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Corona-Krise: Doppelter Frühling für das Fahrrad

Die Fahrrad-Branche sieht die Corona-Krise auch als Chance, den Radverkehr besser in der Gesellschaft zu verankern und langfristige Strategien zu erarbeiten.

In der Corona-Krise hat sich das Rad als ÖPNV-Alternative etabliert. | Foto: PD-F|
In der Corona-Krise hat sich das Rad als ÖPNV-Alternative etabliert. | Foto: PD-F|
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Gregor Soller

Die Corona-Krise kennt auch „Gewinner“: So zum Beispiel das Fahrrad, das als Verkehrsmittel in den vergangenen Wochen an Bedeutung gewann. Das stellte zumindest der Pressedienst-Fahrrad fest. Es sichere derzeit die individuelle Mobilität vieler Bürger, die ansonsten für kurze Strecken auf den ÖPNV angewiesen wären. Zudem fördere es die Gesundheit und stärke das Immunsystem. Speziell der Gesundheitsaspekt war laut Branchenvertretern in Gesprächen mit Politikern enorm wichtig. Darum durften Fahrradwerkstätten während der Corona-Krise durchgängig geöffnet bleiben und der Fahrradhandel fällt bei der Wiedereröffnung nicht unter die 800-Quadratmeter-Regelung.

Pop-up-Bike-Lanes: Mehr Platz für's Rad, weniger Autos unterwegs

Da auf den Straßen weniger Verkehr war, stiegen auch viele Auto- und Firmenwagennutzer auf den „Drahtesel“ um und die Kommunen haben teils darauf reagiert: So sind beispielsweise in Berlin sogenannte „Pop-up Lanes“ eingerichtet worden, das sind kurzfristig für Radler umgewidmete Autofahrspuren.

Nun hofft die Branche auf neue Kunden, die Fahrräder gewerblich nutzen, Stichwort „Jobrad“ oder die bisher kein oder nur ein altes Fahrrad hatten. Dazu zählen neben Firmen theoretisch auch Schulkinder, wie Jörg Müsse, Geschäftsführer des Einkaufsverbundes Bike & Co, beispielhaft erklärt:

„Anstatt mit dem überfüllten Bus können sie mit dem Rad zur Schule fahren. Das ist eine sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV. Es geht jetzt nicht darum, Produkte in den Markt zu drücken, sondern Radfahren in das Bewusstsein der Gesellschaft zu bringen.“

Viele Menschen hätten unter den derzeitigen Corona-Bedingungen das Fahrrad als Alternative zum ÖPNV entdeckt. Diese werde so entlastet und dadurch ebenfalls attraktiver für diejenigen, die auf ihn angewiesen bleiben. Gleichzeitig sollten die Verkehrsbetriebe ihr Angebot „mehr auf das Fahrrad ausrichten“, wünscht sich Heiko Truppel, Online-Marketing-Manager beim Liegeradhersteller HP Velotechnik. Als Beispiele nennt er verbesserte Mitnahmemöglichkeiten und einheitliche Tarifstrukturen.

Jetzt erst recht: Schaffung fahrradfreundlicher Infrastruktur

Vorher bereits drängende Maßnahmen dürften durch Corona nicht in Vergessenheit geraten, sondern müssten jetzt erst recht in Angriff genommen werden, wie Heiko Müller, Geschäftsführer des Premium- und E-Bike-Herstellers Riese & Müller, fordert. Dazu zählt für ihn die Schaffung einer radfahrerfreundlichen Infrastruktur, die in vielen Kommunen leider immer noch nicht ausreichend umgesetzt werde, obwohl Fördergelder vorhanden seien. Problematisch seien aktuell jedoch die fehlenden personellen Kapazitäten. Direkt spürt das auch Andreas Hombach vom Stadtmöblierer WSM. Das Unternehmen produziert Fahrradabstellanlagen und steht im engen Austausch mit kommunalen Vertretern:

„Seit Mitte März ist ein deutlicher Auftragsrückgang zu spüren. Bei den Kommunen steht die Krisenbewältigung im Vordergrund und Verantwortliche werden in andere Abteilungen abberufen.“

Burkhard Stork, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) ist deshalb etwas zurückhaltend und würde sich über 40 Städte freuen, die sich binnen eines Jahres für mehr Radverkehr engagieren. Damit wäre ein Anfang gemacht. Der Ausbau der Infrastruktur steht auch für Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV), weit oben.

Hohes Flottenpotenzial: S-Pedelec statt Dienstwagen für Pendler

Hinzu kommt für ihn der wichtige Punkt, die rechtlichen Grundlagen für das S-Pedelec zu verbessern.

 „Diese Fahrzeuggattung bietet noch viel Potenzial gerade für Pendler, das aktuell nicht genutzt wird.“

Ein weiterer Aspekt, für den sich Branchenvertreter stark machen, ist die Senkung der Mehrwertsteuer für Fahrräder und E‑Bikes auf sieben Prozent. Hier sei man auf einem guten Weg, schätzt Neuberger die Situation aktuell ein.

Was bedeutet das?

Bislang ist die Fahrradbranche mit einem „blauen Auge“ durch die Corona-Krise gekommen. Dennoch haben nach Angaben von Siegfried Neuberger über 70 Prozent der ZIV-Mitglieder Kurzarbeit beantragt und auch die Liefersituation aus Asien sei schwierig. Trotzdem könnte das Fahrrad respektive Pedelec als „Gewinner“ aus der Corona-Krise hervorgehen, auch bei Flotten und Pendlern.

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