Nun ist die Katze aus dem Sack: Schon heute, am 17. Dezember 2023, endet die E-Auto-Förderung in Deutschland. Der Grund: Die staatlichen Zuschüsse beim Kauf klimafreundlicher E-Autos wurden bislang aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert. Das BVerfG-Urteil von Mitte November zum Nachtragshaushalt 2021 hatte dem KTF jedoch 60 Mrd. Euro entzogen, die ihm nun nicht mehr zur Verfügung stehen.
Politischer Offenbarungseid
So jedenfalls der politische Offenbarungseid – offenbar für die Bundesregierung alternativlos. Dabei wären andere Lösungswege durchaus möglich und für Deutschland im Endeffekt mittel- und langfristig günstiger gewesen. Etwa 70 Mrd. Euro und damit 1,9 % der Wirtschaftsleistung gibt die Bundesregierung laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und dem Deutschen Institut für Wirtschaft (DIW) jährlich an Steuergelder aus, um die Nutzung von Erdöl, Erdgas und Kohle zu subventionieren. Damit wurde jede der 2022 emittierten 746 Mio. t CO2 in Deutschland mit fast 100 Euro subventioniert. Im Schnitt betrugen die Emissionshandelspreise im Jahre 2022 aber nur 80 Euro/t.
Es wäre also möglich gewesen – und ist weiterhin möglich –, diese Gelder für sterbende Wirtschaftszweige in die Zukunft der Mobilität zu stecken. Um soziale Härten zu vermeiden, denn eine Streichung der Subventionen in die fossilen Energieträger würde schließlich zu deren Verteuerung führen, könnte über eine CO2-Steuer mit Prämiensystem ein Teil der Einnahmen zurück an die Bevölkerung fließen – gerade an einkommensschwächere Schichten. Der andere, kleinere Teil ließe sich für Umwelt- und Klimavorhaben nutzen – so etwa die E-Auto-Förderung. Die Konzepte für ein solches Umverteilungssystem liegen längst auf dem Tisch – u.a. im Fachbuch „Mit Vollgas in die Klimakatastrophe?“ vom Autor dieses Beitrags dargelegt. Der Anreiz, mit umweltfreundlichen Verhalten Geld zu sparen, könnte zudem Zukunftstechnologien wie E-Auto und Wärmepumpe in Deutschland einen deutlichen Schub verleihen. Stattdessen geht der Schuss nun nach hinten los – lesen Sie hier.
Weitere Hebel
Das wäre aber nicht der einzige Hebel gewesen. Deutlicher Spielraum bestände auch, in dieser Zwangssituation wohlhabende Bevölkerungsteile stärker zur Kasse zu bitte, nachdem sie in den vergangenen 30 Jahren eine Reihe von politischen Geschenken erhalten haben, allen voran die sozial unausgewogene Abgeltungssteuer und die Entlastungen im Erbschaftsrecht – was z.B. die Vererbung von Firmen angeht. Hier wäre eine höhere Belastung durchaus denkbar – natürlich mit Maß, etwa über zeitlich gestreckte Steuerzahlungen. Auch die Grundsteuern für Reiche könnten deutlich angehoben werden. Alles zusammen ließen sich sicherlich Dutzende Milliarden Euro pro Jahr erlösen, die gerade in eine saubere Zukunft Deutschlands investiert werden könnten.
Ein Bärendienst
De facto hat die Bundesregierung aber den vermeintlich leichten Weg gewählt, der zunächst nur wenigen wehtut. Und hat der Zukunft Deutschlands gleichzeitig einen Bärendienst erwiesen. Deutsche Fahrzeughersteller werden sich auf ihrem Kernmarkt wieder verstärkt dem Verbrenner zuwenden und damit weiteren Boden verlieren im internationalen Wettbewerb. Sollte Deutschland zudem seine verpflichtenden Klimaziele nicht erreichen, weil beispielsweise viel weniger als geplant E-Autos verkauft werden, drohen enorme Strafzahlungen an die EU und andere EU-Staaten wie Kroatien, Ungarn, Griechenland, Bulgarien, Belgien, Schweden, Portugal, die Slowakei und die Niederlande, die ihre klimapolitischen Hausaufgaben besser erledigen. Der Aufschrei in Deutschland dürfte groß werden und vor allem der AfD nutzen, das sei an dieser Stelle schon einmal prophezeit. Vom weiteren Schaden für die Entwicklung des Klimas auf der Erde mal ganz abgesehen.
Der Bundesregierung sei also dringend empfohlen, einen echten und stringenten Plan für einen Umbau von Subventionen, Steuern und Investitionen für einen wirtschaftlich und umweltgerechten Umgang mit der Zukunft Deutschlands vorzulegen. Anders wird sie ihr Ziel, 15 Millionen E-Autos bis 2030 auf der Straße zu haben, krachend verfehlen. Und was schlimmer ist, als solche politisch motivierte Zahlenakrobatik: Sie wird ohne eine Elektrowende im Verkehr auch das Klimaziel im chronisch säumigen Sektor verfehlen.
Es geht anders
Wie es anders geht beim Thema E-Auto-Förderung, beweist Norwegen. Hier hat man die Stromer über viele Jahre mit einem stringenten Plan gefördert. Und obwohl Steuervorteile für E-Auto-Besitzer seit 1. Januar 2023 sehr deutlich heruntergefahren worden sind, ist der Run auf die umweltfreundlichen Fahrzeuge ungebrochen – der Trend hat sich also verstetigt, auch ohne monetären Vorteil. In den vergangenen drei Monaten lag der Anteil von E-Autos an allen verkauften Fahrzeugen in dem skandinavischen Land immer zwischen 81 und 87 %, zusammen mit Plug-in-Hybriden bei 94 bis 97 %. Verbrenner haben dort nur noch einen Anteil von 2,6 % (November), im Gesamtjahr 2023 von 3,5 %. Auch in Frankreich lässt man sich mehr einfallen, um die durchaus berechtigte Kritik an einer allgemeinen E-Auto-Prämie als "Zuschuss für Besserverdiener", die sie eigentlich nicht nötig hätten (wobei sie für Leasing-Kunden eben doch kaufentscheidend sein kann), zu dämpfen und launchte jüngste ein Sozial-Leasing für E-Autos. Nebenbei will man damit natürlich auch die heimische Industrie supporten, den China-Stromer bekommen die Umweltprämie künftig nicht mehr.
Ampel absurd: E-Auto-Prämie streichen, Fossil-Subventionen halten
Wer die E-Auto-Prämie streicht, zugleich aber die fossilen Subventionen wie Diesel- und Dienstwagenprivileg (außer ausgerechnet bei der Streichung des Agrardiesels, wo man unter den Bauern wohl die wenigeren Wähler vermutet als bei den vielen Dienstwagenchauffeuren) aufrechterhält, während wahrscheinlich auch die Fahrstrompreise mit dem Strompreis steigen, der macht dem noch immer zarten Pflänzchen E-Mobilität hierzulande den Garaus. Zumal die Förderprämie in der Folge wenigstens auch den Gebrauchtmarkt schneller angekurbelt hätte. Am schlimmsten ist aber das Bild, das die handstreichartige Streichung des Bonus quasi übers Wochenende hinterlässt: Verlässlichkeit Fehlanzeige. Da werden sich viele potenzielle Autokäufer lieber auf das verlassen, was sie kennen: Den guten alten Verbrenner. Der dann noch weitere 15 Jahre fossile Emissionen aussendet. Was für ein Förder-Chaos, was Ampel-Krampf!
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