Coast2Coast: 8.000 Kilometer im Kia EV9
Wenn man von drei Wochen gut drei Tage durchgehend in einem Auto verbringt, muss das was können und man kann es gut beurteilen – und wir sprechen dem Kia seine Auszeichnungen jetzt gleich zu Beginn zu Recht zu, denn:
- Er erweist sich als extrem zuverlässig, solide verarbeitet
- Er punktet mit einem Fahrwerk, dass exakt den Sweet Spot zwischen immer komfortabel, aber auch immer straff genug findet
- Er bietet vier Personen samt üppigem Reisegepäck sehr viel Platz, kann aber auch mit sechs Passagieren an Bord
- Er kann Ladeplanung – so vorsichtig, dass auch mal defekte Säulen vorkommen können und man trotzdem noch den nächsten Ladepunkt erreicht.
- Er lädt schnell: 20 bis 80% SOC waren IMMER in weit weniger als 30 Minuten erreicht – außer der Ladepunkt ließ es nicht zu
- Er ist mit einem Grundpreis von 73.900 US-Dollar, das sind 66.192,23 Euro (Stand 27.8.2024) für die GT-Line AWD fair eingepreist. Die RWD-Basis mit großem Long-Range-Akku startet gar bei 53.025,44 Euro – alles allerdings vor Steuern!
Und so waren die exakt 8.044,77 Kilometer quer durch die USA – teils auf den Spuren der legendären Route 66, die einst Chicago und L.A. verband, ein Genuss! Immer gut klimatisiert, nie Rückenschmerzen und fast immer mit echten 400 km Reichweite (mal 385, mal 425) im Angebot. Doch wegen der vorsichtigen Ladeplanung kamen wir so nicht mit 20 bis 25 Ladestopps aus, sondern fassten insgesamt 47 Mal Strom nach!
Im Schnitt meldete uns das Display 2,7 Meilen pro kWh, was umgerechnet exakt 23,0 kWh/100 km netto vor und rund 25,3 kWh/100 km netto nach Ladeverlusten sind. Für zügige Autobahnschnitte (teils mit 80-85 Meilen) und eine oft bei 40 Grad Außentemperatur arbeitende Klimaanlage ein absolut passabler Wert. Hier hatten wir mehr erwartet!
Und ja, das hat dann doch mehr Zeit gekostet als mit dem Verbrenner und führte insgesamt leider vier- bis fünfmal zu unschönen Erlebnissen, die von nicht existierenden Ladepunkten über nicht funktionierende Lademöglichkeiten bis hin zu einer Schlägerei an den Ladepunkten reichten. Und wir ernüchtert feststellen mussten: Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist noch nicht ganz bereit für das World car of the year 2024…
Hat das denn überhaupt Nachteile? Ja, auch die wollen wir nicht verschweigen, wobei es sich hier um Details handelt:
- Die Spracheingabe funktioniert eher lala, gleiches gilt für die Navigation: Mal fanden wir das Ziel per Sprache besser, mal per Eingabe. Aber die US-Adressen mit Zahlen vorneweg sind da bisweilen heikel
- In den Untermenüs kann man sich verlieren: Trotzdem fanden wir keine Möglichkeit, die Innenbeleuchtung von ausgerechnet rosa-violett auf eine andere Farbkombi zu ändern. Sodass wir nachts gefühlt immer im „Flamingo“ in Las Vegas unterwegs waren.
- Der Tempowarner schweigt, aber der Müdigkeitswarner lässt sich in den USA nicht wegklicken – und wurde nach je drei Stunden immer hyperaktiv – als uns aber einmal wirklich die Augenlider schwer wurden, hatte das eher keine Konsequenzen. Weshalb wir fragen: Was misst der EV9 in den USA da?
Womit wir zuletzt bei den Softfacts wie dem Design wären: Das polarisiert und kommt an – wir erlebten etliche Daumen nach oben – auch und gerade aus klassischen verchromten Hauben-Lkw und von Harley-Fahrern. Und uns dämmerte bald: Diese Optik mit den senkrechten Leuchten und die gekonnte Kantigkeit hätte eigentlich Cadillac bringen müssen! Dazu kamen immer wieder Fragen nach Verbrauch. Ladegeschwindigkeit und ob wir zufrieden seien.
Was wir bestätigen konnten – ja, wir waren zufrieden und stellten am Ende fest: Der EV9 ist nicht nur World car of the year 2024, sondern Gamechanger für Kia: Denn er hebt die Marke aus dem US-Einheitsbrei der sonstigen asiatischen und auch US-amerikanischen SUV heraus – in dem teils auch die Europäer untergehen.
Was bedeutet das?
Der Kia EV9 ist vielleicht nicht in allen Punkten das „Beste Auto der Welt“ – kam aber in unserem Einsatz verdammt nah ran und markiert für die Marke einen Wendepunkt, in dem sie ganz zu sich selbst findet und optisch erstmals einen ganz eigenen starken Weg einschlägt. Der EV9 ist nicht irgendein Asia-SUV, sondern er ist: DER KIA!
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