Greenpeace-Analyse: Öl-Embargo wäre wirksam und verkraftbar
Ein Ölembargo gegen Russland wäre für Deutschland machbar und auch verkraftbar - das hat eine neue Studie des Ölwirtschaftsexperten Steffen Bukold im Auftrag der Umwelt-NGO Greenpeace ergeben. Der Leiter des Forschungsbüros Energycomment hält in einem Papier die Folgen für die Bundesrepublik wie für den Weltmarkt für überschaubar, für Russland dagegen schmerzhaft. Dagegen könnten ohne ein schnelles Embargo der EU, das bislang vor allem Deutschland, Österreich und Ungarn blockieren, die deutschen Öl-Zahlungen an Russland in diesem Jahr mit bis zu 14 Milliarden Euro auf den höchsten Wert seit 2014 steigen.
"Ein Öl-Embargo wäre wirksam. Es würde den russischen Etat treffen", konstatiert der Energieexperte.
Zuletzt seien 45 Prozent des von Russland exportierten Öls in die EU geflossen, der russische Staat schöpf einen Großteil der Gewinne als Steuern ab, skizziert Bukold laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung. Bukold glaubt zwar, dass die Kriegsmaschinerie nicht unmittelbar gestoppt werden könne.
"Aber die finanziellen Spielräume Moskaus werden dadurch mittelfristig stark eingeschränkt", glaubt Bukold.
Er rechnet nicht damit, dass Putins Reich in Asien Abnehmer für die entsprechenden Mengen finden würde. China müsste Order aus dem Persischen Golf abbestellen und würde sich in eine "kritische Abhängigkeit von Russland begeben". Dass Russland schon heute Schwierigkeiten mit dem Absatz hat, leitet Bukold aus den Preisen ab, die für russisches Öl deutlich günstiger liegen als für die Nordsee-Sorte, seit Unternehmen das russische Öl meiden. Die Förderung ging laut Analysten in den ersten Aprilwochen in Russland um acht Prozent gegenüber März zurück.
„Mit einem sofortigen Öl-Embargo können die Bundesregierung und Kanzler Scholz die Ukraine erheblich unterstützen“, meint Greenpeace-Sprecherin Marion Tiemann.
Die Raffinerien kämen klar
Auch für die deutschen Raffinerien hält der Energieexperte die Folgen für überschaubar. Die Herausforderung bestehe mehr in der Logistik als im Ersatz der Mengen. Statt durch die russische Pipelinie nach Schwedt und Leuna könnte mehr Tanker-Öl über Rostock und Danzig sowie über bestehende Pipelines anlanden. Damit seien 60 Prozent ersetzt, der Rest ließe sich mit fünf Tankzügen pro Tag schließen, so Bukolds Analyse. Zur Not stünden noch die staatlichen Ölreserven bereit. Warnungen etwa der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock oder der US-Finanzministerin Janet Yellen, dass ein sofortiges Embargo die Preise weltweit treiben könnte, hält Bukold entgegen, dass der Ölmarkt im Moment "unerwartet entspannt". Gründe hierfür liegen etwa im reduzierten Flugverkehr durch den Lockdown in China und die Auswirkungen gestörter Lieferketten für die europäische Wirtschaft. In Bukolds Prognose bliebe der Preisanstieg überschaubar, wenn der Ölmarkt gut beaufsichtigt werde.
"Sind Ölsanktionen erst einmal beschlossen, wissen die Marktteilnehmer, woran sie sind und die Anpassung der weltweiten Lieferströme kann erfolgen", bilanziert das Papier.
Energiesparen wäre der erste Schritt: FDP mauert gegen Tempolimit
Noch wichtiger sei es laut Greenpeace allerdings, den Ölverbrauch zu senken. Die NGO hatte Anfang April vorgerechnet, dass mit einem Tempolimit von 100 auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen in den 43 Tagen nach Kriegsbeginn laut Berechnungen 170 Millionen Euro weniger für Energieimporte an den Aggressor Russland gezahlt worden wären. Vor allem Politiker*innen der FDP sprechen sich bislang und fortgesetzt gegen ein Tempolimit aus.
„Deutschlands Geldfluss an den Kreml würde um Millionen gesenkt, ein Öl-Embargo noch leichter, wenn die FDP ihren ideologischen Widerstand gegen ein Tempolimit aufgibt. Zumindest für die Zeit dieses schrecklichen Kriegs das Tempo generell zu drosseln, ist ein einfacher Schritt, die Abhängigkeit von Ölimporten zu senken. Nach den entsetzlichen Bildern aus Butscha sind Schritte wie ein Tempolimit ein für alle zumutbarer Akt der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine“, appelliert Greenpeace Verkehrsexperte Benjamin Stephan.
Um zu verhindern, dass täglich weiter Öl-Millionen in Putins Kriegskasse fließen, fordert die NGO einen sofortigen Stopp für russische Öl-Importe. Um diesen besser umsetzen zu können, hat Greenpeace kürzlich zehn Sofortmaßnahmen vorgeschlagen mit denen sich der gesamte Ölverbrauch in Deutschland sofort um 10 bis 12 Prozent verringern ließe. Dazu gehörten neben einem Tempolimit auch autofreie Sonntage, verlängerte Home-Office-Regelungen und ein Stopp von Inlandsflügen. Mit Kriegsbeginn eingeführt, hätten diese Maßnahmen bereits Anfang April die Zahlungen für russische Öl-importe bisher um gut 830 Millionen Euro senken können. Eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf maximal 100 Stundenkilometern auf Autobahnen spart bereits im ersten Jahr zwei Millionen Tonnen Diesel und Benzin. Das entspreche rund vier Prozent des deutschen Gesamtkraftstoffverbrauchs. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Tagesspiegel hält eine Mehrheit der Befragten (53 Prozent) ein Tempolimit für ein gutes Mittel, um weniger abhängig von russischen Öl- und Energielieferungen zu werden.
"Wir sind enttäuscht, dass die FDP das Tempolimit weiter blockiert und die Grünen nicht stärker dafür kämpfen", erklärte Greenpeace-Verkehrswende-Expertin Marion Tiemann gegenüber der SZ.
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