Werbung
Werbung

Fahrbericht Alfa Romeo Giulia: Drei LEDs für ein Halleluja

Alfas Giorgio-Plattform gleicht einem Italo-Krimi: Mit Riesenaufwand entwickelten die Italiener einen Konkurrenten gegen BMW und Co. – dessen Verkaufszahlen aber trotz seiner freudigen Fahreigenschaften so schlank blieben wie das Auto selbst. Spaß macht Giulia trotzdem immer noch!

Letztes Update: Die neue Giulia erkennt man an den drei Tagfahr-LEDs vorn. | Foto: G. Soller
Letztes Update: Die neue Giulia erkennt man an den drei Tagfahr-LEDs vorn. | Foto: G. Soller
Werbung
Werbung
Gregor Soller

Leicht, lässig - im fortgeschrittenen Alter nimmt sich die Giulia nicht mehr so ernst, heißt: Das neueste Facelift umfasst genau genommen nur ein bisschen Schminke um die Augen und im Anzeigendisplay: Neue Matrix-LED-Scheinwerfer, mit denen die 3+3-Anordnung der Scheinwerfer zurückkehrt. Erstmals kam die bei Alfa mit dem „Mostro“, dem SZ Zagato und ging bei 159, Brera und Spider in Großserie ging. Dazu spendierte Alfa ein neues Instrumentencluster und eine Neusortierung der Modellpalette.

Drei plus drei LEDs, drei Motoren und drei Ausstattungen für ein Halleluja

Motorisch beschränkt man sich auf den 2,1-Liter-JTD mit 210 PS und den 2,0-TBI mit 280 PS. Später zieht man dann noch den 510-PS Quadrifolglio nach – 2025 soll dann der Nachfolger auf Stellantis-Large-Plattform kommen, rein elektrisch und den Gerüchten nach auch mit 1.000 PS plus. Was ein bisschen wirkt, wie die vier Fäuste für ein Halleluja, wenn sich Bud Spencer und Terence Hill mal wieder gegen eine Übermacht an Gegnern prügeln. In dem Fall wären das vor allem die deutschen Premiums, Tesla und die chinesischen Hersteller. Doch aktuell lassen sich die Italiener nix anmerken und dösen wie die beiden Helden im Italo-Western in der Sonne.

Leergewicht fast wie in der Kompaktklasse

Wir starten mit der Giulia als Benziner, die wir als Competizione-Einführungsmodell ausgriffen. Im matten Sonderlack „Moonlight Grey“ und als Benziner ab 63.250 Euro brutto eingepreist, das sind knapp 53.152 Euro netto. Der Diesel ist übrigens brutto 2.500 Euro günstiger. Darunter rangieren der Veloce (auf dem der Competizione basiert), TI (eher elegant) und „Sprint“. Macht in Summe noch sechs Modelle. Die Leergewichte starten bei rund 1,5 Tonnen, was mittlerweile eher Kompaktklasse-Niveau ist und entsprechend leicht fährt sich Giulia dann auch.

Schade, dass der Motorsound nicht ganz dazu passt: Der 2,0-Liter Turbo klingt leider vergleichsweise lau und rau, was man durch den dann-Drehschalter noch verstärken kann, in dem man ihn auf „a“ stellt und so für asthmatische Trägheit sorgt, die gar nicht nötig ist: Auf n wie „normal“ reagiert Giulia merklich agiler und findet in der Regel immer den perfekten Gang, während der „Sportmodus d“ die Gänge immer „vorspannt“ und so – wie bei fast allen anderen Autos mit entsprechenden Fahrmodi unnötige Hektik ins Auto bringt.

Fahrwerk und Lenkung gehören nach wie vor zum Besten, was das Segment zu bieten hat

Dafür kriegt man bei einem ordentlichen Tritt aufs Gas auch das Heck dezent hektisch und man spürt, dass Giulia in der Regel die Hinterläufe antreibt – geht denen der Grip aus, gibt es beim Competizione immer noch ein mechanisches Sperrdifferenzial und die Vorderräder, die bei Bedarf bis zu 50 Prozent der Antriebsleistung übernehmen können. Zusammen mit der direkten Lenkung und sauberen Abstimmung des leichten Fahrwerks gehört die Giulia damit noch immer zu den fahraktivsten Mittelklasselimousinen. Die sich noch dazu gut bedienen lassen.

Verbrauch, Infotainment, Platz im Fond – Punkte, um die sich die Giulia nicht viel schert

Und sich sonst nicht viel um den Rest scheren: Halbwegs spaßig gefahren, säuft das Mädel wie ein Loch und lässt sich schnell auch mal 10l/100 km schmecken. Um auf den ohnehin nicht zu optimistischen Normverbrauch von 7,5 bis 8,4 l/100 km zu kommen, fordert sie Streicheleinheiten mit dem Gasfuß.

Umstieg auf den Diesel in Veloce-Ausstattung: Hier verknuspert die „Fiat Pratola Serra modular engine“ (intern auch einfach Family B engine genannt) rund 7,0l/100 km. Mit 450 Nm ab 1750 Touren fühlt sich der Diesel aber fülliger an als der Benziner, der seine vollen 400 Nm erst ab 2.250 Umdrehungen beieinander hat.

Die Verbrauchsanzeige meldet nur zwischen 2,0 und 15,0l/100 km

Der kleine Zentralscreen zeigt die nötigsten Oberflächen an, während sich die Verbrauchsanzeige immer auf Werte zwischen minimal 2,0 und 15,0 Liter pro 100 beschränkt. Nullförderung bei Schubabschaltung oder 50 Liter plus x nach dem Kaltstart – ich muss doch bitten! Wie oft kommt das vor? Und wer braucht schon viel Platz im Fond einer sportlichen Limousine des D-Segments?

Kleingeister, die können ja Skoda Superb oder Tesla Model 3 fahren. Letzteres bietet hier merklich mehr – ist aber mit der fast zehnfachen verkauften Stückzahl in Deutschland ein mittlerweile völlig banales Auto, mittlerweile tatsächlich 100.000-fach verkauft. Seit 2016 konnte Alfa Romeo keine 10.000 Giulias auf Deutschlands Straßen bringen (was sich 2023 ändern dürfte). Das erklärt auch, weshalb sie sich im Herbst ihres Lebens mit etwas Schminke um die Augen und im Instrumentencluster beschränkt. Die Preise starten bei 54.250 Euro brutto, das sind knapp 45.590 Euro netto.

Was bedeutet das?

Anfang des Jahres hat Alfa Romeo die Giulia im Gewerbeleasing tatsächlich für 276,47 Euro rausgehauen! Immer in rot, nicht konfigurierbar, aber eben mega-günstig. Half, der Absatz zog an, wie er das überhaupt 2022 tat: Da konnte Alfa in Deutschland mehr Giulias zulassen als 2020 und 2021. Trotzdem oder gerade weil sie teils so aus der Zeit gefallen ist, fährt sie sich immer noch sehr sympathisch – trotzdem wird es Zeit für die rein elektrische Nachfolgerin, die ab 2025 in den Starlöchern stehen soll.

Werbung
Werbung