Meinungsbeitrag

E-Mobility: Mein erstes Mal

Ein nicht allzu ernst gemeinter Fahrbericht zum BMW i4 M50.

Hübsch anzusehen: der BMW i4 M50 macht nicht nur von außen einiges her. (Bilder: N. Bradl)
Hübsch anzusehen: der BMW i4 M50 macht nicht nur von außen einiges her. (Bilder: N. Bradl)
Nadine Bradl

Wer mich kennt, der weiß: Autos sollen bei mir schnell, tief und laut sein. Kein Wunder also, dass sich meine Begeisterung zunächst deutlich in Grenzen hielt, als mir der Kollege vorschlug zum nächsten Termin doch den „blauen Flitzer“ zu nehmen. Mir war sofort klar: Wenn Kollege Johannes Reichel, seines Zeichens Elektro-Spezialist, ein Auto vorschlägt, musste es sich zwangsläufig um einen Stromer handeln. Na gut, hilft ja nix, dachte ich mir und fand mich auf dem Verlags-Parkplatz ein. Und da stand er: mattblaue Lackierung, schöne Felgen, Karbonapplikationen.

Eigentlich absolut ein Auto nach meinem Geschmack! Auch innen, nichts zu meckern: Die Sportsitze in Wagenfarbe abgestickt, Carbon-Details auch im Innenraum aufgegriffen – über das für meinen Geschmack etwas überdimensionierte Display kann man streiten. Sehr schick dieser BMW i4 M50 – da haben sich die Münchner nicht lumpen lassen. Bis ich auf den blauen Start-Knopf drückte und …. nichts. Kein Aufheulen des Motors, kein Brummen der Auspuffanlage. Ist der überhaupt an, fragte ich mich. Ja, war er und versuchte mich sogleich mit gelungener Rund-um-Kamera beim Rückwärtsfahren zu überzeugen. Ok, ich bin wieder etwas versöhnt mit dem Stromer und los geht´s.

Netter Sport-Modus

Erste Station: mit dem blauen Flitzer nach Hause. Gute 60 Kilometer, den Großteil über die Autobahn. Dass BMW eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern angibt, beruhigt mich nur mäßig, als ich die Ladungsprozente immer weiter sinken sehe. Na das kann ja heiter werden, denke ich und drücke mal vorsichtshalber den Eco-Modus. Am nächsten Tag geht es schon morgens um 6 Uhr für mich und den i4 los. Ziel: Das Werk von Daimler in Wörth. Rund 250 Kilometer haben wir also vor uns. Meine Reichweite zeigt beim Einsteigen knapp unter 300 Kilometer an. Eine Zwischenladung kann ich also direkt einplanen.

Auf der A8 darf der blaue Flitzer dann mal zeigen, was er drauf hat und schnell vergesse ich – fast – in einem Stromer zu sitzen. Im Comfort-Modus nimmt er das Gas angenehm an, beschleunigt auch satt. Interessant wird es dann im Sport-Modus. Deutlich mehr Fahrspaß, der Soundgenerator spuckt auch ein paar Dezibel aus, kommt aber an einen richtigen Motorensound natürlich keineswegs rein – ein bisschen versucht und nicht gekonnt, wirkt es. Fatal allerdings im Spaß-Modus: Meine Reichweite wird logischerweise zum schwarzen Loch.

Schnell geladen - wenn es die richtige Säule ist

Erster Ladestopp also bei Günzburg. Das Navi lenkt mich zielgerichtet von der Autobahn, zwei Minuten später sehe ich die Ladestation gleich neben einer Tankstelle. Also doch fast wie tanken? Ich stöpsle an, schaue erwartungsvoll auf die Anzeige. Nichts. Wie jetzt? Die Kollegen hatten etwas von zehn Minuten von 20 auf 80 Prozent gesagt. Dann erst entdecke ich das Schild am Ladepunkt: Nur bis maximal 50 KW. Na bravo, falsche Säule – nur zehn Meter weiter steht der Schnelllader, an den ich eigentlich wollte. Mein Fehler. Umgeparkt, neuer Versuch. Und jetzt geht´s auch schnell auf 80 Prozent hoch. Der Rest der Reise verläuft unspektakulär.

Laden? Keine Chance

Mit einer Rest-Reichweite von gut 100 Kilometern erreichen der blaue Flitzer und ich das Daimler-Werk. Ladesäule auch direkt im Blick. Prima! Doch zu früh gefreut. „Authentifizierungsfehler“, spuckt die Säule aus. An der Rezeption kennt man sich auch nicht aus. Erneutes Umparken – nächster Ladepunkt. Gleiches Spiel, laden nicht möglich. Ich muss dringend zum Termin, keine Zeit mehr mich um die widerspenstige Säule zu kümmern oder liegt es etwa an der Tankkarte der Konkurrenz? Man weiß es nicht. Ich lasse also das Kabel dran, bitte die Daimler-Damen, jemanden mit funktionierender Karte zu schicken und den Ladevorgang zu starten.

Funktioniert dann auch, als ich zurückkomme, habe ich immerhin 57 Prozent. Jetzt lässt sich allerdings das Kabel nicht mehr vom Auto abstecken. Verzweifelt rufe ich den Kollegen an. Der hat den ultimativen Tipp: Auto zusperren, wieder aufsperren, dann klappt´s. Zurück auf der Autobahn ist klar: Bis nach München wird das nix. Also nächster Ladestopp an der A8 Rasthof Gruibingen. Dieses Mal finde ich die Schnelllader im letzten Eck des Rastplatzes. Würde ich hier als Frau mitten in der Nacht stehen, wäre mir wohl etwas mulmig zumute. Aber zum Glück herrscht strahlender Sonnenschein und dank 20-minütiger Ladung bleibt auch Zeit für einen Kaffee. Und schon kann es mit 80 Prozent Ladestand wieder weitergehen.

Stromer bleibt Stromer

Und dann passiert es, ich sehe ihn: grauer Lack, tiefblaue Felgen und ein wunderschöner Motorensound. Ein Porsche GT3 RS setzt sich direkt vor mich und schon ein kleiner Gasschub bereitet Gänsehaut. Schlagartig war sie wieder dahin meine kleine Verliebtheit zum flotten, blauen Flitzer. Er ist halt ein – wenn auch sehr schöner – Stromer ...

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