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Europa beschließt Verbrenner-Aus - nur Lkw dieseln noch nach

Das EU-Parlament besiegelt das Verbrenner-Aus für Pkw in Europa final. Allerdings lässt die Europäische Kommission mit ihrem Vorschlag bei Lkw viel Spielraum, deren Emissionen erst ab 2040 um 90 Prozent sinken sollen. Bis 2050 würden Trucks damit noch "nachdieseln".

Auch für Verbrenner-Lkw könnte es nach dem heutgen Vorschlag der Kommssion eng werden ab 2024. (Foto: Daimler Truck)
Auch für Verbrenner-Lkw könnte es nach dem heutgen Vorschlag der Kommssion eng werden ab 2024. (Foto: Daimler Truck)
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von Christine Harttmann

Das Europäische Parlament hat das Verbrenner-Aus für Pkw in Europa endgültig besiegelt. Zugleich hat die Europäische Kommission einen Vorschlag präsentiert, der auch bei Lkw ein wenig stärker die Daumenschrauben anlegt. Ab 2040 sollen auch deren Emissionen um 90 Prozent sinken. Mehrheitlich votierte das Europäische Parlament in seiner heutigen Sitzung für die Zielvorgaben von null Prozent CO2-Ausstoß für Pkw und Lieferwagen ab 2035. Mit 340 zu 279 Stimmen hat das Europäische Parlament mehrheitlich dem Trilog-Ergebnis zu den CO2-Flottengrenzerten für Pkw und Kleintransporter zugestimmt. Damit dürfen ab 2035 keine Pkw- und Lieferwagen-Verbrenner mehr in der EU zugelassen werden. Die Hersteller bleiben noch gut zehn Jahre für die Transformation hin zur Elektromobilität. Für den Weg dahin hat die EU einige Zwischenziele definiert. So gilt für 2030, dass die Flottengrenzwerte bei Pkw um 55 Prozent und bei Kleintransporter um 50 Prozent im Vergleich zu den Werten für 2021 sinken sollen.

In das Gesetz geschafft hat es allerdings der sogenannte „Ferrari-Text“. Hersteller, die pro Kalenderjahr nur kleine Mengen produzieren – also 1000 bis 10.000 neue Pkw oder 1000 bis 22.000 neue leichte Nutzfahrzeige –, können bis 2035 von den Verpflichtungen ausgenommen werden. Wer weniger als 1.000 Neufahrzeuge pro Jahr produziert, ist auch in Zukunft davon ausgenommen.

Die FDP drückte ihren E-Fuel-Zusatz durch

Als Teil des Gesamtpakets musste das Parlament den von der FDP erzwungenen, deutschen Erwägungsgrund ("recital") zu E-Kraftstoffen (synthetische Kraftstoffe) akzeptieren. Die Kommission wird darin aufgefordert, "einen Vorschlag für die Zulassung von Fahrzeugen nach 2035 zu unterbreiten, die ausschließlich mit CO-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, die mit dem EU-Recht in Einklang stehen, nicht in den Anwendungsbereich der Flottenstandards fallen und mit dem Ziel der Klimaneutralität der Union übereinstimmen". Mehr als dieser Erwägungsgrund sei jedoch nicht zu E-Kraftstoffen hinzugefügt, ein Erwägungsgrund habe rechtlich fast keine Bedeutung, urteilt der Grünen-EU-Parlamentarier Michael Bloss.

Kein Verbrenner-Aus für Lkw bis 2050

Ein vollständiges Verbrenner-Aus auch für den Lkw, wie von einigen gefordert, wird es hingegen vorerst nicht geben. Der aktuelle Kommissionsvorschlag fordert für Lkw und Busse, die Emissionen am Auspuff um 45 Prozent bis 2030, um 65 Prozent bis 2035 und um 90 Prozent bis 2040 zu senken. Allerdings soll für Stadtbusse eine 100-prozentige Reduzierung der Emissionen ab 2030 gelten. Von einem Rückschlag für den Klimaschutz sprach daher die europäische Umweltdachorganisation T&E. Nach deren Einschätzung würde damit das EU-Ziel der Klimaneutralität ins Unerreichbare rücken. In der Praxis bedeute das, dass Diesel-Lkw auch 10 Jahre später, im Jahr 2050 unterwegs sein würden. Die NGO fordert die EU-Abgeordneten und Regierungen auf, die Frist für emissionsfreie Lkw auf das Jahr 2035 zu legen. Deutsche Hersteller seien führend bei emissionsfreien Lkw. Ohne eine klare EU-Frist würden Investitionen nicht schnell genug umgeleitet.

"Dabei werden bis 2035 praktisch alle neuen E-Lkw im Betrieb günstiger sein als Dieselfahrzeuge und dabei genauso weit fahren und genauso viel transportieren", erklärte T&E-Deutschland-Geschäftsführer Sebastian Bock. Anders sieht das Michael Bloss, industrie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament.

„Europa meldet sich zurück im Rennen um die reichweitenstärksten Batterien und modernsten Autos. Denn jetzt haben wir einen klaren Rahmen für die Autoindustrie gesetzt, der Kurs auf die Elektromobilität nimmt. Die Industrie braucht Planungssicherheit – und diese geben wir ihr: Der Verbrenner ist Geschichte, ab 2035 werden keine mehr zugelassen“, freute sich Bloss.

Der Politiker betont, dass den Herstellern über zehn Jahre Zeit für den Umbau bleibe.

„Wer jetzt noch auf das Verbrenner-Pferd setzt, gefährdet den Industriestandort Deutschland und Europa. Wir müssen uns nun um den Aufbau der Batteriefabriken und Ladeinfrastruktur kümmern. Hier haben wir noch Nachholbedarf“, so Bloss.

Dass sich die Kommission zu keinem Verbrenner-Aus für Lkw durchringen konnte, bedauert der Europa-Parlamentarier hingegen.

„Mit diesem Vorschlag gefährdet die Kommission ihr eigenes Klimaziel, bis spätestens 2050 klimaneutral zu werden“, so Bloss

Etwas anders sieht es Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP. Er macht sich weiter für eine technologieoffene Herangehensweise stark:

„Um unsere Klimaziele zu erreichen, müssen wir uns alle Möglichkeiten und Technologien offenhalten. Europa hat sich darauf verständigt, dass von 2035 an nur noch klimaneutrale Pkw auf den Markt kommen sollen. Wir dürfen dabei nicht auf E-Fuels verzichten. Sowohl für die Bestandsflotte als auch für neue Fahrzeuge bieten E-Fuels klimaneutrale Mobilität mit Verbrennungsmotoren. Das gilt auch für Lkw und Busse.“

Mit sehr deutlicher Kritik reagierte der Europaabgeordnete und verkehrspolitische Sprecher der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber:

„Mit dem heutigen Vorschlag werden analog zu den Pkw nun auch die Flottengrenzwerte für Lkw stückweise eingeleitet. Auch wenn die Kommission mit ihrem 90 Prozent bis 2040 Ziel kein totales Verbrennerverbot vorschlägt, so ist die Messe im Parlament und im Rat alles andere als gelesen.“

Sozialdemokraten, Linken und Grünen sei es beim Pkw bereits gelungen, ein komplettes Verbot des Verbrenners durchsetzen.

„Koppelt man das Verbrennerverbot für Pkw an den Vorschlag für Flottengrenzwerte für Lkw, ist der letzte Nagel im Sarg des Verbrennungsmotors quasi versiegelt“, fürchtet Ferber.

Das regulatorische Korsett werde dabei immer enger geschnürt. Der CSU Politiker kritisiert weiter:

„Europa hat die Chance verpasst mit Regulierung die richtigen Anreize zu setzen und Mobilität sowie Technologieneutralität zu fördern. In Brüssel droht sich abermals Verbotspolitik statt Technologieoffenheit durchzusetzen.“

Enttäuscht zeigte sich auch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK).

„Wer schnelle Erfolge bei der CO2-Reduktion erzielen will, muss den aktuellen Fahrzeugbestand in den Blick nehmen“, betont ZDK-Präsident Jürgen Karpinski.

In Deutschland seien das rund 46 Millionen Pkw und weltweit 1,2 Milliarden Pkw mit Verbrennungsmotoren.

„Mit E-Fuels, erzeugt aus erneuerbaren Energiequellen, könnten alle diese Fahrzeuge klimaneutral angetrieben werden, und die bestehende Tankstellen-Infrastruktur wäre vorhanden. Dieser Weg wird durch das Parlaments-Votum verbaut. Das ist realitätsfern, denn in zahlreichen anderen Märkten außerhalb Europas werden auch nach 2035 noch viele Fahrzeuge mit Kolbenmotoren zugelassen werden.“

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