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COP26-Erklärung: Verbrenner-Ende bis 2035 - ohne Deutschland, mit Daimler

Zum Gipfelabschluss bekennen sich Staaten und Akteure zum Verbrennerende bis 2040, in führenden Märkten bis 2035. Deutschland, USA, China fehlen. Bei den Herstellern ist Mercedes-Benz dabei, zudem Volvo, Ford, GM, JLR, BYD. Aber BMW und VW fehlen auffällig. UK will ab 2035 keine Diesel-Lkw mehr zulassen.

Positive Botschaft zum Schluss: In Glasgow rang man noch lange um die Details einer Erklärung zum weltweiten Verbrennerende, bei der Deutschland, VW und BMW aber fehlen. Dafür sind Daimler, Volvo, Ford und GM sowie BYD dabei. | Foto: T&E
Positive Botschaft zum Schluss: In Glasgow rang man noch lange um die Details einer Erklärung zum weltweiten Verbrennerende, bei der Deutschland, VW und BMW aber fehlen. Dafür sind Daimler, Volvo, Ford und GM sowie BYD dabei. | Foto: T&E
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Johannes Reichel

Auf dem zu Ende gehenden Weltklimagipfel COP26 in Glasgow hat eine von Großbritannien initiierte Allianz aus 24 Staaten, sechs großen Automobilherstellern, 39 Städten und Regionen sowie 28 Großflotten und 13 Investoren eine Erklärung zum Abschied vom Verbrennungsmotor unterzeichnet. Demnach sollen weltweit alle neuen Fahrzeuge bis 2040 ohne Emissionen fahren, in den "führenden Märkten" noch früher bis 2035. Das entspräche auch dem EU-Ziel, wäre also hier nichts Neues. Ganz anders, viel ambitionierter und entsprechend respektabel ist das Ziel für die Unterzeichner Ghana, Kenia und Ruanda. Und auch für Indien, das allerdings auf die Elektrifizierung von Rikschas und Mopeds insistierte. Auch den Kohlestaat Polen oder Marokko hätte man nicht unbedingt auf der Liste erwartet.

Von den Herstellern hatte die Geely-Tochter Volvo Cars bereits offiziell seine Teilnahme an der Erkärung bestätigt und will darüber hinaus ambitioniertere eigene Vorgaben umsetzen. Zu den Unterzeichnern zählt auch der Pkw- und Van-Hersteller Mercedes-Benz, dessen Chef Ola Källenius bis 2030 bei Neuwagen vollständig emissionsfrei fahren will und sich dafür sogar rechtfertigen musste.

"Ich habe unterschrieben, weil wir davon ausgehen, dass die Kunden im Premium-Segment schneller einen Zugang zu Ladeinfrastruktur haben. Wenn man einmal losgeschwommen ist, will man auch an das andere Ufer", erklärte der Mercedes-Benz- und Daimler-Chef in der Automobilwoche, der nur bis 2030 ebenfalls noch teilweise auf zumindest PHEV-Verbrenner setzt und diese keinesfalls als "Bad Bank" bezeichnet sehen will.

Außerdem haben unter anderem Ford, General Motors, Jaguar Land Rover, Quantum Motors sowie Avera Electric Vehicles und BYD Auto unterzeichnet. Aus der allgemeinen Wirtschaft sind unter anderem ABB, Siemens, Eon, LeasPlan, Uber, Ikea, Vattenfall und Unilever dabei.

Auffallend ist, dass der japanische Gigant Toyota, lange Zeit ein hybridelektrischer Vorreiter, mittlerweile eher Bremser, dass der eigentlich nach Eigendarstellung so ambitionierten Franzosen des Stellantis-Konzerns mit Opel sowie Elektro-Pionier Renault/Nissan und dass von den deutschen Herstellern BMW und Volkswagen fehlen. Der Wolfsburger Konzern hatte sich laut einem Bericht von Spiegel Online wohl an der Formulierung "führende Automärkte" gestört, weil hier China eingeschlossen ist, wo man 22 Werke betreibt und die Optionen offen halten will. Was in Anbetracht der Dynamik im Reich der Mitte allerdings auch riskant ist.

"Hersteller, die damit kalkulieren, dass in China nach 2035 noch fossile Verbrenner zugelassen werden könnten, gehen ein großes Risiko ein", prognostiziert der Chef des Think Tanks Agora Verkehrswende Christian Hochfeld.

Scheuer torpediert Unterzeichnung

Unter den Unterzeichner-Nationen fehlt allerdings auch Deutschland: Dessen geschäftsführender Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte der Initiative eine Absage erteilt. Offenbar konnte man sich innerhalb der nur noch kommissarisch agierenden Ministerien, aber auch mit der wahrscheinlichen neuen Regierung der Ampel-Koalition nicht einigen. Umwelt- und Verkehrsministerium lagen laut Spiegel nach vor allem bei der insgesamt eher marginalen Frage der E-Fuels quer. Die Aufnahme eines entsprechenden Passus auf Wunsch des Verkehrsministeriums hatte aber die britische Regierung rundweg abgelehnt und unmissverständlich in der Fußnote klargestellt, dass ein Netto-Null-Emissions-Auto eines sei, bei dem null Abgase aus dem Auspuff kommen. Wodurch die deutsche Ablehnung unausweichlich war für den verhandelnden Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth. Aber auch deutsche Städte oder Regionen sucht man vergebens in der sonst namhaften Liste.

Peinlich für Deutschland - schlimmer das Fehlen der USA und Chinas

Nicht minder schwer wiegt das Fehlen der USA, von China, aber auch Automobilländer wie Japan und Frankreich bei der Deklaration, das die Umwelt-NGO Transport & Environment kritisierte. Ohne diese Länder werde es mehr brauchen, als eine nicht-bindende Erklärung, um die größte Emissionsquelle im Transport zu schließen, kommentierte die Dachorganisation wichtiger europäischer Umwelt- und Verkehrsverbände. Darüber hinaus müssten die Ankündigungen nun auch im Abgleich mit den aktuellen Zielen in nationales Recht und bindende Regelungen überführt werden.

"Die Autoindustrie setzt sich mit ihren Elektrifizierungsplänen vor die staatlichen Regulierer. Aber die Pläne werden sich nicht umsetzen lassen ohne konkrete Zielvorgaben, die Pkw-Emissionen bis spätestens 2035 auf Null zu drücken. Die USA, Europa, speziell Deutschland und Frankreich müssen hier eine Führungsrolle übernehmen", forderte Julia Poliscanova, Senior Director für Fahrzeug und E-Mobilität bei T&E.

Großbritannien will fossilfreie Trucks bis 2035

Unterdessen hatte Großbritannien unter dem in Glasgow gastgebenen Premierminister Boris Johnson in einer eigenen Erklärung angekündigt, den Verkauf aller neuer Diesel Lkw zwischen 2035 und 2040 in UK zu beenden. Schon von 2030 an sollen keine Pkw mit Verbrenner mehr auf den Markt kommen. Das traf auf Anerkennung der NGO. Würde das umgesetzt, wäre Großbritannien damit an der Spitze der Reihe derer, die die Nutzung fossiler Kraftstoffe in Fahrzeugen bis 2050 beenden wollen, so die NGO.

“Die Technologie, Lkw ohne Verbrennung von fossilem Sprit anzutreiben, reift heran und die Kosten dafür fallen. Indem sich Großbritannien hier an die Spitze setzt, verdeutlicht man nicht nur die Dringlichkeit der Klimakrise, sondern hilft auch, die Städte von der Luftverschmutzung zu befreien, während man neue Geschäftsfelder und Jobs schafft. Das ist eine Win-Win-Situation für Wirtschaft und die Umwelt", erklärte Greg Archer, UK Director bei T&E.

Die britische Regierung verwies auf messbare Fortschritte in Sachen emissionsfreier Transport, die jüngst von einer in Auftrag gegebenen globalen Analyse von Bloomberg New Energy Finance untermauert wurden. Demnach hätten jetzt 31 Prozent der weltweiten Pkw-Märkte ein Hersteller-Commitment zum Verbrennerausstieg. Zudem hätten die globalen Verkäufe von Zero-Emission-Fahrzeugen von 2019 auf 2021 von 2,1 auf 5,3 Millionen zugelegt. Die Prognose liege bei 70 Prozent ZEVs bis 2040, eine Verdoppelung in den letzten fünf Jahren. Und schließlich lägen 19 Prozent der 2020er-Pkw-Verkäufe aus Ländern vor, die jetzt einen Verbrennerausstieg angekündigt hätten, ein Wert, der 2019 noch bei fünf Prozent gelegen hätte, wie die britische Regierung wirbt. 

Was bedeutet das?

Es ist wohl der kleinste gemeinsame Nenner, den man auf der insgesamt aus Sicht der Klimawissenschaft bei weitem unzureichenden COP26 in Glasgow im chronisch verspäteten Verkehrssektor noch hinbekommen hat. 2035 als Ausstiegsdatum für Verbrenner in "führenden Märkten", das erscheint nicht gerade ambitioniert und ist eigentlich schon heute "common sense". Die EU will bis 2035 die Emissionen von Neuwagen sowieso auf Null bringen, Hersteller wie Volvo, Audi, der deutsche Stellantis-Ableger Opel deutlich früher nur noch elektrische Fahrzeuge verkaufen.

Dass Deutschland sich unter seinem scheidenden und weiterhin wegen Marginalien bockigen Verkehrsminister, der mit einer realitätsfernen Minderheit an E-Fuels als Strohhalm klammert, nicht einmal dazu bekennen mag, ist nur noch peinlich - und ein vergiftetes Abschiedsgeschenk an die wacker um eine neue Koalition ringenden Ampel-Verhandler in Berlin. Es passt aber ins erschreckend visionslose Bild der Dekade der CSU-Verkehrsminister - von Ära will man hier lieber nicht sprechen.

So ergibt es in Europa und den Industrienationen fast von selbst, wenn man berücksichtigt, dass mit steigendem CO2-Preis auch das Fahren eines Verbrenners viel teurer wird und die batterielektrischen Autos schon heute mindestens Preisparität in der Anschaffung, aber erst recht in den Gesamtbetriebskosten erreichen. Bei den Gesamtemissionen über den Lebenszyklus sind sie sowieso schon meilenweit überlegen und werden immer besser, wenn endlich die Energiewende konsequent vollzogen würde.

Die Vorstellung, dass man in 15 Jahren immer noch neue Verbrenner verkaufen will, erscheint geradezu abwegig.

Und ebenso riskant die ambivalente Strategie speziell von Volkswagen und BMW. Zumal wenn man berücksichtigt, dass beide Hersteller E-Modelle im Programm haben, die ihre eigenen Verbrenner schon aktuell uralt aussehen lassen. Das wirkt fast ein wenig schizophren, in jedem Fall widersprüchlich und wenig stringent. Da ist die Linie von Daimler- und Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius klarer: Bis 2030 soll die Marke mit dem Stern auf 100 Prozent emissionsfreie Neuwagen kommen, je schneller desto besser, gab er jetzt als Maxime des Handelns vor. Bizarr, dass sich ein Auto-Boss im Jahr 2030 für so eine Strategie rechtfertigen muss. Und sich Källenius aus diplomatischen Gründen beeilte hinzuzufügen, Verbrenner seien keine "Bad Bank".

BMW hätte die Speerspitze sein können - ein deutscher Tesla

Im Falle von BMW ist es besonders ärgerlich, wenn nicht fahrlässig, weil die Münchner in Sachen E-Mobilität meilenweit voraus waren und ein auf den avantgardistischen, aber überambitionierten i3 zeitig nachgelegter, Allzweckstromer i4, der eigentlich auch früh auf dem Zettel stand, das Aufkommen von Tesla zumindest stark eingedämmt hätte. Der heutige i4 ist ein wunderbares Auto, aber halt als (immer noch) Multiantriebsmodell "me too" neben den dedizierten, raum- und energieeffizienten Stromern von Tesla und vor allem den Koreanern von Kia und Hyundai. Der iX? Zu groß, zu schwer und zu teuer, um als "Weltrettungmobil" durchzugehen. Und Toyota mutierte vom Vorreiter zum Nachzügler, der den Einstieg in die reine E-Mobilität verpasst hat, offiziell verkündet, den Verbrenner weiter optimieren zu wollen und im Jahr 2021 mit dem Aygo X einen Kleinwagen ausschließlich mit Verbrenner und 5,4 l/100 km Verbrauch vorstellt. Immerhin: Auch in Tokyo drückt man auf's Strompedal und launcht im nächsten Jahr den nach dem Lexus UX300e ersten reinen Stromer bz4x. Ok, der Fairness halber seien auch die Stellantis-Leihgaben der Nutzfahrzeugsparte Proace und Proace City Electric angeführt.

Aber ganz ehrlich: Wer heute in Deutschland denn noch den Kauf eines eigenen Pkw-Neuwagens erwägt und den durchschnittlichen Preis von laut Statista 36.300 Euro auszugeben bereit ist, der muss nun wirklich keinen Verbrenner mehr kaufen, sondern hat eine durchaus vielfältige und mittlerweile große Auswahl an vollelektrischen Allzweck- und Alltags-Mobilen fast jeder Couleur. Die Erklärung von Glasgow hinkt der technologischen Realität hinterher. Mancher Hersteller auch - sogar seiner eigenen.

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