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Honda e: Knackiger Neustart ins E-Zeitalter

Mit dem Honda e knüpft die Marke wieder an alte Traditionen an und poliert Image endlich wieder Richtung Premium und Sport auf.

Charaktergesicht: Die runden Scheinwerfer zitieren den Honda Civic von 1972. | Foto: G. Soller
Charaktergesicht: Die runden Scheinwerfer zitieren den Honda Civic von 1972. | Foto: G. Soller
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Gregor Soller

Honda war einst die sportliche Marke unter den japanischen Importeuren, dezent Richtung Premium orientiert: Formel 1, NSX, Hochdrehzahlmotoren – doch davon blieb zuletzt bis auf den NSX nicht mehr viel übrig: In Europa zog man sich zuletzt vor allem auf Massenware wie Kompakte und SUV zurück - Jazz, Civic, HR-V und CR-V und das war es dann auch schon. Weder in Sachen Sport, noch Sachen Qualität, Design oder Emotion hob sich Honda noch groß von den übrigen asiatischen Marken ab.

Umso erfrischender ist jetzt der neue Elektrozwerg Honda e, mit dem die Marke wieder zu ihren kecken Wurzeln zurückkehrt. Schon optisch macht der Kompakte im 70er-Jahre LED-Kulleraugen-Retro-Design was her. Verstärkt wird die Optik durch den Verzicht auf Außenspiegel und den reduzierten Innenraum mit riesiger dreiteiliger Screen, auf dem man auch PC-Games zocken kann. Die einzelnen je 12,3 Zoll großen Anzeigen können je nach Geschmack des Fahrers programmiert, zum Beifahrer hin getauscht werden und zeigen in der ernsthaftesten Einstellung Tacho, Navi, Entertainment und Infos über den Stromfluss. Man kann aber auch eine schicke Uhr oder ein Aquarium hineinprogrammieren, in dem man per Klick sogar die Fische füttern kann.

Darunter gibt es noch vier klassische Knöpfe und ein Drehschalter: Die Klimatisierung erfolgt hier noch ganz analog und lässt sich blind einstellen! Danke dafür! Die „Rückspiegelscreens“ überzeugen hier mit ergonomisch richtiger Platzierung und hoher Auflösung. Außerdem sollen sie gegenüber herkömmlichen Außenspiegeln den Luftwiderstand senken und den toten Winkel in der „Weitwinkeleinstellung“ um 50 Prozent verkleinern. Weiterer Vorteil: Der Fahrer muss den Kopf nicht soweit drehen wie gewohnt. Auch der Beifahrer sieht in beiden Screens gestochen scharf nach hinten. Auch der Innenspiegel ist ein kleiner Screen, dem die Heckkamera ein extrem breites Bild hinter dem Auto einspielt. Optional kann man ihn per bekannten Abblendschalter auch auf „normal“ stellen. Während der Fahrt wird er allerdings gut warm.

Warm ist auch das Interior: Honda wollte hier „Loungecharakter“ schaffen und das ist gelungen. Angenehme Stoffe, mit denen auch die Türen üppig tapeziert wurden – auch im Fond und ein spannend gemasertes Kunstholz sorgen tatsächlich dafür, dass man sich wohlfühlt. Und wenn man sich ein bisschen arrangiert, passen auch vier 1,8-Meter-Personen gut in den „e“. Etwas knapp fällt der Kofferraum mit 171 bis 861 Liter Volumen aus. Wirklich schade ist dabei, dass man die Rückbank nur als Ganzes umlegen kann. Eine Teilung hätte ihr den Sofacharakter genommen und sie schwerer gemacht. Schade auch, dass man die Füße bei nach unten gestellten Vordersitzen nicht ganz unter diese schieben kann. Trotzdem sitzt es sich auch im Fond angenehm.

Fahren wie im Kart

Doch fahren wir los. Die eher knappe Akkukapazität mit 35,5 kWh ergab sich aus den Außenabmessungen und Gewichtsvorgaben: Viel schwerer als 1,5 Tonnen sollte der „e“ nicht werden. Das reicht für rund 200 Kilometer Reichweite und spart andererseits Gewicht und Ladezeit. Nach WLTP gibt Honda für die 16-Zoll-bereiften Modelle 222 Kilometer Reichweite an, für die Advanced-Version mit 17-Zöllern bleiben davon 210 Kilometer übrig. Die rund 1500 Kilogramm sind trotzdem schon üppig für einen 3,89-Meter-Kompakten, doch der Heckantrieb und die 50:50-Gewichtsverteilung kaschieren hier Einiges! Dazu kommen 315 Newtonmeter Kraft und 100 respektive 114 kW (136 respektive 154 PS) Leistung, die den Zwerg von hinten ganz massiv anschieben, während die Vorderräder nur lenken müssen. Notfalls geht es in gut acht Sekunden auf 100 km/h. Kurven nimmt der kleine Honda entsprechend flott und mit richtig griffigen Reifen lässt er sich extrem schnell um engste Ecken werfen. Damit fährt der Honda im Segment der kompakten Stromer ganz nach vorn: Dem Smart fehlt der Punch und der Mini fühlt sich schon eine halbe Klasse größer und entsprechend träger an. Womit Honda wieder zu seinen Ursprüngen zurückkehrt: Wilde Kompakte zu bauen, die trotz kleiner Außenmaße großen Spaß machen. Und weil das Gewicht so ausgeglichen ist, bremst der Zwerg auch gut, was allerdings durch die Wahl der Reifen stark mitbeeinflusst wird.

Mini-Wendekreis auf Smart Forfour-Niveau

Und weil der Honda Heckantrieb hat, können die Vorderräder ohne Antriebswellen ganz stark eingeschlagen werden. Den Wendekreisdurchmesser am Rad gibt Honda mit 8,6 Metern an, mit Überhängen werden daraus gut neun. Das ist in der Praxis extrem wenig und man kommt sich fast vor wie im Autoscooter, was das Wuseln in der Stadt und das Einparken extrem erleichtert. Auch wenn man sich in den vielen Kreiseln um Valencia herum wieder mal verfahren hat – dreht man auch auf engen Straßen einfach um, sehr oft in einem Zug! Praktisch ist auch die per Knopfdruck aktivierbare "Single Pedal Control". Damit lässt sich der Honda e nur über das „Fahrpedal“ beschleunigen (sowieso) aber auch massiv verlangsamen, wobei er auch gut rekuperiert. Das wiederum kann man in drei Stufen einstellen und das tut der Reichweite gut. Außerdem kann man die Paddels auch als „Motorbremse“ nutzen, die ebenfalls dreistufig ist, aber immer wieder in die „schwächste Ausgangsposition“ zurückspringt.

Auf unseren ersten Fahrten um Valencia brauchten wir zwischen 18 und gut 20 kWh/100 km, was exakt die ersten Honda-Angaben bestätigt. Das ist nicht ultrasparsam, aber reell. Auch Mini Cooper SE und Smart Forfour bewegen sich in diesem Fenster, auch wenn BMW und Daimler nach WLTP weniger Verbrauch angeben. Für größere Ausflüge kann das etwas knapp werden, ist aber immer noch besser als die 100 Kilometer plus/minus x des ähnlich wendigen aber deutlich günstigeren Smart Forfour.

Vorteile bietet der kleine Akku natürlich bei den Ladezeiten: Dank CCS-Dose für die Gleichstromsäulen an der Autobahn kann der Honda mit bis zu 50 kW laden, was eine halbe Stunde Ladezeit bedeutet, bis der Akku wieder 80 Prozent Ladestand hat. Mit AC-Wechselstrom kann leider nur einphasig bis zu 7,4 kW aufnehmen. Die Zellen steuert Panasonic bei.

Für Europa plant Honda 2020 insgesamt 10.000 Einheiten, dafür 2000 für Deutschland, die laut Pressesprecher Peter Hofmann auch schon CO2-seitig „bilanziert“ sind. Einer der Hauptnachteile des Honda ist neben dem eher knappen Platzangebot im Fond und dem kleinen Kofferraum der Preis: Der startet bei eher üppigen 33.850 Euro brutto, der „Advance“ kostet nochmal 3.000 Euro mehr. Das sind rund 28.450 respektive 30.970 Euro netto, allerdings vor Abzug der Förderung. Damit steigt er teurer ein als der elektrische Mini Cooper SE, der 184 PS, aber nur 270 Nm Drehmoment bietet – aber mit seinem 32,6-kW-Akku dank geringerem Verbrauch bis zu 270 Kilometer weit kommen soll. Im Vergleich der beiden ist allerdings der Honda e der neue wahre Mini und wird dem sportlichen Image der Marke endlich wieder gerecht!

Was bedeutet das?

Der Honda e punktet mit punktgenauem Package, extremer Wendigkeit und viel Fahrspaß. Leider ist er nicht sonderlich sparsam und günstig – knapp 34.000 Euro Basispreis sind eine starke Ansage – andererseits darf der Honda e in der Summe seiner Eigenschaften derzeit als neuer Maßstab im Segment der Kompaktstromer gesehen werden.

 

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