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City-Verkehr: MB Vans fährt mit Vision Urbanetic flexibel

Mit einer futuristischen Studie zeigt der Hersteller, wie der urbane Liefer- und Personenverkehr in Zukunft aussehen könnte: Vernetzt, autonom und hochflexibel.

Bemannte Raumfahrt: So stellt sich MB Vans einen "Carrier" für Personen vor - in der gar nicht so fernen Zukunft, wie es heißt. | Foto: Daimler
Bemannte Raumfahrt: So stellt sich MB Vans einen "Carrier" für Personen vor - in der gar nicht so fernen Zukunft, wie es heißt. | Foto: Daimler
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Johannes Reichel

Die Daimler-Tochter Mercedes-Benz Vans hat in Kopenhagen ein neuartiges Mobilitätskonzept für autonomen, elektrischen Transport von Personen und Fracht in der Stadt vorgestellt. Der sogenannte Vision Urbanetic soll nach dem Dafürhalten des Herstellers die Trennung von Personenbeförderung und Gütertransport aufheben. "Das Konzept reduziert die Verkehrsströme, entlastet innerstädtische Infrastrukturen und trägt zu einer neuen urbanen Lebensqualität bei", verspricht der Anbieter.

Das  Konzept basiert auf einem autonom fahrenden, elektrisch betriebenen Chassis, das unterschiedliche Wechselaufbauten für die Personenbeförderung oder den Gütertransport tragen kann. Als Ride-Sharing-Fahrzeug befördere die Studie bis zu zwölf Passagiere, im Cargo-Modul lassen sich bis zehn EPAL-Paletten transportieren.  Bei einer Fahrzeuglänge exakt auf Vito-L2-Niveau von 5,14 Meter wurde eine üppige Laderaumlänge von 3,70 Meter realisiert, mehr als ein Standard-Sprinter bietet. Der Wechsel der Module erfolgt automatisiert oder alternativ manuell und dauert im automatisierten Ablauf nur wenige Minuten, beschreibt der Hersteller.

Autonom fahrende, elektrische Plattform

Im mit mit Ultraschall-, Radar- Lidar- und Kamerasensorik ausgestatteten Triebkopf sind ähnlich einer Sattelzugmaschine alle Fahrfunktionen untergebracht, so dass das autonome Chassis auch ohne Aufbau zum nächsten Einsatzort gelangen könnte. Für mehr Sicherheit sorgen sollen redundante Komponenten für alle wichtigen Aktionen wie Lenken, Bremsen oder Beschleunigen.

Das im Stile von Seecontainern gestaltete Cargo-Modul dient als klassischer Lastenträger. Dank seines flexibel einsetzbaren Ladebodens kann es in zwei Ebenen unterteilt werden und bis zu zehn EPAL-Paletten transportieren. Das Laderaumvolumen liegt bei 10 m³, die maximale Zuladung bei ca. einer Tonne. Alternativ lässt sich das Fahrzeug mit vollautomatisierten Regalsystemen ausstatten und kann etwa als mobile Paketstation zur Auslieferung auf der letzten Meile genutzt werden. Weitere Einsatzvarianten sind denkbar, da das Konzept mit unterschiedlichsten Aufsätzen für weitere Branchen und Zwecke ausgerüstet werden könne, skizziert der Hersteller weiter.

Zudem integriert das Konzept eine IT-Infrastruktur, die in Echtzeit Angebot und Nachfrage in einem definierten Mobilitätsraum analysiert. Daraus resultiere eine autonom fahrende Flotte, deren Routen flexibel und effizient auf Basis des aktuellen Beförderungsbedarfs geplant werden.

Vernetzung: Warte- und Lieferzeiten verkürzen

Darüber hinaus soll dank Vernetzung, Auswertung lokaler Informationen und einer intelligenten Steuerung das System nicht nur aktuelle Bedarfe analysieren können, sondern auch lernfähig sein. So sei es in der Lage, zukünftige Nachfrage zu antizipieren und darauf zu reagieren. Damit ließen sich Prozesse optimieren und beispielsweise Warte- oder Lieferzeiten verkürzt und Staus vermieden werden. So erkenne das System über die Datenerfassung im sogenannte Vehicle Control Center etwa eine Menschengruppe in einem gewissen Bereich. Es kann daraufhin proaktiv Fahrzeuge senden, um den gesteigerten Bedarf abzufangen. Das System kann also flexibel reagieren und basiert nicht auf starren Routen oder festen Fahrplänen.

Design: Ein Skateboard als Basis

Beim Design diente ein sogenanntes "Skateboard" als flexible Plattform, die je nach Anwendung einen Kofferaufbau oder eine Kapsel für Personenverkehr erlaubt. Die Cargoversion sei dabei deutlich einfacher zu gestalten gewesen, wie Designer Bertrand Janssen erklärt. Man nahm dabei Anleihen an gängigen Alu-Rollkoffern und suggeriert damit zugleich Leichtigkeit. Die Personenverkehrsvariante weist ein deutlich komplexeres Design auf, mit einer geschlossenen sowie einer luftigen, reichlich verglasten Seite. Je nach Vorliebe kann man also in der "Cocooning"-Ecke oder in der "Sight-Seeing"-Area Platz nehmen, umringt von einem Info- und Entertainment-Band im verglasten Dach. Nach außen warnt das Konzept per Lichtsignalen die Passanten, etwa im Frontgrill mit der Anzeige "Stopp" oder "Warten". Seitlich läuft ein "digitaler Schatten" mit Radfahrer oder Fußgänger mit und macht damit deutlich, dass das autonome Fahrzeug ihn erkannt hat. Apropos: Das Erkennen des eigenen, bestellten Shuttles erleichtert ein deutlich sichtbares Farbspiel auf der Karosse.

Zukunft: Nicht morgen, aber vielleicht übermorgen

Damit das Konzept Realität werden kann, fehlen allerdings noch einige wichtige Bausteine wie der rechtliche Rahmen, die Klärung versicherungstechnischer Fragen oder auch die Funkinfrastruktur (5G), wie der Hersteller betont. Beginnend in geschlossenen Arealen wie Flughäfen oder Betriebsgeländen kann man sich bei Daimler allerdings einen Einsatz in näherer Zukunft durchaus vorstellen.

Was bedeutet das?

Es sind noch einige "Wenns" auf dem Pfad in die Realität, die dem Vision Urbanetic im Weg stehen. Aber ganz so abstrus-futuristisch, wie es im ersten Augenblick und sicher auch dem avantgardistischen Design geschuldet anmuten mag, ist das Konzept aus der Van-Sparte des Daimler-Konzerns nicht. Die Technologie für das autonome Fahren Level 5 ist im Prinzip vorhanden, einen Elektro-Van hat der Konzern mit dem eVito ebenfalls bereits am Start. Und die Idee mit dem autark agierenden Triebkopf (Zugmaschine) sowie deponierbaren Aufbauten (Wechselbrücken) ist gängige Praxis in der Logistik, insofern clever auf Level 4.0 gebracht und cool in der Nutzung auf Personen- und Gütertransport flexibilisiert. Es hapert mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, dem dringend benötigten schnellen Datennetz sowie lästigen, aber nötig zu klärenden Versicherungsfragen. Bis dahin könnte der Urbanetic sich schon mal in Pilottests warmlaufen.

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