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Meinungsbeitrag

Ein Hoch dem sinnlosen Egoismus

Ein Mieter darf Gerät und Installateur für Ladepunkt selbst wählen: Das Landgericht München 1 stützt Mieter-Egoismus und leistet Vorschub für kurzlebige technische Installationen, die damit wirklich nicht nachhaltig sind.

Christoph Erni, Gründer und CEO von Juice Technology, begleitet als Profi vom Fach den Ausbau der Ladetechnik kritisch. | Foto: Juice Technology
Christoph Erni, Gründer und CEO von Juice Technology, begleitet als Profi vom Fach den Ausbau der Ladetechnik kritisch. | Foto: Juice Technology
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Gregor Soller

Egoismus versus Sturheit. Wie sich zwei Verlierer in München gefunden haben. Es war einmal ein Mieter, der hatte sich ein E-Auto zugelegt. Damit er es laden konnte, berief er sich auf sein seit 2020 verbrieftes Recht, eine Ladestation in der Tiefgarage installieren zu können. Die Immobilienbesitzerin zögerte, denn sie wusste, bald würden weitere Mieter mit dem gleichen Wunsch folgen. Das bedingt dann eine etwas weitblickendere und damit dauerhafte und nachhaltige Installation und ein übergreifendes und zuverlässiges Lastmanagementsystem. Das Zögern wiederum kam beim Mieter schlecht an und er klagte darauf, vorwärts machen zu können. In erster Instanz wies das Amtsgericht München die Klage ab, wobei sein Recht auf eine Lademöglichkeit unberührt bestehen blieb.

Nun könnte man glauben, dass der Vermieter zwischenzeitlich bereits die ganze Tiefgarage samt Lastmanagement und Ladestation an jedem Parkplatz ausgerüstet hatte. Dem war aber nicht so, dafür wälzte er Studien, dass nur die lokalen Stadtwerke überhaupt in der Lage seien, so eine Installation vorzunehmen. Was natürlich so exklusiv auch nicht stimmt.

Der streitfertige Mieter zog mittlerweile das Urteil ans Landgericht München weiter. Und dieses beschied nun eben kürzlich, dass der Mieter sein „Recht auf Laden“ ohne Zeitverzug geltend machen und eine einzelne Ladestation installieren kann, auf seine Kosten, versteht sich. Und, völlig absurd, er kann das Ladegerät und den Installateur frei wählen. Das ergibt nicht viel Sinn, denn der E-Auto-Markt ist jetzt so weit, dass künftig laufend neue Nutzer dazukommen werden. Und ab zwei Stationen in einer Garage muss sinnvollerweise und fast überall zwingend ein Lastmanagement von Anfang an eingebaut werden. 

Ein Wildwuchs an Ladestationen führt dazu, dass manche Stationen bald wieder weggeworfen und passende neue gekauft werden müssen. Weil viele Einzelstationen schlicht nicht in ein Lastmanagement eingebunden werden können, nicht normkonform sind oder nicht garantiert werden kann, dass sie zuverlässig auf irgendeine Steuersoftware hören. Nachhaltig ist das ja nicht gerade.

Derweil regt sich nun der Vermieter auf, weil der nächste Mieter mit einem E-Auto nun keinen Schritt weiter ist und seinerseits nun auf die ordentliche Erschließung warten muss. Gleichzeitig nervt sich der Mieter schon bald, weil er nämlich seine Installation auf eigene Kosten wieder rückbauen und die Ladestation auf den Müll geben kann. Ein zuverlässiges Lastmanagementsystem ergibt sich nur mit proprietären Stationen gleichen Typs. Denn obwohl OCPP (Open Charge Point Protocol) eigentlich ein Industriestandard wäre, funktionieren viele Produkte nicht zuverlässig in Netzwerken verschiedener Anbieter. Genau dieses Risiko aber kann sich niemand leisten, denn eine Überlast zerstört die Haussicherung und macht das ganze Gebäude dunkel. 

Es wäre also an der Zeit, dass sich die Parteien gemeinsam und vor allem jetzt um eine rasche Lösung bemühen, die dem Gedanken Rechnung trägt, dass heute die Infrastruktur für die nächsten fünfzig Jahre geschaffen wird. Vermieter, hört auf mit Ausreden und Verzögerungen – und Mieter, hört auf mit egoistischen Alleingängen.

Sonst reiht Ihr Euch erfolgreich in die Gilde der doppelten Verlierer ein.

 

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