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Der Strompreis als Bremsklotz

Consulting-Firma Horvath & Partners untersucht die Verbreitungschancen für E-Autos und sieht in Deutschland den hohen Strompreis als Hemmschuh. Und weiter bremsen psychologische Faktoren sowie Lieferengpässe.

Rechnet sich kaum: An öffentlichen Ladesäulen zahlt man oft hohe Strompreise, bei den SWM zuletzt 38 ct/kWh plus Zeitgebühr von 2 ct/min. | Foto: J. Reichel
Rechnet sich kaum: An öffentlichen Ladesäulen zahlt man oft hohe Strompreise, bei den SWM zuletzt 38 ct/kWh plus Zeitgebühr von 2 ct/min. | Foto: J. Reichel
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Johannes Reichel

Die Unternehmensberatung Horvath&Partners hat die Verbreitungschancen für Elektroautos bis 2035 untersucht und die hohen Strompreise in Deutschland als Hemmschuh ausgemacht. "Die deutschen Strompreise sind aus Konsumentensicht kein Argument, ein Batteriefahrzeug zu kaufen", erklärte Co-Autor Dietmar Voggenreiter von der Beratung gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Das stünde im Gegensatz zu anderen Ländern, wo niedrige Stromtarife den Kauf beförderten. Mit 30 ct/kWh liegt Deutschland in Europa auf dem Spitzenplatz bei den Stromkosten, der Durchschnittspreis beträgt gerade mal 21 ct/kWh. Bei einem Verbrauch von 15 kWh, wie er typisch ist für einen Kompakt-Stromer, läge man in Deutschland bei 4,50 pro 100 km zu 5,40 Euro bei einem Diesel, in Frankreich wären es aber nur 2,70 Euro beim E-Auto, in den USA sogar nur 1,50 Euro. "Solche Preise stellen einen echten Vorteil für die Käufer von Elektroautos dar", urteilt Voggenreiter.

Regionale Monopole: Öffentliches Laden ist teils sündteuer

Trotz der hohen Stromkosten schnitten die E-Fahrzeuge zuletzt etwa in den Berechnungen des ADAC, der 36 ct/kWh ansetzt, günstiger ab als Verbrenner - dank der schon bisher üppigen Prämie, die die Kalkulation stark verbessert. Essentiell für die Bilanz ist auch, ob Nutzer auf öffentliche Ladesäulen angewiesen sind oder privat am Haushaltsstrom laden können. Die Kosten für öffentliches Laden würden stark divergieren, so die Analyse der SZ auf Basis einer Studie der Beratung EuPD. Demnach gibt es in Deutschland 288 Preismodelle für Ladestrom, eine Folge der häufig lokal organisierten Infrastruktur, die für regionale Monopole sorgt. Bei einer Musterkalkulation von 14.000 Kilometern jährlich könnten die Kosten zwischen 610 und 1.565 Euro oder elf Euro pro 100 km liegen. Das bestätigen auch eigene Erfahrungen der VM aus den Tour-Checks. Jüngster Tiefpunkt: 39 Euro für 70 kWh an einer SWM-Säule, an der ein Tesla Model 3 über Nacht geladen wurde.

ZEW-Studie: Fahrleistungen bei Privatnutzern fast identisch

Auf einen weiteren Faktor weist eine der SZ vorliegenden Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) auf Basis der Daten der Umfrage "Mobilität in Deutschland" sowie des Carsharing-Anbieters Flinkster hin, die allerdings auf die frühen Jahre zwischen 2014 und 2016 zurückgeht. Hier wurden die Unterschiede zwischen Privatfahrern und Carsharingkunden im Bezug auf die Nutzung von Elektro- oder Verbrenner-Fahrzeugen untersucht.

Bei privaten Autonutzern gab es hier kaum Unterschiede in der jährlichen Fahrleistung, bis auf explizite Diesel-Fahrer, die viele Kilometer zurücklegten. Bei den Flinkster-Kunden dagegen waren E-Autos deutlich weniger beliebt. Bei ähnlicher Preisstruktur und Verfügbarkeit wählten die Kunden viel häufiger dne Verbrenner. Die Fahrleistungen der E-Autos lagen um ein Viertel niedriger.

Festhalten am Status-Quo: Flinkster-Kunden scheuten E-Autos

Die Erklärung sehen die Forscher in der "Status-Quo"-Verzerrung. Nach dieser bevorzugen Nutzer den gewohnten Zustand und erweisen sich als resistent gegenüber Änderungen. Hinzu käme Reichweitenangst, obwohl nach der Untersuchung zwischen 82 und 92 Prozent der absolvierten Fahrten auch mit E-Autos hätten bewältigt werden können, bei ungünstigen Annahmen. Um die Reichweitenangst zu bekämpfen, sehen die Studienautoren den Ausbau der Ladeinfrastruktur als wichtigsten Hebel an. Zudem kauften Kunden ihre Fahrzeuge noch immer nach "Maximalbedarf". Hier bräuchte es etwa Gutscheinmodelle zum Verleih von Verbrennern für diese Sondersituationen.

Alles Makulatur, solange es Lieferengpässe gibt

Unterdessen zeichnet sich nach der Erhöhung der E-Auto-Prämie durch die Bundesregierung ein deutlich gestiegenes Interesse am Kauf von E-Fahrzeugen ab. Laut einer Analyse von Spiegel Online verzeichnete das Vergleichsportal Carwow einen Anstieg des Anteils der E-Auto-Konfigurationen von 10 auf 45 Prozent. Gleiches ließt sich auf der Plattform Meinauto.de feststellen, wo E-Autos von 13,2 auf 23,6 Prozent zulegten. Auch die Beratung Deloitte geht von einem starken Anstieg der Nachfrage nach E-Modellen aus, der noch in diesem Jahr um 40.000 auf 200.000 Exemplare anwachsen könnte.

Ob sie bedient wird, ist eine andere Frage. Denn nach wie vor besteht ein Lieferengpass, bedingt vor allem durch die begrenzten Kapazitäten in der Batterieproduktion. Viele Fahrzeuge weisen nach wie vor lange Lieferzeiten auf, ein Seat Mii Electric ist nicht mehr bestellbar, das VW-Pendant e-UP! hatte schon vor der Prämienaufstockung über sechs Monate Lieferzeit, auf einen Kia e-Niro warten Kunden laut Carwow über zwölf Monate.

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