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Ende der Chipkrise in Sicht?

Es herrscht Uneinigkeit bei Autoproduzenten und Chipherstellern, wann und wie der Halbleitermangel zu bewältigen ist.

Das Herz jedes modernen Fahrzeugs -Chips sind gerade Mangelware.| Foto: pixabay-ColiN00B
Das Herz jedes modernen Fahrzeugs -Chips sind gerade Mangelware.| Foto: pixabay-ColiN00B
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Thomas Kanzler

Führende Automobilchiphersteller wie NXP Semiconduktors und Infineon prognostizieren, dass der Engpass bei den Chips trotz Produktionssteigerungen anhalten wird. Ein Unsicherheitsfaktor ist weiterhin die Coronavirus-Pandemie und deren Einfluss auf Lieferketten.

Infineon vermeldete, dass sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei einigen Chips für die zweite Hälfte dieses Jahres verbessern würde, aber der Markt für ausgereifte Chips - entscheidend für die Automobilhersteller - würde eng bleiben. Der Halbleiter-Hersteller befürchtet, dass die Ausbreitung der COVID-19-Variante Omicron China mit seiner Null-COVID-Strategie dazu veranlassen würde, Fabriken zu schließen und das Angebot einzuschränken.

"Die Angebotsbeschränkungen sind noch lange nicht überwunden und werden bis weit in das Jahr 2022 andauern", sagte Reinhard Ploss, Vorstandsvorsitzender von Infineon, während eines Investorengesprächs.

NXP erklärte, die Branche würde in diesem Jahr nicht aus dem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herauskommen. Halbleiterhersteller haben einen Anreiz, sich auf die neuesten, teuersten Chips zu konzentrieren. Erhebliche Lieferengpässe wird es bei sogenannten "Legacy-Knoten" geben, das sind die weniger anspruchsvollen Chips, die in Energieverwaltungs- und Anzeigegeräten verwendet werden.

Chiphersteller erwarten Entlastung erst ab 2024

Der Bau einer Chipfabrik dauert einige Jahre, um die maximale Kapazität zu erreichen vergehen noch einmal etwa zwei Jahre. Das Unternehmen STMicroelectronics, ein europäischer Halbleiterhersteller mit seinem Hauptsitz in Kanton Genf, vermeldete, dass es bis 2024 oder 2025 dauern würde, um eine erhebliche Kapazitätserhöhung zu sehen.

"Es gibt ein paar der Fabs, die gegen Ende des Jahres online gehen werden, die diesen Märkten helfen werden, aber die Probleme nicht vollständig lösen", sagte Peter Hanbury, Partner bei der Unternehmensberatung Bain & Company.

Enorme Produktionsausfälle bei den Autoherstellern

Das amerikanische Finanz-Beratungsunternehmen AlixPartners schätzte die Umsatzverluste der globalen Autoindustrie im Jahr 2021 auf 210 Milliarden Dollar (etwa 184 Milliarden Euro) und die Produktionseinbußen auf etwa 7,7 Millionen Fahrzeuge. Für das Jahr 2022 sind die Fahrzeughersteller optimistischer.

Während ihrer Quartalsberichterstattung prognostizierte GM-CEO Mary Barra, dass die Halbleiterknappheit in der zweiten Jahreshälfte abnehmen würde, Ford erwartet eine deutliche Verbesserung in der zweiten Jahreshälfte nach einem Tief der Fahrzeugverkäufe im ersten Quartal, und Hyundai hofft, dass das Chipangebot im dritten Quartal dieses Jahres wieder auf ein normales Niveau zurückkehren würde.

Ford holt Chipproduktion nach Amerika zurück

Ford hat sich mit dem US-Chiphersteller GlobalFoundries zusammengetan, um die Abhängigkeit von dem taiwanesischen Halbleiterhersteller HTSMC bei älteren Technologiechips zu verringern.

"Wir sind bei unseren funktionsreichen Knoten sehr abhängig von TSMC. Offensichtlich ist die Kapazität im Laufe der Zeit gefährdet, da die Branche zu fortschrittlicheren Knoten übergeht, einschließlich uns ", sagte Ford Chef James Farley während einer Telefonkonferenz.

Ford setzt viel Geld ein, um diese Knotenchips in Zukunft von amerikanischen Chipherstellern zu beziehen. Das wird aber laut Farley noch einige Zeit dauern.

"Wir haben sehr schmerzhaft die Lektion gelernt, dass wir die Lieferkette für diese Schlüsselkomponenten momentan nicht so verwalten können, wie wir es getan haben", sagte er und fügte hinzu, dass die Lieferkette für den Übergang zur Fahrzeugelektrifizierung und Digitalisierung von entscheidender Bedeutung ist.

Elon Musks Sonderweg

Gewohnt unverblümt äußerte sich Tesla Chef Elon Musk. Er kritisierte die Auto Branche und warf den Fahrzeugherstellern Panikkäufe von Chips vor, was die Lieferketten insgesamt empfindlich stören würde.

"Ich denke, es gibt auch ein gewisses Maß an Toilettenpapierproblem, wo es während COVID einen Toilettenpapiermangel gab, und offensichtlich war es nicht wirklich ein enorm erhöhter Bedarf an Arschwischerei. Es sind nur Leute, die in Panik geraten ...", verdeutlichte Musk vor Anlegern.

Das Unternehmen versteht sich mehr als Technologiekonzern denn als Autohersteller und verfügt über eine hohe Halbleiterkompetenz. Tesla stellt zwar keine eigenen Chips her, arbeitet aber sehr eng mit den Chipproduzenten zusammen, designt eigene Halbleiter und lässt sie sich von anderen Herstellern fertigen. Die Eigenentwicklung ist riskant und kostet einiges an Geld. Aber die Technologiekompetenz zahlt sich in der Krise aus und ermöglicht Tesla mehr Flexibilität. So kann das Unternehmen die Soft- und Firmware umschreiben und Chips umfunktionieren, wenn es knapp wird.

Was bedeutet das?

Wieder einmal zeigt Tesla den anderen Autoherstellern, wie es geht. Die Scheu, in eigene Technologiekompetenz zu investieren, erzeugt extreme Abhängigkeiten von den Lieferketten. Das Umdenken hat bei vielen Herstellern in der Chipkrise eingesetzt- jetzt ist die Umstellung um ein vielfaches teuerer.

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