Handeln.

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