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Ford: Künftig kantiger und mehr Ford als je zuvor!

Im Interview skizziert Dr. Christian Weingärtner, Geschäftsführer Marketing und Verkauf der Ford-Werke GmbH sowie Geschäftsführender Direktor Ford Deutschland, Österreich und die Schweiz, die Zukunft einer Marke und verspricht, dass sie mehr Ford als je zuvor bieten wird.

Dr. Christian Weingärtner, Geschäftsführer Marketing und Verkauf der Ford-Werke GmbH sowie Geschäftsführender Direktor Ford Deutschland, Österreich und die Schweiz gehört zu den Managern, die gern konkret und schnell agieren. | Foto: Ford
Dr. Christian Weingärtner, Geschäftsführer Marketing und Verkauf der Ford-Werke GmbH sowie Geschäftsführender Direktor Ford Deutschland, Österreich und die Schweiz gehört zu den Managern, die gern konkret und schnell agieren. | Foto: Ford
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Gregor Soller

Ford befindet sich vor allem in Europa im Umbruch: Perspektivisch verkleinert man die Mitarbeiterzahl und die Fertigungsstätten und baut das komplette Programm im Volumensegment um, welches durch US-Ikonen wie Bronco und Mustang ergänzt wird. Dazu bedient man sich zwischenzeitlich der MEB-Plattform von VW, während VW im Gegenzug dafür Zugang zu Ford-Nutzfahrzeugtechnologien erhält. So basiert der Amarok auf dem Ford Ranger und der Nachfolger des VW Transporter wird auf dem nächsten Ford Transit Custom entwickelt. Mit dem vollelektrischen Ford Explorer startet man jetzt in das neue Zeitalter.

Im Interview stand uns Dr. Christian Weingärtner Rede und Antwort. Er ist seit 1. Februar 2022 Geschäftsführer Marketing und Verkauf der Ford-Werke GmbH sowie seit dem 1. Januar 2022 Geschäftsführender Direktor für Ford Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er gehört zu den Managern, die sich auch Freitag nachmittag noch Zeit nehmen für ein Interview. Allerdings ohne Anzug, sondern bereits im Home-Office. Dabei spürt man ihm die Begeisterung an für das, was Ford jetzt plant. Denn trotz des nahenden Wochenendes antwortet er begeistert, aber mit bayerischer Lockerheit, die wunderbar zum Ford-Konzern passt, der sich auf Arbeitsebene immer durch seine US-amerikanische Lässigkeit auszeichnet. Amerikanisch und bayerisch ist auch sein ansteckend-sprudelnder Optimismus, mit dem er auch die kritischsten Fragen pariert. Mit denen wir gleich zu Beginn starten…

Ford baut in Europa massiv Stellen ab und stellt sich selbst plötzlich als Nischenanbieter und Nutzfahrzeughersteller dar. Müssen wir uns jetzt Sorgen machen?

Weingärtner (lacht): Überhaupt nicht! Bei den leichten Nutzfahrzeugen sind wir sehr stark – und das wollen wir auch im EV-Zeitalter bleiben. Wir erzielten im vergangenen Jahr in Europa einen Marktanteil von 15,0 Prozent. Damit war Ford erneut – und inzwischen zum achten Mal in Folge – europäischer Marktführer, was einen neuen Rekord in der Branche bedeutet. Und da sind die vielen neuen coolen Produkte, die jetzt erst kommen werden, noch gar nicht eingerechnet. Aber ich gebe zu, dass sich die Lage im Pkw-Geschäft etwas anders darstellt: Hier haben wir mit der VW-Gruppe und der Stellantis-Gruppe zwei Stückzahlen-Riesen am Start, die mit ihren Marken je über zwanzig Prozent des europäischen Marktes bedienen. Da haben wir als im Vergleich eher kleinerer Anbieter spürbare Kostennachteile.

Kann man das nicht über die Marktmacht in den USA kompensieren?

Weingärtner: Nur bedingt, denn der US-Markt ist ganz anders. Aber er gibt die Richtung vor, Ford viel klarer zu positionieren. Denn dort haben wir zum Beispiel mit dem F-150, dem Bronco und dem Mustang regelrechte Ikonen im Portfolio, die für den American way of life stehen, also für Freiheit und Abenteuer. Da könnte man jetzt eigentlich auch noch den Ranger und sogar den Transit dazuzählen. Fakt ist, dass wir jetzt die Chance haben, viel mehr Ford zu sein als je zuvor, denn dafür spielen uns die positiven US-Attribute voll in die Hände.

Die da wären?

Weingärtner (lacht): Ich würde sagen, wir sind immer freundlich, aber selbstbewusst und zeigen gern auch mal Kante! Dafür ist der Mustang Mach-E ein gutes Beispiel – er ist nicht weichgewaschen wie so manch anderes Elektrofahrzeug von Wettbewerbern, sondern erlaubt sich einen eigenständigen, selbstbewussten Auftritt. Weshalb Ford künftig pointierter und durchaus auch polarisierender auftreten wird, was man auch am neuen vollelektrischen Explorer sieht.

Verliert man dann nicht viele der Stammkunden, die mit Fiesta, Focus und Co. glücklich waren – und gar keinen polarisierenden Auftritt gesucht haben, sondern einfach nur ein zuverlässiges, bezahlbares Auto?

Weingärtner: Das mit der Bezahlbarkeit ist tatsächlich ein Thema, das aktuell die ganze Autoindustrie trifft- nicht zuletzt aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation und der hohen allgemeinen Inflation. Zwar geht auch der Markttrend hin zu teureren Autos, aber um auf das Beispiel Fiesta zurückzukommen: Je kleiner die Fahrzeuge werden, desto kleiner werden bei allen Herstellern die Margen und desto mehr muss die Kostenbasis stimmen. Weshalb gerade im Klein- und Kompaktwagensegment viel mit Badge-Engineering gearbeitet wird - das ist einfach eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Und das können die europäischen Stückzahl-Riesen VW und Stellantis einfach besser als wir. Im Kleinwagen- und Kompaktwagensegment Geld zu verdienen in den nächsten Jahren wird tendenziell aber auch aufgrund der hohen Batteriekosten für alle nicht einfach.

Fiesta und Focus gehören aber nach wie vor zu den Volumenbringern von Ford Europa und sind auch bei den Flotten beliebt. Zieht sich Ford jetzt aus dem Volumengeschäft zurück?

Weingärtner: Nein, wir wollen in Europa nach wie vor ordentliche Volumina machen. Und gleichzeitig gilt: Jede Baureihe muss profitabel sein! Für unsere beiden neuen Elektromodelle, die in Köln gebaut werden, rechnen wir über die Laufzeit zum Beispiel mit 1,2 Millionen Einheiten. Das ist schon ein recht ordentliches Volumen.

Verlieren Sie mit der perspektivischen Einstellung des Fiesta und Focus nicht viele Kunden?

Weingärtner: Wir agieren hier in einem schwierigen Segment und werden durchaus Kunden verlieren. Aber (lächelt) – wir werden mit dem neuen vollelektrischen Explorer als Kompakt-SUV auch viele Neukunden gewinnen. Wichtig ist dabei, dass wir keine beliebigen und austauschbaren Fahrzeuge für Jedermann produzieren wollen, sondern begehrenswerte Produkte, die einen „Haben-Wollen-Effekt“ erzeugen werden. Und mit dem rein elektrischen Puma, der auch noch 2024 kommt, bleiben wir mit unserem Topseller auch im Kompaktwagensegment aktiv.

Könnte der auch ein Weltauto werden?

Weingärtner: Tatsächlich ist es eine Herausforderung, dass sich unsere Baureihen auf den unterschiedlichen Kontinenten nicht oder nur wenig überschneiden. Außer beim Kuga, der in den USA praktisch identisch als Escape angeboten wird. In den USA verkaufen wir und andere Hersteller 80 Prozent der Fahrzeuge in den Segmenten oberhalb des Escape, in Europa 80 Prozent in den Segmenten unterhalb des Kuga. Trotzdem wollen wir Look and Feel zusammenbringen, wofür der neue europäische Explorer das beste Beispiel ist: Die US-Version ist für die meisten Kunden in Europa zu groß, trotzdem lieben viele sein Design. Also war die Vorgabe, das für den hiesigen Markt kleiner hinzubekommen – und außerdem vollelektrisch.

Was unserer Ansicht nach sehr gut gelang. Noch spannender finden wir aber die multifunktionale Mittelkonsole. Wird Ford jetzt auch „clever“?

Weingärtner (lächelt): Das sind wir doch schon lang! Ich erinnere nur an den ausklappenden Türkantenschutz beim Focus oder an die Megabox mit Ablaufstöpsel im Kofferraumboden des Ford Puma. Da ist die clevere Mittelkonsole des neuen Explorer nur ein weiteres gutes Beispiel für unsere praxistauglichen Ideen.

Wie bewerten Sie in dem Zusammenhang das Thema Digitalisierung?

Weingärtner. Die ist gesetzt und unverzichtbar, aber man muss sich immer fragen. Was ist aus Kundensicht wirklich sinnvoll und nützlich und was ist Spielerei oder gar Over-Engineering. Wir wissen zum Beispiel aus unseren Kundenbefragungen, dass ein zu großer Screen für den Kunden keinen wirklichen Mehrwert bietet, er sollte aber auch nicht zu klein sein. Die knapp 15 Zoll, die wir jetzt im neuen Explorer haben, sind unserer Meinung nach genau richtig.

Wir haben Preis, Praktikabilität und Digitalisierung – wie sieht es mit der Fahrdynamik aus, für die Ford Europa ja auch immer bekannt ist?

Weingärtner: Fahrdynamik gehört zu unserer Marken-DNA und so wird es bleiben. Ich glaube, die Kolleginnen und Kollegen, die bei uns für die Fahrdynamik zuständig sind, können gar nicht anders als knackig!

Zum Schluss würde ich gern noch in die Zukunft blicken: wird Ford zur reinen SUV-Marke?

Weingärtner: Das glaube ich nicht, zumal wir zum Beispiel mit dem Mustang auch einen reinrassigen Sportwagen und mit den Transits auch Nutzfahrzeuge im Programm haben. Die Geschmäcker ändern sich und aktuell spürt man zum Beispiel neben dem ungebrochenen Trend zu SUVs auch einen starken Trend hin zum Fließheck. Das, kombiniert mit der etwas höheren Sitzposition, haben wir im vollelektrischen Mustang-Mach-E schon umgesetzt. Fakt ist: Die Technik wird sich gerade in der Elektromobilität noch massiv weiterentwickeln und die Automobilhersteller warten auf kleinere, günstigere und trotzdem leistungsdichtere Akkus. Damit könnte man auch wieder leichtere und in Folge noch dynamischere Autos bauen. Was immer die Kunden bevorzugen – für uns von Ford ist es wichtig, dass unsere Produkte nicht gesichtslos und weichgespült sind. Wir sind eine stolze amerikanische Marke mit einer großartigen Geschichte. Wir wollen in Zukunft mehr Ford denn je sein!

Vita Christian Weingärtner

Weingärtner wurde 1982 in Landshut geboren und lebt mit seiner Lebenspartnerin in München. Er studierte Technologie und managementorientierte Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Universität München, schloss mit einem Master-Abschluss in Technologie und Management ab und hält einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften. Bevor er 2020 zu Ford kam, war er Managing Director & Partner bei der Boston Consulting Group und hat bei Ford Europa bereits die Position als Director, Strategy, Business Transformation, AV & Mobility bekleidet.

Das Interview führte Gregor Soller

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