Fahrbericht Porsche Taycan Sport Turismo: I´ve got the Pow(d)er!
Porsche stellt sein neues Modell als „dritte Version“ des Taycan vor: Der Sport Turismo teilt sich alle Karosserieteile mit dem Cross Turismo, duckt sich aber so flach wie die Limousine und unterscheidet sich vor allem als GTS dezent an Front- und Heck von den Geschwistern. Dabei wirkt der Sport Turismo eleganter als sein crossiger Bruder mit der Kunststoff-Beplankung an den Radläufen. Das neue Modell richtet sich laut Porsche folglich an diejenigen, die die Alltagstauglichkeit des Taycan Cross Turismo mit der „Onroad“-Dynamik der Taycan Sportlimousine kombinieren möchten. Oder wie Kevin Giek, Leiter der Baureihe Taycan, erklärt:
„Mit der Einführung des Sport Turismo als dritter Karosserievariante bereichern wir das Modellprogramm unseres Elektro-Sportwagens um einen sportlichen Allrounder.“
Auch auf verschneiten Pisten kompakt
Es liegt ziemlich viel Schnee im Salzburger Land. Die Teststrecken zogen sich durchs österreichische und bayerische Grenzland, hauptsächlich auf Land- und Passstraßen. Die schneebedeckten Straßen ließen meist keine sehr hohen Geschwindigkeiten zu, trotzdem war man mit dem Porsche flott und souverän auf dem rutschigen Untergrund unterwegs. Gerade auf den kurvigen Straßen begeistert einmal mehr die Handlichkeit des Taycan, immerhin bringt der Elektro-Porsche zwischen 2.080 Kilogramm (Taycan Sport Turismo) und 2.330 Kilogramm (Taycan Turbo Sport Turismo) auf die Waage. Und dann noch ein kurzes Stück Autobahn, nur um zu testen, ob die Beschleunigung wirklich so brachial ist, wie die Werte auf dem Papier versprechen. Die 625 PS schieben an, in ca. zwei Sekunden von 80 km/h auf die erlaubten 130.
Auf der Rossfeldhöhenringstrasse: Die Hecktriebler wurden vorsichtsheitshalber weggestellt
Neben langen Etappen über Landstraßen fuhren wir den Taycan Sport Turismo auch auf der für den öffentlichen Verkehr gesperrte Rossfeldstraße. In Serpentinen führt die in den 60er und 70er Jahren als Rennstrecke für den Lauf zur Europa-Bergmeisterschaft genutzte Straße auf knapp 1.600 Höhenmeter. Steigungen bis 13 Prozent und eine durchgehende Schneeauflage führten zu einem rutschigen Geläuf. Aufgrund des heftigen Schneefalls stellten die Schwaben zum Ausritt nur die Allrad-Varianten bereit.
Und der Porsche zeigt auch hier, was er kann! Dank der gelungenen Abstimmung zwischen den sehr guten Winterreifen (Pirelli P Zero Winter) und der Regelelektronik hatte man auf dem seifigen Untergrund das Geschoss stets unter Kontrolle und spürte trotzdem sehr genau, wann die Haftgrenze erreicht wird. Die verschiedenen Fahrmodi lassen einen Fahrstil von eher gesittet mit stetem Eingriff der Regelelektronik bis wild zu – dann muss man aber wissen, was man tut. Im Sport-Modus wird das sonst lautlose Fahren von einem künstlichen Motor-Sound untermalt und wir driften auf der gesperrten Rennstrecke durch die Serpentinen.
Besonders effiziente Antriebsstrategie
Es ist bei allen Versionen immer genug Power vorhanden. Stärkstes Modell ist der Taycan Turbo S Sport Turismo. Aus dem Stand beschleunigt er in 2,8 Sekunden von null auf 100 km/h. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 260 km/h. Reichweitenstärkste Version ist der Taycan 4S Sport Turismo mit einem Radius von bis zu 498 Kilometern nach WLTP. Als Vertreter des jüngsten Taycan-Jahrgangs fahren die Sport Turismo-Modelle mit Allradantrieb mit einer besonders effizienten Antriebsstrategie. Auch das Thermomanagement und die Ladefunktionen wurden verbessert.
„Den jüngsten Taycan Jahrgang haben wir Antriebsseitig in vielen Punkten verbessert“, erläutert Klaus Rechberger, Projektleiter Antrieb bei Porsche „die Änderungen bei Betriebsstrategie, Thermomanagement und Ladefunktion führen zu mehr Effizienz und längeren Reichweiten in der Praxis.“
Funktionales Format und viele praktische Details
Mit dem Taycan Cross Turismo teilt der Taycan Sport Turismo die sportliche Silhouette mit der nach hinten abfallenden Dachlinie und das funktionale Format. Im Gegensatz zu seinem Modellbruder verzichtet der Taycan Sport Turismo jedoch auf Offroad-Design-Elemente. Er ist auch mit Heckantrieb erhältlich. Die Kopffreiheit im Fond liegt mehr als 45 Millimeter über dem Wert der Sportlimousine. Auf dem Fahrersitz stehen zusätzlich neun Millimeter lichte Höhe zur Verfügung. Durch die große Heckklappe lässt sich der Gepäckraum komfortabler beladen als der der Limousine. Die Öffnung fällt zudem mit 801 Millimetern wesentlich länger und mit 543 Millimetern deutlich höher aus (434 beziehungsweise 330 Millimeter). Wem der Platz dann immer noch nicht reicht, für den hat Porsche auch hier einen Fahrradträger mit speziellen Halterungen für bis zu drei Bikes entwickelt und eine Dachbox, die laut Porsche PR Manager Mayk Wienkötter „auf deutschen Autobahnen getestet wurde.“
Panoramadach mit Sunshine Control
Das neue Panoramadach mit Sunshine Control verfügt als Besonderheit über einen elektrischen Blendschutz. Die große Glasfläche ist in insgesamt neun Segmente unterteilt, die einzeln angesteuert werden können. So können entweder Teilbereiche oder das gesamte Dach transparent oder undurchsichtig angesteuert werden. Wenn das Dach „matt“ geschaltet wird, bleibt der Innenraum Lichtdurchflutet. Sogar ein dynamischer „Rollo-Lauf“ ist möglich, wenn der Taycan-Fahrer mit dem Finger über die Darstellung des Daches im Display gleitet.
Remote Park Assist und Integration von Android Auto
Auch bei den Komfort- und Sicherheitsausstattungen und dem Infotainment wurde der Taycan Sport Turismo auf den neuesten Stand gebracht. Mit dem optionalen Remote Park Assist lässt sich das Ein- und Ausparken per Smartphone fernbedienen, ohne dass der Fahrer hinter dem Lenkrad Platz nimmt. Die automatische Steuerung ist in Längs- und Querparklücken sowie Garagen möglich. Das System erkennt Parklücken automatisch und vermisst sie mit Hilfe der Ultraschallsensoren und der Kamerasysteme.
Zusätzlich zu Apple Car Play ist seit dem letzten Modelljahres-Update auch Android Auto ins Porsche Communication Management eingebunden. Neben dem iPhone werden also auch Smartphones mit dem Google Betriebssystem Android unterstützt.
Durch das Porsche-typische Cockpit-Design ist der Platz für die Bildschirme des Infotainment-Centers begrenzt. Warum das Navigationssystem manchmal Anweisungen gab, dann aber wieder schwieg, erschloss sich nicht. Auch der Verzicht auf fast alle Knöpfe zugunsten einer Touchscreen zwischen den Sitzen macht die Bedienung vieler Funktionen nicht leichter. Die Sitzheizung musste immer mehrmals „ange-touch-t“ werden, bevor sie reagierte und für die Regelung der Lautstärke wäre ein Drehregler immer noch die beste Lösung. So muss man auch hier touchen und wischen…was der Fahrfreude am Lenkrad gerade auf kurvigen Strecken zuwiderläuft.
Charging Planner weiter verbessert
Zudem soll der Sprachassistent Voice Pilot Anweisungen in natürlicher Sprache nun noch besser verstehen, was in der Praxis durchwachsen gelang. Das Navigationssystem rechnet eine Idee schneller, nutzt bei den Points of Interests (POI) in erster Linie die Online-Suche und stellt seine Informationen übersichtlicher dar. Auch der Charging Planner wurde weiter verbessert, plant noch häufiger Schnellladesäulen ein und vermeidet kurze Ladestopps. Zusätzlich lassen sich die Ladestationen jetzt nach Leistungsklassen filtern. Alles kleine, aber feine Details, die aber nur auffallen, wenn man direkt aus dem „Ur-Taycan“ umsteigt.
Preise Porsche-typisch
Die Preispolitik der Schwaben ist immer wieder für eine Überraschung gut. Der Preisunterschied des Basismodells mit Heckantrieb zum Top-Modell mit Allrad beträgt schlappe 100.000 Euro. Auf Nachfrage, wie dieser unglaubliche Preisunterschied zustande käme, erklärte ein Porsche-Offizieller, da wären Leistung, Allrad, Hinterachslenkung, Materialien im Innenraum …. und die größeren Räder.
Auf der Rossfeldhöhenstraße kann man aber auch schon mit der „Basis“ jede Menge Spaß haben… Die Liste der Optionen ist ellenlang und viele Dinge, die bei diesem Fahrzeugpreis eigentlich selbstverständliches sein sollten, lässt sich Porsche extra bezahlen. Mit Zubehör, wie z.B. eine Wärmepumpe (844,90 Euro), elektrisch anklappbaren Außenspiegeln (297,50 Euro) oder einem Ladekabel (ebenfalls 297,50 Euro) summiert sich das zu einer stolzen Summe. Beim Testwagen des Autors jedenfalls standen 226.379,50 Euro auf der Preisliste, das sind netto knapp 190.240 Euro. Wer brutto unter der magischen 100.000-Euro-Marke bleiben will, sollte also sehr dezent und gut wählen. Als erstes Mitglied der Taycan Sport Turismo Familie kommt der GTS Ende Februar 2022 auf den Markt, die weiteren Versionen folgen Mitte März, lediglich drei Wochen danach.
Was bedeutet das?
Der Taycan Sport Turismo hat als „Shooting Break“ den Reiz des Außergewöhnlichen und bietet mehr Platz als der normale Taycan. Durch die niedrigere Sitzposition im Vergleich zum Cross Turismo hat man mehr Rückmeldung – und wer mit einem Porsche echt ins Gelände will, soll sich lieber einen Cayenne kaufen. Insofern kann der Sport Turismo tatsächlich „das Beste aus beiden Taycan-Welten“ sein, so wie der GTS für viele die „goldene Mitte“ zwischen der fast schon „zahmen“ Basis und den teuren Turbos sein kann.
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