Flynt Vans: Bis 500 Kilometer Reichweite - neue Könige der Transport-Effizienz?
Der Druck steigt: „Bis Ende 2025 wollen viele Einzelhändler und Lieferdienste lokal emissionsfrei liefern“, erklärt uns Dr. Daniel Kirchert, Gründer und CEO von Flynt. Mittlerweile trafen wir ihn bereits öfter, als Steigbügelhalter für mehrere chinesische Marken (er spricht fließend Mandarin), Wegbereiter und jetzt wieder als Gründer. Für die neue Marke "Flynt" will er abermals seine guten Drähte nach China nutzen, allerdings muss dort ein Van entstehen, der exakt nach EU-Vorgaben entwickelt und gebaut wird. Die Software dafür muss dann teils aus Europa kommen – sie soll ein Teil des USP der neuen Marke werden. Hochoffiziell erklärt Kirchert:
„Angesichts ehrgeiziger globaler Klimaziele ist die Zusammenarbeit zwischen Europa und China entscheidend. Flynt zeigt, wie grenzüberschreitende Kooperationen die Dekarbonisierung des Transports beschleunigen können.“
Dabei sei die neue vollelektrische Plattform ist „keine bloße Anpassung traditioneller Konzepte“. Sie solle vielmehr eine vollständige Neudefinition dessen darstellen, was leichte europäische Nutzfahrzeuge sein können und sollten, „geprägt durch eine enge Zusammenarbeit und Rückmeldungen von potenziellen Kunden.“ Die Vorteile der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erwiesen sich auf verschiedenen Ebenen.
„Indem wir die Stärken europäischer und chinesischer Innovation vereinen und auf die weltweit fortschrittlichste chinesische Batterie- und Elektrofahrzeuglieferkette zurückgreifen, setzen wir neue Maßstäbe im LCV-Segment mit Lösungen, welche die Gesamtbetriebskosten senken, die Betriebseffizienz steigern und die Emissionen drastisch reduzieren", wirbt der Seriengründer.
Formal stößt man in die Klasse der Kastenwagen von 8,7 bis 16,5 Kubikmeter Volumen vor, will aber bis zu 28 Prozent bessere Raumeffizienz bieten. Zudem verspricht man "fortschrittliche Batterietechnologie" mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometer im Topmodell und einen Energieverbrauch von für die Klasse ziemlich sensationellen 20 kWh/100 km, was man abwarten muss.
Drei Akkukapazitäten in LFP und NMC
Wie Mercedes beim eSprinter oder Iveco beim eDaily bietet man drei Batteriepakete, differenziert aber stärker: Das Einstiegs- wie das Mittelklassemodell verfügen über fortschrittliche Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP), während das Topmodell mit einem 100-kWh-Nickel-Kobalt-Mangan-Batteriepaket (NCM) ausgestattet ist. In Sachen Schnellladung unterstützt man wie Renault beim Master E-Tech auch die praxisnahe und oft ausreichende 22-kW-AC-Ladung sowie üppige und fernstrecken-taugliche 220-kW-DC-Schnellladung. Selbstverständlich soll erstmals im Segment eine Vehicle-to-Grid-Funktionalität sein, die auch Logistikern neue Geschäftsfelder erschließen könnte.
(Teil-)Autonomes Fahren? Check!
Aber auch digital dachte man weit voraus: Ausgestattet mit ADAS, fortschrittlicher Konnektivität, ergonomischen Funktionen und Flottenmanagement-Tools zur Verbesserung von Sicherheit, Komfort und Betriebseffizienz. Dafür soll es eigene Apps geben und der Van weiß im Idealfall auch, wie viel Gewicht (und perspektivisch gar Volumen) er an Bord hat. Im Idealfall bucht er das im Lieferverkehr bei jedem Stopp digital aus. Es gibt auch schon eine Bus-Variante, die weitestgehend autonom nach Level 4 fährt, das aber später. Starten möchte man mit Vans für Handwerk, Lieferdienste, Privatleute UND Camping und auch für Letztere Anwendung hat man bereits zarte Fäden zu EU-Ausbauern gesponnen. Wie man sich laut Kirchert überhaupt sehr genau umgehört hat bei Anwendern, Flottenprofis, der Nutzfahrzeugpresse und Servicebetrieben.
Gibt es ein Ersatzteillager und Servicenetz? Check!
Womit wir gleich beim wichtigsten Punkt sind: Einem dichten Servicenetz: Start soll im ersten Halbjahr 2026 in Deutschland und Norwegen sein und man rechnet für Deutschland mit rund 100 Servicepunkten, die man für ein ausreichend dichtes Netz braucht. Inklusive Hochvoltstandorten und Ersatzfahrzeugen, sollte mal eine Reparatur anstehen. Was wiederum ein gut gefülltes Ersatzteillager unabdingbar macht und Karosseriekomponenten, die auch mal einen Rempler wegstecken, oder, falls sie das nicht tun, leicht getauscht werden können.
Womit wir beim Stichwort TCO sind: Man will von Anfang an ein „äußerst wettbewerbsfähiges Gesamtpaket“ bieten, mit niedrigeren Energiekosten, deutlich reduzierten Wartungskosten und der Beseitigung von CO2-Steuerverpflichtungen, was den Übergang zu elektrischen Flotten für Unternehmen wirtschaftlich realisierbar machen soll, so Kirchert. Dazu gehören für ihn Partnerschaften mit führenden lokalen Marktakteuren und einem zentralen Ersatzteillager in Europa, um schnelle Reaktions- und minimale Ausfallzeiten zu bieten. „Europäische Unternehmen verlangen nicht nur großartige Fahrzeuge, sondern auch exzellenten Support“, fügt Dr. Kirchert hinzu und ergänzt:
„Unser Modell stellt sicher, dass Kunden von einem standardisierten, zuverlässigen Serviceerlebnis sowohl online als auch offline profitieren.“
Die Basis für die Komponenten stammen übrigens von GAC, sind also Großserientechnik. Auch den Supply-Chain von GAC kann man nutzen. Womit uns Kirchert einen Blick hinter die Kulissen gewährt: Hinter Flynt steht eine strategische und exklusive Partnerschaft mit der MiracoMotor Technology. Xiao Ning, Gründer und CEO von MiracoMotor, erklärt:
„Erfolgreich in Europa zu agieren, erfordert mehr als nur technologische Exzellenz; es verlangt eine starke Marke und herausragende Servicegarantien.“
Und Rogan Liu, Gründer und COO von Flynt, erklärt:
„Unsere Zusammenarbeit mit MiracoMotor ist ein Modell für Vertrauen und langfristige Kooperation. Gemeinsam haben wir ein Produkt geschaffen, das sowohl technologisch fortschrittlich als auch perfekt auf die Erwartungen europäischer Kunden abgestimmt ist.“
Stimmen die Stückzahlen? Check!
Und woher nimmt Kirchert das Vertrauen, dass sein Produkt erfolgreich sein wird? Er rechnet uns vor:
„Das LCV-Segment in Europa umfasst jährlich mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge, von denen die meisten mit hoch-emissionsintensiven Dieselmotoren betrieben werden. Dieses Segment ist einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen im Transportsektor und verursacht jährlich über 91 Millionen Tonnen CO2 in Europa – eine Zahl, die aufgrund des Wachstums des E-Commerce und der steigenden Nachfrage nach Last-Mile-Lieferungen weiter zunimmt.“
Ganz klar, selbst wenn Flint da nur einen Bruchteil davon holen kann, sollte man zügig in fünf- oder besser gar sechsstellige Stückzahlen kommen. Erste Gespräche mit potenziellen Kunden und vor allem größeren Flotten liefen bisher ganz vielversprechend. Auch, weil die EU-Konkurrenz hier teils noch einen weiten Weg vor sich hat und aktuell fast ausschließlich auf umgestrickte Diesel setzt.
Flynt wird als eigene Marke auftreten? Check!
Flynt wird seine elektrischen LCVs unter eigener Marke vertreiben. Erste Prototypen sollen 2025 nach Deutschland kommen, dort dann auch an Testkunden gehen, um nochmal nachzujustieren. „Unsere Partner in China sind hier sehr schnell und ehrgeizig“, kennt Kirchert Miraco Motors. Bei den Camper-Versionen brauchte man zum Beispiel etwas mehr Innenbreite, um die Betten quer unterzubringen und musste Anschraubpunkte im Boden so finden und legen, dass sie den Akku nicht zerstören. Wurde binnen weniger Wochen entsprechend umkonstruiert. Die Auslieferungen an Kunden sollen dann in der ersten Hälfte von 2026 beginnen. „Unser Markteintritt ist sorgfältig geplant, um die besten Elektroprodukte und -dienstleistungen in Europa zu liefern“, erklärt Dr. Kirchert selbstbewusst und ergänzt:
„Gemeinsam mit MiracoMotor bieten wir nicht nur Fahrzeuge, sondern eine ganzheitliche, kohlenstoffarme, kostengünstige und äußerst bequeme Lösung, die Flotten zukunftssicher macht.“
Was bedeutet das?
Noch ein Start-Up. Aber eines, das klappen könnte, denn: man kann GAC-Großserientechnik nutzen und hat sich auf den EU-Märkten ganz genau umgesehen, wie ein van aussehen muss. Die hochflexible Plattform reicht ähnlich wie bei Kia vom „2,8-Tonner-Mercedes-Vito-Pendant“ bis zu 4,25-Tonner im ausgewachsenen Sprinter-Format. Bis Jahresende sollen Service und Ersatzteillager stehen. Möge Kirchert diesmal Glück haben. Könnte klappen.
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