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GP JOULE zum Pioneer Park: "Man braucht exakte regulatorische Vorgaben, um zu skalieren"

Der E-Mobility-Projektierer nahm jüngst die fünfte Mobilitätsstation in Betrieb, im Pioneer Park Hanau: Laden, Sharing & Charging von E-Autos und E-Bikes erfolgt hier nach einem skalierbaren Konzept, für das man zugleich den Betrieb inklusive multimodaler Buchungs-App und Service übernimmt. Zu den planerischen Herausforderungen sprach VM mit Wolfgang Rechner, Projektleiter und mit Hans Thies, Abteilungsleiter Geschäftsfeldentwicklung über die Strategie dahinter.

Aller Arten: GP Joule hat ein prototypisches Konzept für eine Mobilitätsstation entwickelt, die fünfte wurde in Hanau eingeweiht. | Foto: GP JOULE
Aller Arten: GP Joule hat ein prototypisches Konzept für eine Mobilitätsstation entwickelt, die fünfte wurde in Hanau eingeweiht. | Foto: GP JOULE
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Johannes Reichel

VM: In Hanau entstand schon der fünfte Mobility Hub von GP JOULE. Wie groß sind die Synergien oder ist jedes Projekt individuell zu betrachten und entsprechend zu planen?

GP JOULE: Aus Sicht der Planung und des Projektmanagements ist jede Mobilitätsstation ein sehr komplexes Einzelprojekt mit mehreren Planungs- und Umsetzungsschritten, die neben der Schnellladeinfrastruktur auch Sharing, die Normalladeinfrastruktur, die Fahrzeuge, den Netzanschluss und die Software- und Kommunikationstechnik beinhalten. Die Mobilitätsstationen sind über ein übergeordnetes Lademanagement miteinander verbunden, sodass die vom Netzbetreiber vorgegebene maximale Anschlussleistung auch spannungsebenenübergreifend (Niederspannung und Mittelspannung) nicht überschritten wird. Dahinter steht die Absicht, den Pioneer Park Hanau als Ganzes und technisch übergreifend mit einem zukunftsfähigen Mobilitätskonzept auszustatten. Für diese ganzheitliche Optimierungen sind im Zuge des Projekts umfangreiche Softwareentwicklungen und -tests bei CONNECT durchgeführt worden.

VM: Wie lange dauert es von der ersten Planung bis zur Finalisierung und wo liegen die größten „bürokratischen“ Hemmnisse? Was würden Sie sich von der Politik dabei wünschen, wo hakt es?

GP JOULE: In die Konzeptplanung sind wir Anfang 2019 eingestiegen. Dabei stand zunächst das Gesamtkonzept für den Pioneer Park Hanau im Vordergrund stand, also die Festlegung, welche Zwecke die Mobilitätsstationen erfüllen sollen, wie das übergeordnete Lademanagement ausgelegt sein soll und wie eine Quartiersapp aufgebaut werden kann.  Nach der Detailplanung der Mobilitätsstationen konnten diese gemeinsam mit App und übergeordnetem Lademanagement bis Ende 10/2022 installiert werden. Wir hatten im Zuge dieses Projekts das Glück, dass es aus Mitteln des Förderprogramms Elektromobilität in Hessen gefördert wird.

Grundsätzlich brauchen solche umfassenden Mobilitätskonzepte sehr exakte regulatorische Vorgaben, damit deutschlandweit einheitliche Kommunikationsstandards für die Verbindung von Energiewirtschaft und Mobilität der Zukunft ermöglicht werden. Erst dadurch können gleichartige Projekte schnell und umfassend ausgerollt werden.

VM: Wie war die Zusammenarbeit mit der Kommune in Hanau?

GP JOULE: Die Zusammenarbeit mit der Kommune war durchweg positiv und zielgerichtet. So konnten wir auch mit dem Netzbetreiber „Hanau Netz GmbH“ sehr ausführlich in die Diskussion zu Realisierung des übergeordnetes Lademanagements gehen und viele Synergiepotentiale feststellen. Insbesondere stehen der Hanau Netz GmbH Ladedaten zur Verfügung, sodass die Belastung des Netzes analysiert werden kann.

VM: Neben den AC-Ladern wurden auch DC-Lader installiert. Wie ist hier die Begründung und um wie viel höher sind die Kosten in etwa?

GP JOULE: Auf der Mobilitätsstation 02 wurden 4 DC-Ladestationen (Alpitronic HYC300) mit je zwei Ladepunkten installiert. Die Mobilitätsstation 02 liegt exponiert im Entree des Quartiers und ist schnell von überörtlichem Verkehr erreichbar. Die DC-Lader wurden bewusst hier platziert, denn es ist anzunehmen, dass sie auch von Verkehrsteilnehmern frequentiert werden, die nicht vor Ort wohnen. Durch die Positionierung am Eingang wird der motorisierte Individualverkehr im Quartier reduziert.

Wie sieht das Betreibermodell genau aus und welche Aufgaben übernimmt GP Joule dabei?

GP JOULE: Das Unternehmen pachtet in einem exklusiven Vertrag die notwendigen Flächen von der Grundstückseigentümerin, der LEG Hessen-Hanau. Als Betreiber übernimmt die GP JOULE Connect GmbH sowohl den Betrieb und die Wartung der Ladeinfrastruktur als auch die Bereitstellung, den Betrieb und die Wartung der Sharing-Flotte, also der E-Autos, E-Bikes und E-Cargobikes. Die Vermarktung und Kundenbetreuung wird ebenfalls von GP JOULE Connect übernommen.

VM: Wie sieht es mit den Ladekosten für die Bewohner aus? Gibt es hier „vergünstigte Tarife“? Und wie wird der Strom für E-Bikes abgerechnet?

GP JOULE: Das Sharing-Angebot steht in erster Linie den Bewohnerinnen und Bewohnern des Pioneer Parks zur Verfügung. Es ist allerdings auch öffentlich zugänglich, und damit grundsätzlich von jedem nutzbar, der sich über die App registriert. Die Bewohner*innen des Quartiers profitieren insbesondere von der von uns entwickelten Quartiersapp, die das Laden von Elektrofahrzeugen und das Ausleihen von Elektroautos, E-Bikes und E-Cargobikes in einer zusammenhängenden Plattform ermöglicht. Sie ist über pioneermobil.de abrufbar und ist für die Nutzung in Hanau optimiert.

Die App ist ebenfalls an die Rhein-Main-Verkehrsverbunds angebunden und verbindet so auf sinnvolle Weise Elektromobilität und Sharing mit dem ÖPNV.

VM: Wird die Anschaffung und der Betrieb der Sharing-Fahrzeuge und Sharing-Bikes auch von GP Joule übernommen und war es problematisch, hier überhaupt an Fahrzeuge/Räder zu kommen? Nach welchen Kriterien wurden diese ausgesucht und gibt es eine festes Verhältnis Pkw/Fahrrad/Cargobikes?

GP JOULE: Wir sind verantwortlich für das gesamte Sharing-Angebot, stellen also alle Fahrzeugarten zur Verfügung. Dabei haben wir mit den üblichen Herausforderungen des Marktangebotes zu tun. Dank langjähriger Beziehungen zu unseren Lieferanten sind die Lieferzeiten glücklicherweise vergleichsweise kurz ausgefallen. Die Anzahl der Autos, Bikes und Cargobikes folgt der optimalen Auslegung aus der Konzeptphase und orientiert sich an dem zu erwartenden Mobilitätsverhalten im Pioneer Park Hanau, auch abhängig von der steigenden Nachfrage mit zunehmender Auslastung des Wohngebietes.

VM: Welche Rolle spielt die App in dem Konzept?

GP JOULE: Die App „Pioneer Mobil“ ist die Mobilitätsapp für das Quartier und wurde individuell dafür entwickelt. Sie ermöglicht die Nutzung des Charging- und Sharing-Angebots im Pionierpark. Zusätzlich haben die Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf das gesamte öffentliche CONNECT Ladenetz. Auch das Angebot des Rhein-Main-Verkehrsverbunds haben wir eingebunden, sodass Verbindungs- und Fahrplaninformationen bequem über die App abgerufen werden können. Durch diese multimodale App schaffen wir ein nahtloses Mobilitätsangebot für den Pioneer Park Hanau.

VM: Gibt es eine netzseitige Limitierung, etwa auch, wenn kein Neubau, sondern ein Bestandsbau mit E-Ladeinfrastruktur ausgestattet wird?

GP JOULE: Bei Bestandsgebäuden ist in der Tat ein Abgleich der möglichen ein- und perspektivisch ausgehenden Energieströme im Vorwege notwendig. Im Pioneer Park Hanau wurde die für die Ladeinfrastruktur notwendige Leistung von uns bilanziert und dann durch den Netzbetreiber, die Hanau Netz GmbH, auch ausreichend groß dimensioniert zur Verfügung gestellt.

Die Besonderheit im Quartier liegt darin, dass wir die Ladeinfrastruktur der verschiedenen Mobility-Hubs in ein Lastmanagement eingebunden haben.

Dieses ist dabei in zwei Ebenen unterteilt: Die erste Ebene regelt die Leistungsverteilung auf die Ladepunkte innerhalb einer Mobilitätsstation. Ebene 2 regelt die Leistungsverteilung zwischen den einzelnen Mobilitätsstationen und sorgt so dafür, dass die Vorgabe des Netzbetreibers eingehalten wird, auch bei maximalen oder ungleich verteilten Ladelasten.

VM: Wie wird das Konzept an den bisherigen Standorten und in Hanau angenommen? Lässt sich bereits eine Reduktion an eigenen Fahrzeugen nachweisen?

GP JOULE: Das Konzept im Pioneer Park Hanau wird gut angenommen. Durch unser Angebot und schon rein visuell durch die Mobilitätsstationen werden die Themen E-Mobilität und Sharing für die Quartiersbewohnerinnen und -bewohner greifbar. Momentan sind rund 60% der geplanten Gesamtbebauung des Pioneer Parks realisiert. Somit ist es derzeit noch nicht möglich, verlässliche Aussagen über die Reduktion privater PKW zu treffen.

Wir gehen jedoch davon aus, dass die Sharingangebote und die Mobilitätsstation selbst insbesondere auf die Zweitwagenquote wirken werden, sodass der Individualverkehr im Pioneer Park Hanau im Vergleich zu ähnlichen Quartieren signifikant reduziert sein wird.

VM: Was wollen Sie noch unbedingt zu dem Konzept/Projekt ergänzen?

GP JOULE: Als „Leuchtturmprojekt“ hat das Mobilitätskonzept für den Pioneer Park Hanau Strahlwirkung über die Landesgrenzen Hessens hinaus und dient als Know-how- und Entwicklungssprungbrett für die Quartierslandschaft in Deutschland. Das Projekt soll beim Hessischen Mobilitätskongress in Marburg, am 27.09.2023, vorgestellt werden.

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