Fahrbericht GAC Hyptec SSR: Tschüss, Bugatti?
Nicht mal mehr Bugatti ist vor chinesischen Konkurrenten sicher: International matchen sich Bugatti, Koenigsegg und Hennesy in er Über-1000-PS-Klasse um den schnellsten Hypercar – allerdings mit Verbrennern, maximal hybridisiert. Daneben tobt auf der Nordschleife des Nürburgrings tobt ein erbitterter Kampf der Starkstromer. Die Kombattanten heißen hier: Tesla Model S Plaid mit Track Package und einer Leistung von 750 kW / 1.020 PS sowie Porsche Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket, was 815 kW / 1.108 PS gleichkommt. Beeindruckend.
In China lächeln sie nur müde. Hyper-Sportwagen wie der Zeekr 001 FR (930 kW / 1.265 PS) oder der BYD Yangwang U9 mit 956 kW / 1.300 PS legen die Power-Messlatte noch mal ein ganzes Stück höher. Nun gesellt sich mit dem GAC Hyptec SSR ein weiterer Ultra-Bolide hinzu. Das Kürzel „SSR“ steht für Super, Sport sowie Race (Rennen) und der Name ist Programm. Die Daten: Der GAC Hyptec SSR hat 900 kW / 1.224 PS und beschleunigt in 1,9 Sekunden von null auf 100 km/h. Wahnwitzig, irre, atemberaubend. Damit lässt der Hyper-Sportler selbst einen F-1-Renner stehen.
Katapult-Start? Hier ganz einfach: Bremse treten, gleichzeitig voll aufs Gas, Bremse loslassen….Bääämmm!
Wir machen die Probe aufs Exempel und haben und hinter das Steuer des Flügeltürers geschwungen. Vor uns eine lange Gerade. Eine großartige Startprozedur ist nicht nötig. Ein Tritt auf das Bremspedal schaltet die E-Flunder scharf. Rauf aufs Gas und sofort geht das Spektakel los. Kurz ringen die mächtigen 305er-20-Zöller an der Hinterachse um Grip, das Heck zuckt und schon stürmt die E-Flunder mit der brachialen Urgewalt der 900 kW los. Die Wucht der Beschleunigung presst uns in die Schalensitze. In Nullkommanichts sind die 100 km/h erreicht, doch die wilde Hatz geht weiter bis 160 km/h. Lediglich das künstlich generierte und ebenso klingende Motorengeräusch passt nicht so recht zum Spektakel.
Die Kraft liefern drei eigenentwickelte E-Maschinen
Drei selbst entwickelte Elektromotoren bilden ein dynamisches Dreieck: einer an der Vorderachse mit 320 kW / 435 PS und zwei an der Hinterachse mit jeweils 290 kW / 394 PS. Die kompakten und leichten E-Maschinen (15 Prozent weniger Bauraum und um 20 Prozent geringeres Gewicht als konventionelle Elektromotoren) haben eine Leistungsdichte, von 10,5 kW/kg. Der maximale Wirkungsgrad des Antriebs liegt bei üppigen 94,5 Prozent und zwei Gänge ermöglichen eine Beschleunigung ohne Atemnot bei höheren Geschwindigkeiten. Das ist auch nötig, denn der chinesische E-Bolide erreicht 300 km/h.
Die Bremsen nutzen Raumfahrtechnologie!
Für diese technischen Feinheiten bleibt nicht viel Zeit, sorry. Denn eine Linkskurve setzt dem Vortrieb ein Ende. Wir steigen in die Eisen und die Bremsen packen unerbittlich zu. Einmal ist bei einem Kraftpaket, das fast zwei Tonnen wiegt und von 300 km/h verzögert werden muss, nicht genug. Damit die Bremsscheiben standfest sind, setzen die Techniker auf die Langfaser-Keramik-Technologie aus der Luft- und Raumfahrt. Wir bremsen den Hyptec SSR auf 50 km/h herunter und lenken ein. Der sechseckige Volant ist mit Alcantara bezogen und liegt erstaunlich gut in der Hand. Beim Durcheilen der Kurve ist ein sensibler Gasfuß gefragt, wer die Leistung zu radikal abruft, wird durch die Regelsysteme eingefangen. Also progressiv aus dem Scheitelpunkt herausbeschleunigen und schon zieht der SSR sauber seine Bahn. Adaptive Dämpfer helfen bei der Traktion.
Mit 1,9 Tonnen blieb der Hyptec SSR erstaunlich leicht
Die Karosseriehülle besteht aus Carbon, beim Rohbau des Rennwagens setzen die Techniker auf Aluminium und hochfeste Stähle. Klingt nach konsequentem Leichtbau. Dennoch wiegt der Hyptec SSR 1.9 Tonnen. Stattlich für einen Supersportler, aber leicht für einen Stromer dieses Kalibers. Die Chinesen können eben nicht aus ihrer Haut: Lederbezüge und Komfort-Ausstattung bringen Gewicht ins Auto. Rund 500 Kilogramm gehen auf das Konto der Batterie, die eine gar nicht so große Kapazität von 74,69 Kilowattstunden hat. Damit kommt der Hyptec SSR nach dem chinesischen Fahrzyklus CLTC bis zu 506 Kilometer weit, umgerechnet auf das europäische Messverfahren WLTP sind es rund 415 Kilometer. Passt. Dass ein solcher Über-Sportler kein Reichweitenjäger ist, liegt auf der Hand. Real dürften daraus je nach Fahrspass eher 300 minus x werden.
Auch an Alltagstauglichkeit wurde gedacht
Damit der Hyptec SSR auch alltagstauglich ist, haben die Ingenieure einiges an Technik und Assistenzsystemen in das Auto gepackt. Das Cockpit unterscheidet sich nicht großartig von dem der zahmen Artgenossen des GAC-Konzerns. Der zentrale Touchscreen misst 14,6 Zoll und das rechteckige digitale Instrumentenanzeige 8,88 Zoll. Auch eine Bedienung per Sprachbefehle ist möglich. Gut, schließlich sollte man bei diesem Gerät tunlichst die Hände am Lenkrad lassen. Die Fernbedienung erfolgt Tesla-mäßig über Drehknöpfe und in den Lenkradspeichen, aktiviert man Helfer wie den Tempomaten.
Beim Rangieren hilft eine Rückfahrkamera. Der Rückspiegel ist ebenfalls digital, aber den braucht man in einem solchen Auto selten. Der Preis ist so heiß wie das ganze Auto, wenngleich es absolut gesehen kein Schnäppchen ist: Der Hyptec SSR startet in China mit einem Preis von 170.000 Euro. Käme er nach Europa, würde unter 200.000 oder mit Zöllen unter 250.000 Euro wenig zu machen sein.
Was bedeutet das?
Natürlich braucht kein Mensch ernsthaft noch ein elektrisches chinesisches Hypercar. Aber eine weitere Marke zeigt damit, dass man es einfach KANN. Denn tatsächlich leistet sich der heißeste GAC im Alltag kaum echte Schwächen. Die könnten allenfalls Profis auf dem Rundkurs „erfahren“, wenn sie genug Erfahrung mit Bugatti und Co. haben. Genau gegen den richtet sich der GAC Hyptec SSR.
Den GAC Hyptec SSR fuhr für uns Wolfgang Gomoll von press-inform
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