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Fahrbericht Ford Mustang Mach-E: Starker Aufgalopp!

Nach der statischen und dynamischen Fahrpräsentation lud Ford jetzt zu einem längeren Ausritt auf seinem jüngsten Mustang – wobei der Mach-E den hohen Erwartungen gerecht wurde.

Stopp der Langeweile: Der neue Mustang Mach-E liefert elektrischen Fahrspaß zu bezahlbaren Tarifen. | Foto: G. Soller
Stopp der Langeweile: Der neue Mustang Mach-E liefert elektrischen Fahrspaß zu bezahlbaren Tarifen. | Foto: G. Soller
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Gregor Soller

Jetzt zählt es! Nach der statischen Premiere in Norwegen und vielen sportlichen und freudigen Runden auf dem (zum Glück regennassen) Ford-Testgelände im belgischen Lommel, wo sich der Mustang trotz heftiger Leitungseskapaden vergleichsweise sparsam zeigte, ging es jetzt in den Alltag. Dazu ließ Ford seinen jüngsten Hengst direkt vor den künftigen Haustüren des US-Konkurrenten Tesla südlich von Berlin aufgaloppieren – zur Strecke gehörte neben einem großen Landstraßenabschnitt im gezähmten Trab auch ein knapp 50 Kilometer langer Galopp auf der Autobahn, auf dem teils Topspeed möglich war.

Für die Ausfahrt stand die Allradversion mit Extended Range Akku bereit, die 258 kW (in alter Währung 351 PS) und 580 Nm Drehmoment aufbietet. Damit geht es bei Bedarf in 5,8 Sekunden auf 100 km/h und nach WLTP soll er mit einem Verbrauch von 18,7 kWh/100 km bis zu 540 Kilometer weit kommen. Es ist Anfang März, wir haben vier Grad Außentemperatur – und alle Hersteller geben immer sehr optimistische Reichweiten an. Wenn es mit Klimatisierung 400 echte Kilometer sind und wir unter 25 kWh/100 km blieben, wären wir schon zufrieden.

Mit dem großen Akku sind echte 400 Kilometer plus x drin

Und Fords jüngstes Pferd im Stall begnügte sich dann auch mit rund 24 kWh/100 km und hätte gut 415 Kilometer echte Reichweite geboten – womit der „Stang“ mit dem großen 88 kWh-Akku merklich weiterkommt als Audis e-tron, Daimlers EQC und Volvos XC40 Recharge P8 AWD. Bevor Sie also fortfahren, nach einer elektrischen Premiumalternative zu Tesla zu suchen, könnten Sie Ford fahren! Denn auch das straffe Fahrwerk, das in engen Kurven jederzeit nette „Auszucker“ mit den Hinterhufen erlaubt, macht Spaß und man spürt, dass es in Europa abgestimmt wurde. Einzig die Lenkung dürfte unserer Meinung nach noch eine Idee spitzer und direkter sein – der Mach-E vertrüge das locker. Matthias Tonn, der federführend alle US-Importe für Europa abstimmt, plädiert jedoch lieber für eine homogene und präzise Lenkung, die etwas „verzeihender“ ausgelegt ist. Er hätte stattdessen lieber noch stärker konturierte Sitze, wo die US-Kollegen ganz auf Komfort setzen. Trotzdem gerieten die Polster der großen Sitz unserer Meinung nach straff genug und Platz gibt es ohnehin für vier großgewachsene Passagiere.  

Satter Sound, ordentlich Platz

Dahinter gibt es 402 bis 1.420 Liter Kofferraum und vorn noch einen üppigen 81-Liter-Frunk mit Ablaufstöpsel dazu – für nasse Ladekabel, schmutzige Stiefel oder Sonstiges, was nicht hinten geladen werden soll. Platz und Komfort passen und auch die Haptik und Verarbeitung machen Freude. Das B&O-Soundsystem mit zehn Speakern ist nicht zu basslastig ausgelegt und verträgt auch volle Lautstärke, ohne dass es irgendwo in den Verkleidungen scheppert. Ein Subwoofer beifahrerseitig im Kofferraum nutzt dazu den ganzen Raum als Frequenzkörper. Das System wurde übrigens von Harman-Kardon in Köln, zu der B&O Automotive mittlerweile gehört, entwickelt – ist also so deutsch wie die Fahrwerksabstimmung.

Sync kann vieles besser, ist aber teils immer noch etwas schwer von Begriff

Außerdem hat Ford ein neues Sync-System eingeführt, das vieles kann – und etliches leider auch noch nicht: Einfach sagen, „Hey Ford, mir ist kalt!“ führt zu nichts – eine Angabe der gewünschten Gradzahl dagegen schon. Auch das Navi tut sich teils noch etwas schwer mit Ortsangaben – das können andere nach wie vor besser. Dafür ist der zentrale 15,5-Zoll Monsterscreen intuitiv bedienbar und die „Ford Pass-App“ kann vieles, sogar den Autoschlüssel ersetzen. Dazu können bis zu vier Smartphone-Nummern hinterlegt werden, plus Codes, die dann an der B-Säule eingegeben werden müssen. Nett für Carsharing, und für US-Ford-Kunden seit Jahrzehnten gelernte Praxis, aber nicht unbedingt praktischer als der gute alte Schlüssel. Das gilt auch für die bügellosen Türgriffe, die stattdessen über fitzelige Öffnungsdrücker verfügen.

Dafür kann man mit der Pass-App den Wagen von zu Hause aus vorkonfigurieren, was Ladestand und Temperierung angeht, kann die Route schon vorgeplant werden, zumal man über das Ford-Charging-Network Zugang zu 165.000 Ladepunkten EU-weit hat. Mit den Ionity-Schnelladern soll das Laden dann mit bis zu 150 kW wie bei Tesla klappen: Ist man registriert, erkennt die Ladestation den Mustang und der erkennt wiederum den Ionity-Schnelllader und man steckt einfach an und „tankt“. Rechnung wird digital abgebucht – so einfach kann es gehen. Außerdem zahlen Ford-Kunden hier nur 31 statt 79 Cent brutto pro kWh, was absolut wohlfeil ist, zumal man den Zugang zu Ionity das erste Jahr umsonst erhält, also hier keine „Grundgebühren“ hinzukommen. In 45 Minuten ist der Mach-E so wieder zu 80 Prozent geladen oder umgekehrt: Binnen zehn Minuten können bis zu 119 Kilometer nachgeladen werden. Ansonsten kann der Mach-E mit bis zu 11 kW AC laden, womit er nach gut sechs Stunden wieder zu 80 Prozent geladen sein soll.

Die Fahrprogramme: Schon in "zahm" kann der Mustang hinten dezent auskeilen!

Ford hat also an vieles gedacht, auch an Fahrprogramme: Es gibt „zahm“, „aktiv“ und „temperamentvoll“, Letzteres aus dem englischen „unbrideled“ abgeleitet, was schrankenlos und ungezügelt bedeutet und tatsächlich aus dem Umfeld der Mustang-Züchter stammt. Schon bei „zahm“ zieht der Mustang ordentlich los, aktiv – gut – ist eben etwas aktiver und „temperamentvoll“ dann wirklich temperamentvoll, unterlegt von einem künstlichen Donnersound, der uns gut gefiel. Man kann ihn aber auch wegschalten oder in den anderen Modi dazu holen.

Gelungener Einpedalmodus

Gleiches gilt für den Einpedalmodus, der fein abgestimmt ist und über Land oder im urbanen Raum echt Sinn macht. Einen Großteil des ersten Streckenteils fuhren wir so und brauchten die Betriebsbremse kaum. Ab 100 km/h rekuperiert dieser Modus dann allerdings nur noch wenig und man sollte nicht zu schnell in Tempolimits hineinbrettern – denn erst ab 80 km/h abwärts greift der One-Pedal-Mode dann merklich zu. Doch genau so soll es sein. Ebenso wie die heckantriebsbetonte Auslegung des Allrads, der bei plötzlich getretenem Fahrpedal immer einen kleinen Heckschwenk zulässt – auch auf trockener Straße im zahmen Modus! Da blitzt er wieder durch, der ungezähmte Mustang, samt der Lust der Ford-Mannen, mal wieder eine echte Ikone auf die Räder zu stellen. Gut, dass sie sich dabei auch in Palo Alto orientiert haben und ihren Mustang vor den Toren Grünheides schon mal aufgaloppieren lassen.

Die Preise starten bei 46.900 Euro brutto, das sind knapp 39.412 Euro netto, was 9.000 Euro Förderung bedeutet – für den kleinen Akku mit Heckantrieb. Das Topmodell kostet 62.900 Euro, was knapp 52.858 netto sind, gut für 7.500 Euro Förderung. Und: Mehr als 67.000 Euro brutto gibt die Sonderausstattungsliste nicht her. Kann gut sein, dass Ford seine geplante Stückzahl für Europa bald drastisch erhöhen muss, denn aktuell galoppiert ihr Mustang im Reigen der starken Midsize-CUV ganz vorn mit. Wir raten hier zum Hecktriebler mit großem Akku, dem Reichweitenking, der mit 294 PS und 430 Nm immer noch genug Power hat, echte 450 Kilometer schaffen sollte und ab 54.475 Euro brutto kostet, das sind gut 45.777 Euro netto vor Abzug der Förderung. Womit Fords erster Elektro-Hengst markentypisch gut eingepreist ist.

Was bedeutet das?

Der Mustang Mach-E gehört aktuell zu den besten Stromern seines Segments! Hier nützt den Ford-Mannen ihre Nähe zu Tesla und dass sie anscheinend auch schon etwas Know-How haben, wie man effiziente E-Maschinen macht. Die sind nämlich eine Eigenentwicklung und sorgen mit dem gekonnt ausgelegten Fahrwerk für Fahrspaß. Weshalb wir ihn auch wegen seiner Effizienz (und des vergleichsweise geringen Gewichtes) aktuell vielen deutschen Premiums vorziehen würden.

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