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Meinungsbeitrag

E-Fuels: Mit der Nebelkerze in den Abgrund?

Wohin will Volker Wissing mit seinem Einsatz für E-Fuels? Als Heilsbringer taugen die sicher nicht, wenn man mal nachrechnet. Ein Meinungsbeitrag.

E-Fuels sind ein ineffizienter Irrweg und eine "Nebelkerze", die vom eigentlichen Problem ablenkt. Das sehen die Anbieter naturgemäß anders. | Foto: Uniti
E-Fuels sind ein ineffizienter Irrweg und eine "Nebelkerze", die vom eigentlichen Problem ablenkt. Das sehen die Anbieter naturgemäß anders. | Foto: Uniti
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Johannes Reichel
von Claus Bünnagel

Man kann es wohl nur als Farce bezeichnen, was Bundesverkehrsminister Volker Wissing im März hinsichtlich der EU-Beschlussfassung zum Verbrennerverbot veranstaltet hat. Denn wenn man im Verkehrsministerium rechnen kann, und davon gehe ich aus, dann weiß man dort natürlich, dass E-Fuels angesichts eines Wirkungsgrads von gut 10 % in der Well-to-Wheel-Betrachtung und Literkosten jenseits von Gut und Böse keine Chance im straßengeführten Verkehr haben. Lediglich für Langstreckenflüge und womöglich Hochseeschiffe könnten sie eine Option darstellen.

Ende des Verbrenners herauszögern

Nein, warum es Wissings FDP statt E-Fuels wirklich geht, ist das Ende des Verbrenners so lange wie möglich herauszuzögern. Denn eine Option auf einen Fortbestand der eigentlich obsoleten Technologie bedeutet in den kommenden Jahren weitere Investitionen in selbige. Prompt haben einige Autohersteller bereits angekündigt, Mittel für alternative Antriebstechnologien abziehen und in Euro 7 & Co. transferieren zu wollen.

Nächstes Auto Benziner

Dabei hat sich die deutsche Automobilindustrie gerade erst zur Elektromobilität durchgerungen. Ihre jahrelange Kampagne gegen die moderne Antriebstechnik führte dazu, dass in Deutschland der Wunsch nach Umstieg vom Verbrenner zum E-Auto gering ausgeprägt es. In einer Forsa-Umfrage wiederholen jüngst die Befragten nicht nur die ewig falschen Mythen zu Letzterem, sondern wünschen sich verstärkt einen Benziner als nächsten Pkw. Noch schlimmer: Man hat das Zukunftsfeld E-Fahrzeug amerikanischen und vor allem chinesischen Herstellern überlassen. Audi-Chef Markus Duesmann konstatierte jüngst im „Handelsblatt“, dass „wir in wichtigen Märkten wie China einen raschen Wechsel sehen – bis 2025, spätestens 2026 werden dort voraussichtlich mehr E-Autos als Verbrenner verkauft“.

Kein guter Ausblick in puncto China

Das Fatale an der Entwicklung: Die Chinesen lieben vor allem heimische Stromer-Marken. Ich prophezeie, dass die deutsche Automobilindustrie in den kommenden fünf Jahren in schweres Wasser gerät, denn aktuell macht sie noch mehr als die Hälfte ihres weltweiten Umsatzes im Reich der Mitte – fast ausschließlich mit Verbrennern. Aktuell hat VW bereits begonnen, solche in China quasi zu verramschen, weil voraussichtlich ab Juli neue Abgasvorschriften in der Volksrepublik gelten. Das dürfte erst der Anfang sein. Gleichzeitig hat ein heimischer Hersteller wie die Geely-Tochter Zeekr mit dem Modell 009 ein Fahrzeug vorgestellt, das dank 140-kWh-Qilin-Batterie von CATL eine Reichweite von realen 500 bis 800 km besitzt und somit uneingeschränkt alltagstauglich ist.

Yutong und BYD sind angekommen

Vor einem Dutzend Jahren habe ich nach der weitestgehend gescheiterten Reisebusoffensive chinesischer Hersteller in Europa prophezeit, dass sie es niemals auf diesem Kontinent schaffen werden, es sei denn man lässt ihnen das Hintertürchen E-Busse offen. Nun, mittlerweile sind Yutong und BYD zwei der erfolgreichsten Marktteilnehmer in diesem Segment.

Norwegen stromert

Und wer einen Ausblick gewinnen will, wie sich der Automarkt in Deutschland entwickeln wird, der sollte einfach nach Norwegen schauen. Dort hat man vor bald zehn Jahren begonnen, die Verkehrswende Richtung Elektroauto einzuläuten, auch mit massiver staatlicher Anschubfinanzierung. Nach Angaben des Verbandes OFV erreichte der Elektroautoanteil im Gesamtjahr 2022 bereits 79 %, im März 2023 sogar 86,8 % an allen Pkw-Neuzulassungen. Reine Benziner und Diesel machten zusammen nur noch 2,7 % aus – und das, obwohl mit Jahresbeginn die Mehrwertsteuerbefreiung für teurere Autos wie das Tesla Model Y wegfiel und eine zusätzliche Steuer nach Gewicht eingeführt wurde. Trotzdem kam die US-Marke in Norwegen auf insgesamt 9.471 E-Auto-Verkäufe – darunter 8.714 Model Y – im ersten Quartal, was einen Anteil am Gesamtmarkt von 33 % bedeutet. Noch nie hat eine Automarke in dem skandinavischen Land einen derart hohen Monatswert erreicht.

Noch am gefragtesten unter den Verfolgern war das Toyota-Elektroauto bZ4X mit 6,1 % im Quartal. Die Volkswagen-Modelle ID.4 und ID.3 kamen auf jeweils unter 5 %, weshalb auch der Volvo XC40 noch vor ihnen lag. Trotz der vielen Zulassungen von Stromern gerade in den vergangenen fünf Jahren ist erst gut ein Viertel der Pkw in Norwegen vollelektrisch unterwegs. Daran sieht man, wie lange ein solcher Flottenaustausch dauert und wie dringend es auch für den Rest Europas geboten wäre, den Verkauf von Verbrennern so schnell wie möglich zu beenden, um seine Klimaziele – gerade im Verkehrssektor – überhaupt erreichen zu können.

Derweil irrlichtert Volker Wissing weiter mit einer E-Fuel-betriebenen Nebelkerze in der Hand durchs Dunkle – hoffentlich nicht in Richtung Abgrund.

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