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Difu-Studie sieht Nachholbedarf: Straßen und ÖPNV-Netze brauchen 372 Mrd. Euro zur Sanierung

Laut Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik im Auftrag von VDV, ADAC und HDB ist fast jede zweite Straßenbrücke in den Kommunen marode. Auch um die sonstige Verkehrsinfrastruktur ist es nicht gut bestellt, ein Drittel aller kommunalen Wege hat größere Mängel. ADAC: Jeder Weg beginnt in den Kommunen.

Deutschlands Straßeninfrastruktur hat Risse bekommen. (Foto: Pixabay)
Deutschlands Straßeninfrastruktur hat Risse bekommen. (Foto: Pixabay)
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Johannes Reichel
von Claus Bünnagel

Alarmierende Bestandsaufnahme: Der Investitionsbedarf für Erhalt und Erweiterung von Schienennetzen und Straßen in Städten, Landkreisen und Gemeinden bis 2030 beträgt insgesamt rund 372 Mrd. Euro. Das geht aus einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) hervor, initiiert vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und dem ADAC. Sie hat die notwendigen Bedarfe für Nachhol- und Ersatzinvestitionen ermittelt sowie den zusätzlichen Investitionsbedarf in kommunalen Verkehrsnetzen bis 2030 für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor abgeschätzt.

Sanierungsbedürftige Brücken und ÖPNV-Netze

Demnach weist ein Drittel der Straßen in Städten, Landkreisen und Gemeinden Deutschlands, die sich auf 714.000 km summieren, größere Mängel auf. Fast jede zweite Straßenbrücke in den Kommunen ist in keinem guten Zustand, also sind Brücken auf einer Länge von fast 1.800 km (insgesamt 3.600 km) sanierungsbedürftig. Gleiches gilt für die ÖPNV-Netze. Dies betrifft kommunale Straßentunnel mit knapp 1.400 km Länge sowie U-Bahn- (ca. 900 km) und Straßenbahnentrassen (6.320 km, davon 451 km unterirdisch). Nur ein Drittel der Kommunen bewertet den Zustand ihrer bestehenden Streckennetze für alle Verkehrsträger mindestens mit „gut“. Die ÖPNV-Brücken und -Tunnel sind im Vergleich besser erhalten: Etwa zwei Drittel davon sind neuwertig oder in einem guten Zustand.

64 Mrd. Euro für die ÖPNV-Infrastruktur

Mit rund 283 Mrd. Euro entfällt der deutlich größte Teil auf den Nachhol- und Ersatzbedarf bei der Straßenverkehrsinfrastruktur der Kommunen. Bei der ÖPNV-Infrastruktur sind bis zum Jahr 2030 Investitionen von 64 Mrd. Euro nötig. Der größte Teil der voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen im ÖPNV entfällt auf U-Bahn- sowie Stadt bzw. Straßenbahnstrecken in Tunnellage.

"Wir reden über wesentliche Grundbedürfnisse, über die Mobilität von Bürgern, Verbindung von Stadt und Land. Eine gesunde Verkehrsinfrastruktur ist essenziell für unsere Gesellschaft – und Wirtschaft. Wir brauchen deshalb einen Verkehrsplan für Deutschland, der nicht in Legislaturperioden und regionalen Zuständigkeiten denkt, sondern den flächendeckenden Verkehr ermöglich", forderte Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller.

Die Bauindustrie und ihre mittelständischen Unternehmen seien lokal und regional vor Ort, hätten das Know-how und die Kapazitäten, um die politischen und gesellschaftlichen Ziele umzusetzen.

"Wir bauen Brücken und Straßen, Wasserstraßen, die Verkehrs-, Klima und Mobilitätswende – wenn man uns bauen lässt. Deshalb brauchen wir Planungs- und Projektbeschleunigung, die nicht bei Genehmigungs- und Planungsverfahren aufhören", appellierte Müller weiter.

Es brauche Partnerschaftsmodelle, flexibles Vergaberecht – also weg von der ausschließlichen Klein-Kein-Vergabe, hin zu einer Vielfalt an Vergabemodellen, wenn wir zügiger und produktiver werden wollen. () Für VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff zeigen die vorliegenden Studienergebnisse ein alarmierendes Bild des Zustands der kommunalen Verkehrsinfrastruktur. Die städtischen ÖPNV-Netze seien vom Umfang her wesentlich kleiner als die kommunalen Straßennetze. Von daher sind die Ergebnisse von Straße und ÖPNV in ihrer Brisanz durchaus vergleichbar.

"Wir haben als VDV immer betont, dass der angestrebte Fahrgastzuwachs und die Verlagerung auf den ÖPNV vor allem dann nachhaltig funktioniert, wenn das Angebot für die Menschen attraktiv genug ist. Dazu gehört neben dem nötigen Ausbau des Angebots vor allem eine gute und leistungsfähige Infrastruktur", forderte Wolff.

Für Investitionen in die ÖPNV-Netze gebe es ein gut funktionierendes Bundesprogramm, das sog. Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG), bei dem man gerade einen massiven Hochlauf an angemeldeten Projekten sehe. Die jährlichen GVFG-Fördermittel werden daher ab 2025 nicht mehr ausreichen, so dass man hier eine Erhöhung von 2 auf zunächst 3 Mrd. Euro jährlich für geboten halte. ()

"Jeder unserer Wege beginnt und endet auf kommunalen Verkehrsnetzen, egal ob wir als Fußgänger, Radfahrer, mit Bus und Bahn oder im Auto unterwegs sind. Auch die Ver- und Entsorgung per Lkw oder die Erreichbarkeit für Rettungskräfte hängt davon ab, dass kommunale Verkehrswege und Brücken intakt sind. Ein guter Zustand von Straßen ist außerdem für die Verkehrssicherheit entscheidend, denn Schlaglöcher stellen für jeden Zweiradfahrer ein erhebliches Sturzrisiko dar und sind nicht nur eine Frage des Komforts", befand auch Stefan Gerwens, Leiter ADAC-Ressort Verkehr.

Die Studie zeigte die Notwendigkeit erheblicher Investitionen in den Erhalt von Straßen und insbesondere Brücken, der Nachhol- und Ersatzbedarf sei hier enorm. Es geht laut Gerwens nicht allein darum, Mobilität dauerhaft zu gewährleisten, sondern sie auch nachhaltig weiterzuentwickeln, also insbesondere für Fußgänger und Radfahrer attraktiver und sicherer zu machen.

"Die Kommunen sollten mit Unterstützung der Länder die Modernisierung der kommunalen Verkehrsnetze bei Straße und Schiene aktiv angehen, also den Zustand verbessern und in Anpassungen investieren", appellierte Gerwens.

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