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Fahrbericht Seat Leon/Arona TGI: Mehr Spaß am Gas

Der neue 1,5-l-TGI-Motor im Leon überzeugt mit guter Performance bei niedrigem Verbrauch und mehr CNG-Reichweite. Der Arona TGI hat eine Alleinstellung bei den SUV. Auch der Ibiza erhält mehr CNG-Volumen.

Hängt gut am Gas: Der Seat Leon ST TGI vereint Geräumigkeit und Praktikabilität mit Fahrspaß und Umweltfreundlichkeit. | Foto: Seat
Hängt gut am Gas: Der Seat Leon ST TGI vereint Geräumigkeit und Praktikabilität mit Fahrspaß und Umweltfreundlichkeit. | Foto: Seat
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Johannes Reichel

Der erste Eindruck ist: Wow, wo kommt denn auf einmal dieser Antritt her! Waren die 1,4-Liter-TGI-Motoren aus dem VW-Konzern bisher eher die zwar kultivierte, aber brave Wahl der Vernunft, könnte sich das mit Einzug des brandneuen 1,5-Liter-TGI-Aggregats ändern. Vor allem Seat spielt diese vom VW-Konzern eher stiefkindlich behandelte Trumpfkarte entschlossen aus und führt mit dem neuen Aggregat für den Leon zugleich die höherwertigen Ausstattungsvarianten Xcellence sowie vor allem die beliebte Sport-Linie "FR" ein. Einen solchen FR als Kombivariante ST und mit dem Sieben-Gang-DSG-Doppelkupplungsgetriebe fuhren wir zur Probe - und man muss feststellen:

Mehr Fahrspaß kombiniert mit Sparsamkeit und dem Vorteil eines umweltfreundlichen Antriebs kann man derzeit nicht bekommen auf dem Markt.

Neben dem aufgehübschten Exterieur und dem sportiv gestalteten Interieur sowie gestrafftem, aber nicht zu harschem Fahrwerk samt präziser Lenkung und verwindungssteifer, tadellos verarbeiteter Karosserie macht vor allem der Motor die Musik. Er klingt mit einer sonoren Note sogar recht spaßig, beschleunigt aber in erster Linie deutlich nachdrücklicher als das "milde" 1,4-Liter-Vorgänger-Aggregat. Der Antritt nach dem Erwachen aus dem schnell reagierenden Start-Stopp-Modus ist spontan und erfolgt recht ansatzlos, die Beschleunigung druckvoll, der drehfreudige Motor hängt im wahrsten Sinne "gut am Gas" und durcheilt mit fast "GTI"-mäßiger Lust und auch entsprechendem Sound das Drehzahlband.

Tolle Performance, günstiger Verbrauch

Beeindruckend ist, wie klaglos der Motor auch niedrige Drehzahlen wegsteckt und sich brav aus dem Umdrehungskeller arbeitet. Zuckelfahrten durch Ortschaften nimmt er einem nicht übel und ab 1.400/min macht er mit der Kraft von fast dieselmäßig üppigen 200 Nm ordentlich Druck. Überholmanöver sind so auch dank des wie am Schnürchen sortierenden Siebengang-DSG schnell absolviert, Tempo 100 km/h erreicht man nötigenfalls in unter zehn Sekunden, wer es unbedingt darauf anlegt, kann die 200 km/h-Marke knacken.

Stimmt schon, was Seat-Chef-Stratege Johannes Fleck sagt, die 130 PS auf dem Papier, bei 146 PS Durchschnittleistung deutscher Neuwagen ein Allerweltswert, erzählen nur die halbe Wahrheit.

 

Mehr drin: Weit mehr Nutzungsbreite als ein Elektrofahrzeug

Freilich sind bei Abfrage des Leistungsvermögens die avisierten Verbräuche von 3,5 kg/100 km/h (WLTP) illusorisch, die bei sparsamer Fahrweise durchaus im Bereich des möglichen scheinen. Der eher sportiv, aber meist auf Landstraßen bewegte Testwagen wies für 1.200 km 4,1 kg/100 km im Bordcomputer aus. Das dürfte eine realistische Angabe sein, wenn man dem Firmenversprechen "Spaß beim Sparen" gemäß unterwegs sein will. Nicht schlecht für einen knapp 1,4 Tonnen schweren, fünfsitzigen Kombi mit einem großen Kofferraum von 482 Liter, bei dem nur das Fach unter dem doppelten Boden zum konventionellen Modell als Stauraum wegfällt, etwa 100 Liter weniger sind es formal. Zudem wartet das Fahrzeug mit einer Anhängelast von 1.400 Kilo und einer Zuladung von knapp 600 Kilo auf, was den starken Gas-Wagen sogar für Anhängereinsätze wappnen würde.

Von solcher Performance und damit Variabilität und Transporteffizienz ist man bei Elektro-Autos weit entfernt, wenn man sie denn jemals erreicht mit den leistungssensiblen Energiespeichern.

Den Wegfall des Stauraums unterm Kofferraumboden kann man auch deshalb verschmerzen, weil er auch dazu dient, eine weitere CNG-Flasche unterzubringen. Mit dem zusätzlichen Tank aus hochfestem Stahl zu den beiden Kompositverbundtanks steht nun ein Volumen von 17,3 kg CNG zur Verfügung, das für maximal 440 Kilometer reichen soll, zusammen mit 9 Liter Benzinreserve für im Notfall 110 weitere Kilometer eine sehr praxistaugliche Distanz und zugleich bisher einer der größten Malus-Punkte des Leon TGI.

Ibiza und Arona mit drei CNG-Flaschen und bis 360 km

Den räumt man im Zuge der Überarbeitung des CNG-Portfolios übrigens auch beim kleineren Ibiza 1,0 TGI aus, der mit zusätzlichem Tank 13,8 kg CNG bunkern kann und jetzt bis zu 360 Kilometer weit kommt, wie beim Leon etwa 20 Prozent mehr. 

Dieses "upgedateten" CNG-Set aus 1,0-Liter-TGI-Motor mit 90 PS und drei Flaschenpackage erhält auch der jetzt verfügbare Kompakt-SUV, der damit ein Alleinstellungsmerkmal im Segment besitzt und die TGI-Option auch seinem Gen-Spender VW T-Cross voraushat.

Der darf dafür mit dem USP der verschiebbaren und flexiblen Rückbank punkten, die wiederum dem Arona vorenthalten bleibt. Mit der einen CNG-Flasche mehr an Bord, bleibt dennoch ein Kofferaum über dem ebenen Ladeboden von ordentlichen 282 Liter übrig, in diesem Fall etwas schmerzhafte 120 Liter weniger, weil der doppelte Boden nicht nutzbar ist.

Mit den 477 Kilo Zuladung und kann man dafür etwas anfangen, die Anhängeroption bekommt der Arona aber leider nicht. Dafür soll der nur 4,13 Meter kurze Arona auch auf 360 Kilometer CNG-Reichweite kommen, in der Not helfen 9 Liter Benzin für 140 Kilometer zur nächsten CNG-Station. Die Performance des etwas raubeinigeren und knurrigeren Dreizylinder-Aggregats reicht für das 1.305 schwere Wägelchen locker aus (Ibiza 1.257 kg), man kommt auch dank des flockigen Handlings recht flott voran, wenngleich nicht so sportiv und "erwachsen" angetrieben wie beim 1,5er-TGI im Leon.

Die 160 Nm Drehmoment liegen formal zwar erst bei 1.900/min an, in der Praxis kann man den CNG-Arona aber auch sehr schaltfaul fahren und von unten heraus ziehen lassen, ohne dass es allzu unkultiviert zugeht. Tendenziell dürfte das hochbeinige Auto im Realbetrieb vor allem bei viel Autobahnanteil nicht die 3,5 kg/100 km erreichen, der Bordcomputer wies hier für 1.500 km bestimmt eher "auf Zug" gefahrener Kilometer 5,1 kg/100 km aus, unsere kleine Testfahrt absolvierten wir mit gut 4 kg/100 km.

Preisfrage: Viel günstiger als Elektro, nicht teurer als Otto

Nun noch zur Preisfrage: Seat will den Spaß am Sparen tatkräftig unterstützen und fährt zumindest bis Juni, vielleicht auch darüber hinaus eine "Gleichpreisstrategie" zum Verbrenner. Will heißen, man unterstützt den Kauf von CNG-Fahrzeugen werksseitig und ebnet so den bisher bestehenden Mehrpreis von etwa 2.500 Euro einfach ein. Die Liste weist den Arona TGI mit höherer Style-Ausstattung mit 19.820 Euro brutto aus, mit Incentivierung auf 95-PS-Benziner-Niveau sollten es 18.820 Euro sein. Das ist deutlich günstiger als der Diesel (ab 21.445,-) und geradezu ein Schnäppchen im Vergleich zu einem gleich geräumigen und vielseitigen Elektro-SUV wie etwa dem Kia Soul EV.

Ähnlich verhält es sich beim Leon ST TGI: 24.850 stehen für den CNG-Kombi brutto zu Buche, 23.350 für den gleich starken TSI-Benziner und satte 25.980 Euro für den 115-PS-Diesel. Sorry, aber auch wenn es Johannes Fleck nicht aussprechen will: Der CNG ist in diesem Falle wirklich der bessere Diesel - und der bessere Benziner sowieso. Und derzeit auch zum Elektro-Auto, das es so ohnehin noch nicht gibt. Und Spaß macht er auch noch.

Wer sich derzeit also ein nachhaltig zu betreibendes, bei den Spritkosten günstiges und dennoch vergnügliches Fahrzeug zulegen will, bei dem man auf nichts wirlich wichtiges verzichten muss und kein Vermögen ausgibt, der kommt an den TGI von Seat kaum vorbei.

Und wer sich ohnehin einen Wagen der aufstrebenden spanischen Marke zulegen wollte, für den gibt es eigentlich keinen Grund, etwas anderes als einen TGI zu wählen, wenn es nicht gerade einer der trendigen, aber wenig nachhaltigen Groß-SUV sein muss - selten wirklich eine Frage der Notwendigkeit. Zehn Prozent für Benziner und Diesel, umgekehrt wäre Seats Prognose aus rein rationaler Sicht plausibel - ökonomisch und ökologisch.

Was bedeutet das?

Im Verhältnis zu dem, was die CNG-Fahrzeuge bieten, welche Nutzungsbreite sie erlauben und wie kostengünstig und umweltfreundlich sie mit der Option Biomethan sind, muss man einfach sagen:

Der CNG-Antrieb ist nicht nur der bessere Benziner und Diesel, sondern auch das bessere "Elektroauto", erst recht solange der Strommix noch so kohlelastig ist wie derzeit. Das Thema hätte schon lange mehr politische Rückendeckung verdient.

Ob es die in Anbetracht der derzeitigen Fokussierung auf batterieelektrische Antriebe noch bekommt, ist fraglich.

Aber der Politik sollte trotz aller aktuell grassierender Panik, die man durch langes Nichtstun selbst verschuldet hat, klar sein: Es muss nicht gleich "Elektro" sein - und die Wertschöpfung respektive die Arbeitsplätze ließen sich mit der "Brückentechnologie" auch noch erhalten, beziehungsweise der Übergang sanfter gestalten. Wenn jetzt noch die Anrechenbarkeit von CNG-Fahrzeugen aufgrund des wachsenden Biomethan-Antreils im Netz käme und die Tankinfrastruktur weiter verbessert wird, dann würde endlich ein Schuh draus aus dem Thema CNG, wenn der VW-Konzern nicht ausgerechnet jetzt vom Gas geht.

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