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Fahrbericht Cupra Tavascan: Taffe Ansage!

Der Tavascan tritt als Endurance mit 210-kW-Heckmotor oder als allradgetriebener VZ („Veloz“) an – dann stehen 250 kW bereit. Wir sind Letzteren schon mal gefahren und haben seine "Veloz" getestet.

Knackige Proportionen und ein günstiger cW-Wert von 0,26 kennzeichnen den Tavascan. | Foto: Cupra
Knackige Proportionen und ein günstiger cW-Wert von 0,26 kennzeichnen den Tavascan. | Foto: Cupra
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Gregor Soller

Du kommst spät, Amigo, möchte man dem Tavascan zurufen. Tatsächlich schufen ihn die Cupra-Designer bereits 2019 als Designstudie mit wildem Interieur. Die Studie begeisterte derart, dass man sie auf MEB-Basis realisierte – auch wenn sie etwas spät kommt, denn der Wind hat sich in vielerlei Hinsicht gedreht und bläst dem Tavascan jetzt ins Gesicht: Elektromobilität befindet sich gerade in einer dezenten Delle. Die Verkäufe liegen um 30% niedriger als noch 2023, gefördert wird nix mehr und die Konkurrenz auch aus Asien wächst.

Womit wir beim nächsten Problem wären: Damals gab es angeblich nur im chinesischen VW-Werk Anhui noch Kapazitäten, weshalb der Tavascan nur dort produziert wird, obwohl er in Asien gar nicht auf dem Markt ist. Und nachdem die USA auf chinesische Autos gerade 100% Zölle erheben und auch Europa in diese Richtung denkt, hätte man vielleicht anders geplant, zumal Dresden, Zwickau und Emden mit ihren MEB-Produkten ihre Kapazitäten bei Weitem nicht auslasten…

Und: Der Tavascan ist zwar der Jüngste im Konzern-Midsize-SUV-Quartett aus Audi Q4 e-tron Sportback, Skoda Enyaq Coupé und VW ID.5, muss aber grundsätzlich die gleiche Technik nutzen, auch wenn Cupra betont, dass man sich hier die besten Teile aus dem Regal gegriffen haben.

Das Fahrwerk ist keine Überraschung - im positivsten Sinn

Das vorweg, um ihn einordnen zu können, denn: Er fährt sich unspektakulärer als er aussieht. Dass er toll, gar komfortabel fahrwerken kann, haben wir erwartet, dass er mit 2,76 Meter Radstand bei 4,64 Meter Außenlänge innen genug Platz für vier oder gar fünf größere Reisende samt Gepäck bietet auch und klar, dass er als VZ ordentlich Dampf hat und wegen der Asynchronmaschine vorn nicht so ganz sparsam sein kann: Bei uns pendelten die Verbräuche bei 20 bis 23 Grad im Mix (Stadt, Land, Autobahn mit max. 130 km/h) zwischen 20,4 und 24,8 kWh/100 km – da hätten wir ehrlich gesagt etwas weniger erwartet…zumal der VZ mit 16,6 kWh/100 km nach WLTP angegeben ist, was bis zu 522 km Reichweite bringen soll. Real reicht der 77-kWh-Akku halt dann noch eher nur 380 Kilometer plusminus x, genügt aber auch. Immerhin soll er DC mit bis zu 185 kW laden können, womit man im Idealfall in weniger als 30 Minuten von 20 auf 80% geladen hat, AC klappt leider nur mit 11 kW…

Seine Stärke: Das Exterieur- und vor allem Interieurdesign!

Womit der Tavascan jetzt eben keine so wirklichen Glanzlichter setzen kann, was ihm designtechnisch dafür umso besser gelingt: Die Dreieck-LEDs-Tagfahrleuchten vorn samt beleuchtetem Cupra-Logo sind schon Show, ebenso wie die LED-Rückleuchten. Hier setzt er durchaus schicke Akzente, wobei man ganz streng genommen sagen muss, dass sich chinesische Hersteller ähnliche Proportionen, aber vielleicht nicht ganz die Details trauen.

Die sich innen mit einer Armaturentafel fortsetzen, die ein ganz starkes Designthema hat: Wie ein T-förmiger Knochen wächst eine Kommandobrücke von der Mittelarmlehne in die Armaturentafel hinein – das ist ein ganz starkes Statement, ähnlich krass traut sich so etwas nur Peugeot beim 3008! Nutzt hier aber intelligentere Oberflächen, während die Vorserien-Tavascan mit einer Hartplastik-Oberfläche versehen wurden, die einem Playmobildrachen gleicht…soll in Serie mit Softlack (der sich hoffentlich nicht ablöst – das Problem hatten wir in den späten 1990ern schon mal) noch besser aussehen. Wäre wünschenswert, denn sonst gefällt die Optik mit den matten, alcantara-ähnlichen Oberflächen, dem sauber nach innen geschlagenen und nicht einfach abgeschnittenem Dachhimmel und den Sportsitzen, die gern etwas mehr Oberschenkelauflage haben dürften. Alles wertig gemacht, auch die Verkleidungen der hinteren Türen und sogar die Hutablage, die heute bei vielen auf kreativste Art kaputtgespart wird.

Strömen im strömenden Regen: "Comfort" fühlt sich am ausgewogensten an

Und so strömen wir bei strömendem Regen durch katalanische Hinterland, immer genug Punch nicht nur an der Hinterhand, um auch mal schnell irgendwo einzuscheren, Lücken im Stadtverkehr Barcelonas zackig zu schließen und genießen das ausgewogene Fahrwerk, das in „Comfort“ tatsächlich auch am komfortabel-ausgewogensten ist. In Sport wird alles knackiger und bleibt fein austariert, während der Tavascan in „Cupra“, also dem „Cup-Race-Mode“ eigentlich nur hektisch und hibbelig wird, während er in „Max-Range“ dezent zäh aufs Fahrpedal reagiert. Was fürs Bremspedal immer gilt – irgendwie hat es einen nun ja, sehr dezent definierten Druckpunkt…auch hier nutzt Cupra Bewährtes, heißt vorne MacPherson-Federbeine, hinten die grundsätzlich bekannte Mehrlenker-Hinterachse, welche aber eben nochmal extra abgestimmt wurden. Die Gewichtsverteilung beträgt 49:51, womit er leicht hecklastig ausgelegt ist, was der Fahrfreude zuträglich ist. Dabei hilft auch die sauber abgestimmte Progressivlenkung, die unserer Meinung nach ruhig noch eine Idee direkter und straffer ausgelegt sein könnte.

Also: Man sitzt gut, man fährt gut, hat Platz und ein echt eigenständiges Interieurdesign. Das leider auch den 15“-Konzernscreen mit beleuchteten Touchbars trägt samt der neuen größeren Icons. Man findet sich nach einiger Zeit gut zurecht, aber die ganz große Offenbarung ist es ergonomisch nach wie vor nicht. Man muss oder kann viel Zeit in Untermenüs verbringen und kann bei Apple Car Play nur dann mit einem Fingertipp ins Navi zurück, wenn man die Klimatisierung bedient, sonst braucht es immer zwei Rücksprünge. Und klar, aus Sicherheitsgründen schmeißt er alle Nerv-Fahrassistenten wieder rein, sobald man nur aussteigt – den Tavascan aber angeschaltet lässt. Praktisch sind die personalisierbaren Widgets: Durch zwei extra Widget-Banks kann man auch direkt auf die Hauptfunktionen oder einem wichtige Anzeigen des Autos zugreifen.

Sauber abgestimmtes Sennheiser-Soundsystem

Ohne Fehl und Tadel war das sogenannte „High-Fidelity-Soundsystem mit zwölf Speakern“, das mit Sennheiser Mobility extra für den Tavascan entwickelt wurde. Das 425-Watt-System bietet klaren Klang und hat auch die sogenannte AMBEO Concerto Software von Sennheiser an Bord: Diese soll laut Cupra „die grundlegenden Komponenten der Musik, einschließlich verschiedener Instrumente und Rauminformationen, destillieren und im ganzen Fahrzeug verteilen“ können. Wir fanden es im Standard minimal basslastig, aber tatsächlich kann man eine gute, aber nicht störende Umhüllung hinbekommen. Zumal Cupra einem weiterhin die Wahl lässt in Untermenüs an allen möglichen Reglern zu drehen, was Akustikprofis schätzen dürften.

Car2X soll Unfälle vermeiden helfen

Hilfreich kann in der einen oder anderen Situation das Car2x-System sein: Es lässt den Tavascan mit anderen Fahrzeugen kommunizieren. Hierfür werden Straßeninformationen über Rettungsfahrzeuge, liegen gebliebene Fahrzeuge, Unfälle usw. geteilt, um kritische Situationen schon im Voraus verhindern zu können. Wir konnten keine derartige Erfahrung machen, wohl aber eine Notbremsung aus heiterem Himmel, als wir rückwärts in eine senkrechte Lücke stoßen wollten. Sie war breit genug, es war nichts im Weg, klassischer Fehlalarm. Womit er uns am Ende doch noch mal ein spektakuläres Fahrerlebnis bescherte.

Unspektakulär dürfte die Bestellung werden, denn das Angebot wurde so weit wie möglich vereinfacht (was auch mit der Logistik aus China zusammenhängt): Es gibt den Endurance mit 210 kW oder den VZ mit 250 kW Dual Engine-Allradantrieb, dazu fünf Farben: Tavascan Blue, White Silver, Atacama Desert, Basalt Grey und Century Bronze Matt, Letzteres erst ab dem dritten Quartal 2025! Und dann muss man entscheiden, ob man sich noch das Immersive-Paket gönnt, welches das: Sennheiser Audio-Soundsystem, eine 360-Grad-Top-View-Kamera, elektrische und beheizbare Vordersitze aus recycelter Mikrofaser und 20-Zoll-Leichtmetallfelgen mitbringt. „Adrenaline“ vergrößert die Räder auf 21 Zoll mit Kupfereinlagen und packt noch Matrix-LED-Scheinwerfer, AR-Head-up-Display, Sportfahrwerk mit DCC-Technologie und ein Panorama-Schiebedach drauf. Bei unseren Testwagen nicht verbaut war das Extreme-Paket mit Hochleistungsreifen und belüfteten CUP-Bucket-Sitzen in Leder.

Absolut ratsam ist aber das Winterpaket, denn es bringt eine Wärmepumpe, beheizbare Vorder- und Rücksitze und eine beheizbare Windschutzscheibe mit. Das alles ist leider nicht ganz günstig: Die Preise starten ab 56.210 Euro. Zum Vergleich: Ein Basis VW ID.5 kostet mit 210 kW ab 49.485 Euro und auch bei Audi fanden wir 210-kW Q4 e-tron, die günstiger starteten. Auch der allerdings nur 210 PS leistende Peugeot E-3008 Allure startet bei 48.650 Euro, Teslas Model Y Max Range beginnt bei 48.990 Euro. Wie gesagt, der Tavascan kommt spät: Er kann ab Juni 2024 bestellt werden; die Auslieferung beginnt im Herbst.

Was bedeutet das?

Auch der Tavascan profitiert vom Cupra-Image und Designfreiheiten, die einem ge- oder missfallen können. Er fährt sich fein, ist ebenso fein verarbeitet, aber die ganz großen technischen Highlights schenkt er sich leider, weshalb er sich vor allem über die Optik verkaufen dürfte: Technisch liegt er sehr brav nah an seinen Geschwistern, preislich leider massiv darüber: Für „made in China“ ist er zu teuer.

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