Berlin Tempelhof gehört zu den engen und eher „langsamen“, da kurvigen Kursen: Von den möglichen 320 km/h Topspeed können die Piloten hier bis maximal 230 km/h gehen, dann muss schon wieder gebremst werden. Der Tempelhofer Ring sorgt auch mit seinem harten Belag und den breiten Kurven für tendenziell taktisch angelegte Rennen mit vielen Überholmanövern – diesmal waren es 172 insgesamt - also 362 am gesamten. Was auch das Ergebnis wiederspiegelt: Denn Cassidy startete als Achter gab dann aber das Tempo vor und meisterte den Drahtseilakt der Formel E zwischen ultimativem Tempo, Renntechnik und Energie.
Abt Cupra ging aus der ersten Startreihe ins Rennen!
Die Pole holte aber erstmals Abt Cupra, wo man auf den Mahindra-Antriebsstrang zurückgreift: Robin Frijns und Nico Müller haben dann am Ende die ersten Punkte dieser Saison geholt. Im Zeittraining gelang eine kleine Sensation, als Frijns und Müller die erste Startreihe belegten! Im Rennen erzielte Müller mit Rang neun dann das erste Top-Ten-Resultat dieses Jahr. „Wir haben dieses Wochenende einen großen Schritt nach vorne gemacht. Der Erfolg im Qualifying und das saubere Rennen in die Top Ten am Sonntag sind eine schöne Belohnung und zusätzliche Motivation für die ganze Mannschaft nach monatelanger harter Arbeit“, sagt Teamchef Thomas Biermaier und schiebt nach:
„Natürlich haben uns im Zeittraining die nassen Bedingungen in die Karten gespielt und dieses überraschende Ergebnis ermöglicht. Im Rennen haben wir allerdings gemerkt, dass wir bei normalen Bedingungen noch nicht die nötige Pace haben. Wir nehmen dennoch einige positive Aspekte für die nächsten Rennen mit aus Berlin.“
Unterschiedliche Taktiken: Die einen planen von vorn nach hinten, die anderen von hinten nach vorn
Und während die schwächeren Teams wie Abt oder Nio versuchen, von vorn zu starten, um dann bis zum Ende in den Punkten mitzufahren, stellen sich DS, Jaguar und Porsche samt ihrer Kundenteams eher umgekehrt auf: Man versucht, nicht von zu weit hinten zu starten, „windschattet“ sich aber dann durch das Feld nach vorn, um Energie zu sparen. Im Gegensatz zum Samstag, wo Envision sich ganz am Ende noch von Jaguar und Maserati überholen lassen musste, wehrte Cassidy an der Spitze diesmal alle Angriffsversuche ab: Jake Dennis (Avalanche Andretti), der nur noch vier Punkte hinter dem Meisterschaftsführenden Pascal Wehrlein (TAG Heuer Porsche Formula E Team) liegt, fuhr immer in Schlagdistanz zu Cassidy und hatte nur eine halbe Sekunde Rückstand, als sie die Ziellinie überquerten. Wehrlein war als Sechster gestartet, in einer besseren Position als in den letzten Rennen, nachdem er im Qualifying über eine schlechte Rundenzeit geklagt hatte, wurde aber am Ende des Rennens auf den siebten Platz zurückgestuft. Trotzdem können Jaguar und Porsche sich ein bisschen freuen, nachdem ihre „Kunden“ Rang eins und zwei holten. Das Podium komplettierte Jean-Éric Vergne auf DS Penske. Er musste aber zugeben, dass er nicht die Pace hatte, um den von Jaguar angetriebenen Envision herauszufordern, der schließlich auf das oberste Treppchen fuhr, obwohl auch Vergne das Rennen zeitweise anführte.
Ein kleiner Fehler der Verfolger gibt dem führenden Trio freie Fahrt
Das Trio setzte sich nach einem Fahrfehler von Mitch Evans von seinen Verfolgern ab, die durch den kurzen Drift des Jaguar-Fahrers wertvolle Zeit einbüßten. Evans machte von seinem Startplatz aus einen Platz gut und wurde Vierter - ein hervorragendes Wochenende für den Neuseelänger und Jaguar TCS Racing. Obwohl Teamkollege Sam Bird bei diesem Rennen nach einem dezenten „Touch“ ausfiel, haben die Jaguar-Antriebssysteme zum ersten Mal in der Geschichte der Formel E drei Rennen in Folge gewonnen. Ähnlich lief es für Porsche, wo man dem Kundenteam Avalanche Andretti in Berlin den Vortritt und das Podium lassen musste – auf Rang zwei. Jake Dennis sagte dazu:
„Seit Saudi-Arabien erstmals wieder als Zweiter die karierte Flagge gesehen zu haben, ist überwältigend. Wir sind immer noch Vierter in der Meisterschaft. Offensichtlich hatte ich mehr Energie als Nick, aber die Ziele waren am Ende so hoch gesteckt. Um den Sieg zu fahren war ein zu großes Risiko, und ehrlich gesagt war ich einfach nur glücklich über die 18 Punkte und darüber, das Rennen so nach Hause zu bringen.“
Was sein Team hinter ihm leistete, schätze er sehr und bedankte sich nochmal:
„Die Jungs haben heute so viel getan. Nach all der harten Arbeit, die wir in den letzten Rennen geleistet haben, und die oft auch mit Aus- oder Rückfällen endete, haben sie den Champagner mehr verdient als ich.“
Zumal er nicht wusste, ob sein Auto die gesamte Distanz vorn mitgehen würde.
„Nach der Berührung in Kurve 4 auf halbem Weg wusste ich nicht, ob das Auto bis zum Ende durchhalten würde. Aber ich habe trotzdem die Zielflagge gesehen und 18 Punkte geholt.“
Nick Cassidy freute sich ebenfalls:
„Ich wusste, dass ich im Kampf war. Ich war in den letzten fünf Rennen im Kampf dabei. Gestern hatten wir auch eine große Chance, aber ich habe einen Fehler gemacht, und dafür habe ich wirklich die Hand gehoben. Aber heute haben wir es geschafft. Also, vielen Dank an meine Jungs. Ich hatte die Möglichkeit, fast jedes Wochenende zu gewinnen, und als Fahrer ist das ein Traum.“
Das Windschattenfahren sollte eigentlich nicht sein
Jean-Éric Vergne gab sich nachdenklich und sprach indirekt das Thema Windschatten an:
„Es war wirklich chaotisch. Ich bin sehr froh, dass das Rennen vorbei ist. Ich habe diese Art von Rennen noch nie erlebt, bei dem niemand am Anfang wirklich in Führung liegen will und hinten ein großes Chaos entsteht.“
Er habe daraufhin nur versucht, unter den ersten vier oder fünf zu bleiben, denn ab Rang sechs oder sieben klebt man zu weit im Mittelfeld und kann von da aus kaum noch nach ganz vorn fahren:
„Es ist ein bisschen ein Strategiespiel, und dazu braucht man mentale Stärke.“
Die hatte einmal mehr auch Maximilian Günther von Maserati MSG Racing: Er verbesserte sich um 15 Positionen von Platz 21 auf Rang sechs. Umgekehrt lief es bei Pole-Sitter Robin Frijns von Abt Cupra. Er hatte schon bald Mühe, das Tempo zu halten und fiel am Ende auf Rang 17 zurück. Besser lief es bei Teamkollege Nico Müller, der ebenfalls in der ersten Startreihe stand, aber als Neunter die ersten Punkte für das Team holte.
Damit liegt Wehrlein weiterhin an der Spitze, allerdings mit einem knappen Vorsprung von vier Punkten auf Cassidy, während Vergne Dritter ist. Auch der Vorsprung von TAG Heuer Porsche in der Teamwertung schmilzt weiter, denn das Team von Envision Racing mit Jaguar-Power liegt nur noch 15 Punkte hinter dem zweiten Platz. Die nächste Station der ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft ist der Monaco E-Prix 2023, der am Samstag, den 6. Mai, in Runde 9 stattfindet.
Was bedeutet das?
Berlin gehört zu den spannenden Kursen mit vielen Wechseln und brachte am Ende durchaus spannende Ergebnisse. Bei Abt Cupra scheint endlich ein kleiner Knoten geplatzt zu sein – doch die Favoriten fahren mit Jaguar-, Porsche- oder Stellantis-Antrieben.
Elektromobilität , IAA Mobility , SUVs und Geländewagen , Hybrid , Antriebsarten, Kraftstoffe und Emissionen , Oberklasse- und Sportwagen , Carsharing , Autonomes Fahren (Straßenverkehr) , Ladeinfrastruktur , Verkehrspolitik , Formel E , Brennstoffzellen , Fahrzeug-Vernetzung und -Kommunikation , Fahrzeuge & Fuhrpark , Automotive-Messen & Veranstaltungen , Pkw, Kompakt- und Mittelklasse , Minis und Kleinwagen , E-Auto-Datenbank, E-Mobilität-/Automotive-Newsletter, E-Auto-Tests