Formel E: Auch Mercedes-Benz zieht nach 2022 den Stecker

Nachdem Audi und BMW die Formel E schon nach der aktuellen Saison verlassen, zieht Mercedes-Benz ab 2023 nach und steigt ebenfalls aus. Grund ist eine „strategische Neuausrichtung der Ressourcenverteilung für die Entwicklung von Elektrofahrzeugen“.

In der Formel E trat Mercedes-Benz nur drei Saisons an. Ab 2023 fährt man nur noch Formel 1. | Foto: Mercedes-Benz
In der Formel E trat Mercedes-Benz nur drei Saisons an. Ab 2023 fährt man nur noch Formel 1. | Foto: Mercedes-Benz
Gregor Soller

Die letzte Saison der Formel E lief perfekt für Mercedes-Benz EQ: Erstmals holte sich Fahrer Nyck de Vries den Fahrertitel und Mercedes-EQ wurde dank des Podestplatzes von Stoffel Vandoorne zum Team-Weltmeister. Damit gab der Konzern nur ein kurzes Gastspiel in der Formel E: Mercedes-Benz beendet sein Engagement beim „Mercedes-EQ Formel E Team“ am Ende der Saison 8. Damit zieht man sich nach nur drei Saisons zurück: In der Saison 5 agierte man noch hinter dem Team „HWA Racelab“ um erste Erfahrungen zu sammeln, bevor in der sechsten Saison 2019-2020 das offizielle Mercedes-EQ-Team daraus wurde.

Den Ausstieg begründet Mercedes-Benz mit der Ende Juli verkündeten Ansage, noch vor Ende des Jahrzehnts bei den Straßenfahrzeugen vollelektrisch zu werden – wo es die Marktbedingungen zulassen. Heißt: alle Ressourcen bezüglich Elektrifizierung sollen den Serienmodellen zu Gute kommen. Deshalb habe man sich „bewusst dazu entschieden, die Ressourcen zugunsten dieses schnelleren Hochfahrens der Elektrifizierung umzuverteilen“. Das bisherige Knowhow und die Ressourcen aus der Formel-E-Antriebsentwicklung soll nun in die Entwicklung der drei neuen Elektro-Architekturen fließen, die Mercedes im Jahr 2025 einführen will. Entwicklungschef und Mercedes-Vorstand Markus Schäfer erklärte dazu:

„In diesem Jahrzehnt haben wir uns bei Mercedes-Benz mit voller Kraft der Bekämpfung des Klimawandels verschrieben. Dazu bedarf es einer beschleunigten Transformation unseres Unternehmens, unserer Produkte und unserer Services in Richtung einer emissionsfreien und softwaregesteuerten Zukunft.“

Erstaunlich: Mercedes-Benz sieht in der Formel 1 mehr Potenzial für Techniktransfers in die Serie

Um das zu erreichen, müsse man sich jetzt voll und ganz auf die Kernaktivitäten konzentrieren. Ähnlich wie bei Audi und BMW scheint auch Mercedes-Benz nur einen (zu) geringen Teil der Technik von der Formel E auf die Serienmodelle übertragen zu können. Schäfer Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass man der viel teureren Formel 1 treu bleibt, wo Schäfer auch mehr Potenzial sieht:

„In Zukunft werden wir den technologischen Fortschritt – besonders im Hinblick auf Elektroantriebe – mit Fokus auf die Formel 1 vorantreiben.“

Auch im Marketing scheint man mit EQ als „Sportmarke“ nicht viel anfangen zu können: So Aber auch lobt auch Bettina Fetzer, Marketingchefin bei Mercedes-Benz die Wirkung der Formel E auf die Marke Mercedes-EQ, aber aus strategischer Sicht positioniere und stärke man Mercedes-AMG als Performance-Marke, „gerade durch deren enge Zusammenarbeit mit dem Formel 1-Team“, so Fetzer.

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, der auch Geschäftsführer des Formel-E-Teams ist, erklärte dazu:

„Jetzt werden wir alles dafür geben, um sicherzustellen, dass wir unser Formel-E-Abenteuer in der Saison 8 standesgemäß beenden.“

Über das Ehepaar Wolff könnten Aston Martin oder Venturi übernehmen

Er könnte auch Dreh- und Angelpunkt der Zukunft des Teams sein, denn: Laut Teamchef Ian James prüfe man „die besten Optionen für das Team, um auch über die Saison 8 hinaus an der Formel E teilzunehmen“, inklusive eines potenziellen Verkaufs an neue Besitzer. Als da wären: Das in Monaco ansässige Mercedes-EQ-Kundenteam Venturi Racing, dessen Teamchefin die ehemalige Rennfahrerin Susie Wolff ist – Toto Wolffs Ehefrau. Und da Toto Wolff privat auch in Aston Martin investiert hat, könnte auch diese Marke am EQ-Team interessiert sein und neben Jaguar, wo man der Formel E bis auf Weiteres treu bleibt, ein zweites Team in „britisch racing green“ bilden.

Was bedeutet das?

Rennteams kommen und gehen nie ganz, sondern wechseln in der Regel nur die Farbe. Das dürfte auch für Mercedes EQ zutreffen, wo man allein über Toto Wolff mehrere Optionen hätte. Dass sich Mercedes-Benz allerdings von der Elektro-Entwicklung der Formel-1-Hybridantriebe mehr Potenzial für die Serienmodelle versprechen als vom Knowhow aus der Formel E, stimmt nachdenklich.

 

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