DVF-Podium Mobilitätswende: Richtige Richtung, mehr Tempo
DVF-Präsidiumsvorsitzender Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner hat bei der Jahresauftaktveranstaltung des Mobilitätsverbandes der deutschen Wirtschaft betont, dass der Koalitionsvertrag eine solide Grundlage für die Verkehrswirtschaft darstelle. Das DVF weist jedoch darauf hin, dass es für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes, die Erreichung der Klimaziele und die Akzeptanz in der Bevölkerung auf die Umsetzungsgeschwindigkeit ankommt.
Klinkner: "Verkehr und Logistik sind Schlüsselbranchen dafür, dass die Klimaziele erreicht werden und, dass Deutschland lebenswert und ein attraktiver Standort bleibt. Der Koalitionsvertrag setzt an den richtigen Stellen an. Jetzt brauchen wir einen Kraftakt, um ihn umzusetzen. Das bedeutet vor allem mehr Geschwindigkeit, durch zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren, ausreichende Fachkräfte in der Verwaltung, bei den Planungsbüros und im Bau sowie durch eine stärkere Digitalisierung der Prozesse. Und wir benötigen eine solide Finanzierung für diese Transformation über die nächsten Jahrzehnte hinweg, beispielsweise durch Fonds nach Schweizer Vorbild."
Auf mehr Tempo pochte auch die neue Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr Daniela Kluckert MdB. Sie skizzierte ihre Ziele für das erste Regierungsjahr folgendermaßen:
"Die Baustellen bei Mobilität und Digitalisierung sind groß. Wir brauchen mehr Tempo beim Infrastrukturausbau - deshalb müssen wir Genehmigungsverfahren modernisieren, entbürokratisieren und digitalisieren. Von der Entscheidung über die Planung bis zur Umsetzung müssen wir schneller werden. So können wir die weißen Flecken beheben, den Glasfaserturbo zünden und beim Ausbau der Schnellladeinfrastruktur einen großen Zahn zu legen."
Zudem müssten Mobilität, Digitales und Energie enger verzahnt werden, so wie der DVF-Präsident es zuvor forderte.
"Da sind wir Ampelparteien uns einig. Ich bin überzeugt, dass ein moderner Staat mit entbürokratisierten und digitalisierten Prozessen diese Verzahnung gewährleisten kann. Nützlich wird mit Sicherheit auch der neue Ressortzuschnitt des BMDV sein: Die Abstimmungswege werden kürzer."
Besonders die Schiene und der ÖPNV lagen Detlef Müller MdB, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, am Herzen. Er sah daher im Zentrum des ersten Jahres die Beschleunigung von Infrastrukturmaßnahmen, damit die ambitionierten klima- und verkehrspolitischen Ziele erreicht werden.
"Bereits in den letzten Jahren hat sich die SPD klar zu einem verstärkten Ausbau der Schieneninfrastruktur und des ÖPNV bekannt. Diesen Weg werden wir weiter gehen und uns für eine Stärkung der Investitionen in Maßnahmen zur Erreichung der klimapolitischen Ziele einsetzen. Dazu werden wir vor allem beim Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur mehr investive Mittel einsetzen und wollen auch den Nahverkehr deutlich stärken."
Berthold Huber, Vorstand Personenverkehr, Deutsche Bahn AG, freute sich über diese Zusage: Mit dem neuen Koalitionsvertrag bekomme der klimafreundliche Schienenverkehr weiter Rückenwind.
"Alle sind sich einig, dass wir in Deutschland Planen und Bauen deutlich beschleunigen müssen. Das ist - auch mit Blick auf den Deutschland-Takt - dringend geboten, denn der Klimawandel wartet nicht. Daher freue ich mich auch, dass die Ampel-Koalition für den Güterverkehr die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung beschleunigen sowie KV-Terminals und Gleisanschlüsse fördern will. Wir als DB sind mehr denn je fest überzeugt: Der Trend zur Schiene, wie wir ihn vor der Pandemie erlebt haben, wird sich nach der Corona-Pandemie fortsetzen. Auch deshalb investieren wir unverändert auf Rekordniveau."
Siebenfaches Tempo bei Ladesäulenaufbau nötig
Klar umriss Hildegard Müller, DVF-Präsidiumsmitglied, Präsidentin Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) die Forderungen an die Regierung: "Die Pläne der Ampelkoalition zur Planungsbeschleunigung sind ambitioniert - entscheidend ist jetzt die schnelle Umsetzung. Will die Bundesregierung ihr Ziel von bis zu 15 Millionen voll elektrischen Fahrzeugen und einer Millionen Ladepunkten bis 2030 erreichen, muss Deutschland vor allem beim Aufbau der E-Ladeinfrastruktur deutlich schneller werden, statt 300 wöchentlich rund 2000 Ladepunkte installieren. Im Klartext: Siebenfaches Tempo!
Begleitend müsse die Politik auch geeignete Anreize für den Hochlauf bei Wasserstoff und E-Fuels setzen. Die Vorschläge der EU-Kommission zur Erneuerbare Energien-Richtlinie gingen hier in die richtige Richtung, müssten aber noch nachgeschärft werden. Eine steuerliche Förderung sollte zusätzliche Anreize setzen. Notwendig sei hier eine ehrliche Bestandsaufnahme: Ohne E-Fuels, die auch insbesondere den CO2-Ausstoß des Fahrzeugbestandes reduzieren helfen, würden die Klimaschutzziele im Verkehr nicht erreicht werden.
Wettbewerbsneutraler Rahmen für SAF-Quoten
Auch für den Luftverkehr spielen alternative Antriebe und Kraftstoffe eine wichtige Rolle. Alle Akteure der Branche seien entschlossen, so schnell wie möglich nachhaltige Flugkraftstoffe einzusetzen und den Luftverkehr CO2-neutral zu machen, betonte Dr. Stefan Schulte, DVF-Präsidiumsmitglied, Vorstandsvorsitzender Fraport AG.
Er begrüßte die klare Feststellung im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, dass dafür ein wettbewerbsneutraler Rahmen erforderlich sei: "Die Marktverfügbarkeit von Sustainable Aviation Fuels (SAF) wird in jedem Fall begrenzt sein und somit den zentralen Engpass darstellen. Erst ab 2030 ist mit Produktionsmengen zu rechnen, die relevante Beimischquote zu konventionellen Kraftstoffen ermöglichen - jedoch nicht zu wettbewerbsfähigen Kosten."
Eine Kerosinsteuer, die von der Europäischen Kommission zur Diskussion gestellt worden ist, lehnte Schulte nachdrücklich ab: "Dadurch würde es lediglich zur Verlagerung von Treibhausgas-Emissionen kommen, dem sogenannten Carbon Leakage." Notwendig sei eine einheitliche CO2-Bepreisung, die die deutsche und europäische Luftverkehrsbranche nicht einseitig gegenüber ihren internationalen Wettbewerbern benachteilige.
Wettbewerbsverzerrung aufheben
In der Diskussion um schnelleres Bauen waren sich alle Teilnehmer einig, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter beschleunigt werden müssen. Bundestagsabgeordneter Müller betonte, dass Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung nicht ohne Grund einen sehr prominenten Platz im Koalitionsvertrag erhalten hätten.
"Um unsere klima- und verkehrspolitischen Ziele für die 2030er Jahre zu erreichen, brauchen wir mehr Investitionen, die schneller umgesetzt werden, um entsprechend Wirkung zu entfalten. Das gilt für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, für den Ausbau digitaler Netze und auch für den Ausbau von Netzkapazitäten sowie von regenerativen Energien."
Die neue Bundesregierung sollte Genehmigungsverfahren deutlich verkürzen, so dass beispielsweise die Hinterlandanbindungen konsequent und zügig ausgebaut werden können, forderte gleichermaßen Frank Dreeke, DVF-Präsidiumsmitglied, Vorsitzender des Vorstands BLG Logistics Group AG & Co. KG.
"Wir brauchen außerdem einen fairen Wettbewerb in Europa, Ungleichheiten wie das Einfuhrumsatzsteuerverfahren müssen beseitigt werden. Wir benötigen weitere Investitionen in Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Automatisierung und Wasserstoff, z. B. über Forschungsinitiativen wie IHATEC für den Bereich innovativer Hafentechnologien."
Vernetzung ist Schlüsselthema
Klinkner sah die Vernetzung als zentrales Merkmal des Mobilitätssystems von morgen: "Wir brauchen auch in Zukunft alle Verkehrsträger. Straße, Schiene, Wasserstraße und Luftverkehr müssen als Bestandteile von Transportketten optimal miteinander verbunden werden. Autos, Lkw, Züge, Flugzeuge und Schiffe werden zunehmend dekarbonisiert unterwegs sein und damit ihre Klimabilanz verändern."
Rad- und Fußverkehr würden weiter zunehmen. Auch das müsse bei der Planung von Verkehrsinfrastruktur und den dazugehörigen Versorgungsnetzen mitgedacht werden. Ebenso wichtig sei die Resilienz und Redundanz der Infrastruktur, die dem Klimawandel standhalten muss.
Dem stimmte VDA-Präsidentin Müller zu: "Für die Transformation hin zum klimaneutralen Straßenverkehr brauchen wir jetzt einen stark beschleunigten Aufbau der benötigten Infrastruktur: Das gilt für Ladepunkte, Stromnetze, Wasserstofftankstellen, 5G-Netze und die Digitalisierung der Straßeninfrastruktur."
Staatssekretärin Kluckert setzte sich ferner für eine bessere Unterstützung von technologischen Innovationen ein. Deutschland sei Mobilitätsweltmeister. Damit das auch in Zukunft so bleibe, brauche es einen effizienten Transfer von der Forschung auf die Straßen und zu den Menschen.
"Zur Umsetzung von der Theorie in die Praxis brauchen wir ein neues Mindset, eine richtige Gründungskultur. Zur Unterstützung dabei und zur Förderung von technologischen Innovationen schaffen wir eine Agentur für Transfer und Innovation (DATI). Außerdem braucht es dafür einen besseren Zugang zu Wagniskapital. Deshalb wollen wir, dass die KfW stärker als Innovations- und Investitionsagentur sowie als Co-Wagniskapitalgeber im Bereich der Zukunftstechnologien wirkt."
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