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Fahrbericht Jaguar XF D200: Das siebte Leben der Katze

Mit dem Facelift sortiert Jaguar seine XF-Palette neu: Künftig treiben die Großkatze nur noch 2,0-Liter-Ingenium-Vierzylinder an. Wir haben den D200 als Kombi verkostet.

Grün, Steinmäuerchen und davor der Jag: An manchen Ecken ähneln sich Midlands und Taunus sehr stark. | Foto: G. Soller
Grün, Steinmäuerchen und davor der Jag: An manchen Ecken ähneln sich Midlands und Taunus sehr stark. | Foto: G. Soller
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Gregor Soller

Die Fraktion der gerne tief sitzenden und langstreckenden Wurzelholzfraktion mit Ladebedarf muss jetzt tapfer sein: Die Auswahl im Premium-Kombisegment schwindet gerade dramatisch dahin. Audi, BMW, Mercedes, Volvo und Jaguar sind noch übrig – und alle Modelle gehen in die letzten Runden.

Und die Nobelkatze scheint die Pandemie stärker getroffen zu haben als andere: Der elektrische XJ-Nachfolger wurde im letzten Moment gekippt und der XF – jetzt neben dem I-Pace die „Limousinen-Großkatze“ - wurden die Krallen gestutzt: Während es Audi A6 und Co. sich neben den Dieseln als Plug- in und mit Sechs- und Achtzylindern auch als Dienstwagen noch versuchen zu retten, was zu retten ist, kommt der XF nur noch mit mildhybridisierten 2,0-Liter-Ingenium Vierzylindern: Als 204 PS-Diesel, sowie als Benziner mit 204, 250 und 300 PS. Immerhin sparsamer und effizienter als je zuvor.

Vor allem bei den Dienstwägen wäre ein Plug-in wichtig gewesen

Das ist schade, denn gerade im Dienstwagensektor wäre ein Plug-in eigentlich ein Muss gewesen, doch diese Kombination blieb den Hochsitzen der Marke vorbehalten – XE und XF müssen weiterhin kabellos in ihren zweiten Lebensabschnitt starten. Startknopf gedrückt und der Vierzylinder knuspert los. Das tut er Dank der 150 kW und maximal 430 Nm Drehmoment sehr alert, wobei ihn die sanft schaltende ZF-Achtgangautomatik dezent und unmerklich unterstützt. So sollen WLTP-Verbräuche von 4,4 bis 4,5 l/100 km möglich sein, was auf den gewundenen Pfaden der Midlands und des Taunus, wo die Deutschlandzentrale sitzt, aber Makulatur bleibt: Am Ende verlangt die Katze in den meisten Fällen knapp unter sieben bis knapp unter neun Liter pro hundert Kilometer, was in Ordnung geht, aber eben keine Maßstäbe setzt. Eine Krux, die der Jaguar sich übrigens mit den meisten Großdieseln teilt – was auch ein ungern kommunizierter Beleg dafür ist, dass sich die Technik nach riesigen Sprüngen der letzten sieben Jahrzehnte eben langsam „ausentwickelt“ hat.

Britisches Detail: Die "Pfützenleuchte" in der Heckklappe

„Ausentwickelt“ scheint auch der XF zu sein, der ansonsten das übliche JLR-Facelift erhielt. Heißt: Frische Pivi Pro Connectivity mit 11,4“-Zentralscreen, die sich auch besser bedienen lässt, keine Gangwahl- oder Lüftungsdüsenshow mehr, sondern ein kricketballähnlicher Knubbel, auf dem jetzt die Fahrstufen gewählt werden. Dazu mehr Chrom und eine routinierte Verarbeitung samt offenporigen Holzeinlegern, die bei Jaguar aber immer etwas kunststoffig rüberkommen. Ja, Wurzelholz ist gerade megaout – aber nicht in britischen Fahrzeugen. Offenporiges graues Treibholz können Schweden einfach besser. Aber Jaguar hat durchaus praktische und teils sehr britische Ideen: Die aus einem Stück in einem Polymer-Material gefertigte Hecklappe wartet mit einer ordentlichen 1.061 Millimetern Öffnungsbreite auf und bietet eine LED-„Pfützenleuchte”, welche bei geöffnetem Kofferraum den Bereich unmittelbar hinter dem Fahrzeug beleuchtet.

Und so durchstreifen wir mit der 4,96 Meter langen Großkatze die Wälder, immer etwas melancholisch, dass man ihr zum Abschied nicht mehr gegönnt hat. Denn Komfort kann sie: Die mit modernster Nano-Technologie arbeitende und optionale Luftionisierung des Interieurs neutralisiert Allergene und unangenehme Gerüche und die PM2.5 Filtration, die ultrafeine Partikel – darunter solche der PM2.5 Kategorie – einfängt, reinigt die Luft noch weiter. Und da es in den Wäldern um Coventry und im Taunus auch mal schattig wird, öffnen wir die Jalousie des Glasdaches per Geste: Hier reicht eine einfache Vor- oder Rückwärtsbewegung der Hand im Bereich vor dem Innenrückspiegel. Und auch der XF hat die aktive Fahrbahngeräusch-Unterdrückung, welche das Diesel-Knuspern allerdings nicht ganz vertuschen kann.

Im Heck warten 563 bis 1342 Liter Ladevolumen auf neue Ideen und man würde gern zwei Tonnen von ihnen anhängen, zumal die luftgefederte Hinterachse Serie ist. Von Land Rover adaptierte man zudem den ClearSight-Innenrückspiegel. Der überträgt über eine in die Dachantenne integrierte Weitwinkelkamera das Bild des rückwärtigen Bereichs auf ein in das rahmenlose Spiegelgehäuse integriertes HD-Display. Man kann also viel Laden und trotzdem viel sehen nach hinten.

Doch stattdessen findet man die Leere eines Übergangs vor, der voll eingesetzt hat. Auch wenn man es bei der direkten Konkurrenz nicht ganz so merkt: Auch Audi A6 und Co. dürften in ihrer bekannten klassischen Form maximal noch einen letzten Nachfolger bekommen.

Was bedeutet das?

Sie suchen einen Langstreckendieselpremiumkombi der oberen Mittelklasse, der nicht von den deutschen Herstellern oder Volvo kommt? Dann können Sie genau dieses Auto wählen – das nach wie vor elegant und eigenständig vorfährt. Schade, dass der XF im letzten Aufguss ganz offensichtlich nur noch milde geliftet wurde. Das letzte Leben dieser Katze hat gerade begonnen!

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