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CES 2022: Valeo digitalisiert und elektrifiziert weiter

Auf der IAA und CES brannte Valeo zwei weitere Neuheitenfeuerwerke ab, die extrem viele Bereiche abdecken. Außerdem möchte Valeo bis 2050 komplett CO2-neutral agieren. Wir ließen uns von Valeo-Deutschland-Geschäftsführer Andreas Heinrich die Hintergründe und Pläne seines Unternehmens im Detail erklären. 

Seltene Gelegenheit: Valeo-Deutschland-Geschäftsführer Andreas Heinrich gab anlässlich der CES 2022 ein ausführliches Interview zu Hintergründen und Zukunftsplänen von Valeo. | Foto: Valeo
Seltene Gelegenheit: Valeo-Deutschland-Geschäftsführer Andreas Heinrich gab anlässlich der CES 2022 ein ausführliches Interview zu Hintergründen und Zukunftsplänen von Valeo. | Foto: Valeo
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Gregor Soller

Die CES 2022 will wieder an das Vor-Corona-Niveau anknüpfen. Heißt auch für Valeo, dass er IAA-Neuheitenstrauß um neue "Blumen" ergänzt wird. 

Neben der aktuellsten Lidar-Generation und den neuesten elektrischen Antrieben für Pkw in Kooperation mit Siemens sowie Filtrations- und Klimatisierungssystemen kommen dazu auch komplette Antriebssysteme für Fahr- und Lastenräder, Ladetechnik und Covid-19-Teststationen, in denen sich das Virus binnen zwei Minuten feststellen lässt. Ein Riesenportfolio mit verschiedensten Aspekten, die den OEMs und Nutzern nicht nur die Mobilität angenehmer gestalten. Gleichzeitig treiben die Branche viele neue Themen um, die wir mit Valeos Deutschland-Chef, Dr. Andreas Heinrich, besprachen.

 

Valeo hat ein sehr umfassendes Portfolio im Bereich Mobilität. Wie verteilen sich die einzelnen Bereiche anteilig? 

Heinrich: Unsere Intention ist immer, Mobilität sicherer, sauberer und intelligenter zu gestalten. Dafür haben wir vier Geschäftsbereiche flankiert von einer Serviceabteilung, die all das ermöglichen sollen. Zum einen ist da der Geschäftsbereich Comfort Driving Assistance (CDA), der etwa 20 Prozent des Umsatzes ausmacht, dazu kommt der Bereich Powertrain Systems mit rund 27 Prozent, der Bereich Thermal Systems, der rund 23 Prozent verantwortet und last but not least Visibility Systems, das vom Scheibenwischer bis zum Licht reicht, und rund 30 Prozent ausmacht. An den Umsatzanteilen sehen sie bereits, dass alle Bereiche in etwa gleich groß und wichtig sind.

Zur IAA haben sie sich in ganz neue Bereiche vorgewagt: Das Thema Zwei- und Lastenrad kann ich hier ebenso wenig zuordnen wie den Bereich Health Care?

Heinrich: Wenn ich über die Sensorik im Innenraum das Wohlbefinden der Insassen ermittele und daraus wieder neue Systeme entwickele, kommt das aus dem Bereich Comfort Driving Assistance – und um dann die richtige Klimatisierung einzustellen benötige ich das Klima- und Thermomanagement. Das Thema kann man dann weiterspinnen über Infrarotsysteme zum Heizen oder neue Filtrationssysteme bis hin zum Thema Innenbeleuchtung – hier ergeben sich spannende neue Synergien aus den einzelnen Bereichen, die wieder neue Produkte hervorbringen.

Man hat den Eindruck, dass solche Gesamtsysteme für die Autoindustrie immer wichtiger werden, gleichzeitig liest man zuletzt aber von Bestrebungen, dass die OEMs diese Kompetenzen wieder verstärkt in-house zurückholen möchte. Doch bei Themen wie Fahrassistenz/Sensorik oder Elektrifizierung ist Valeo führend. Welche Trends zeichnen sich da ab?

Heinrich: Wir begleiten die Autoindustrie seit über zehn Jahren auf dem Weg der Elektrifizierung. Die Umstellung vom Verbrenner über Mildhybride und Plug-in-Hybride bis hin zu rein elektrischen Fahrzeugen bindet dort sehr viele Ressourcen. Deshalb sehen wir bei der Elektrifizierung, wo wir weltweit führend sind, für uns sehr gute Marktchancen und liefern einen steigenden Content. Wir haben bereits vor über zehn Jahren angefangen, unser Portfolio entsprechend umzustellen. Dazu gibt es verschiedene Ansätze: So haben wir schon sehr früh in die 48-Volt-Technik investiert, da man hier mit sehr überschaubaren Kosten schnell merkliche Einsparungen erzielen kann. Aus diesen Neuentwicklungen heraus entwickeln wir dann neue Komponenten, Teile und Plattformen. Unsere Strategie ist, diese dann wiederum in andere Märkte und Produktgruppen auszurollen, wie beispielsweise Scooter, Shuttles oder autonome Lieferfahrzeuge.

Dass man hier vom Auto- auf einen Fahrradantrieb kommt, ist klar, aber ist die Ladetechnik für E-Fahrzeuge nicht ein ganz anderes Thema?

Heinrich (lächelt): Beim Antrieb für E-Bikes waren wir die Ersten, die E-Motor und ein vollautomatisches Getriebe miteinander kombinierten. Ein gutes Beispiel für unseren integralen Ansatz. Den fahren wir auch bei der Ladetechnik: Für die Elektrifizierung der Antriebe beschäftigen wir uns zum Beispiel auch mit Wechselrichtern und Co. Das Know-How ist also da und wir transformieren es in andere Bereiche auch außerhalb des Automobils. 2022 werden wir mit den ersten Ladestationen in Produktion gehen.

Ein großes und wichtiges Feld ist autonomes Fahren und ADAS. Auf der IAA gab es ein paar spannende Themen, unter anderem automatisches Parken, Fahrdemonstrationen mit Level 3 und 4. Zu dem Bereich zählt auch die Lidar-Sensorik. Genügt die verwendete, mechanische komplexe Drehspiegeltechnik auch künftigen Anforderungen?

Heinrich: Genau, das autonome Fahren ist ein zentrales Thema für Valeo, wir sind die Nummer 1 weltweit im Bereich Fahrassistenz und Sensorik. Das Thema LiDAR spielt hier eine wichtige Rolle und wir haben im November die dritte Generation angekündigt. Im Markt sind wir sehr gut platziert: Aktuell würde ich sagen, dass 99 Prozent der in einem Fahrzeug installierten LiDAR-Scanner weltweit mit einem Valeo-LiDAR ausgestattet sind. Seit 2017 haben wir hier rund 150.000 Einheiten produziert in Wemding und die Drehspiegeltechnik arbeitet perfekt und problemfrei. Gerade hat Daimler für die S-Klasse für den Drive-Pilot die Zulassung erhalten, dass das Fahrzeug autonom nach Level 3 fahren kann. Dieser Markt wird weiterwachsen und wir schätzen, das bis 2030 rund dreißig Prozent der Premiumfahrzeuge Level-3-fähig sein werden. Produktionstechnisch funktioniert die Drehspiegeltechnik sehr gut, aber weil sie nach den Perspektiven gefragt haben: es gibt Ansätze mit Mikrospiegeln oder Festkörpern, aber wir sehen, das Festkörper-Alternativen ab 2023 schrittweise auf den Markt kommen und nicht vor 2026 in der Massenproduktion verfügbar sind. 

Auch das Thermomanagement macht einen großen Teil im Valeo-Portfolio aus. Die Klimaanlagen brauchen immer noch viel Platz. An welchen Innovationen arbeitet Valeo in dem Bereich Kühlung/Heizung?

Heinrich: Das Thermomanagement hat eine neue Dimension erreicht, denn zum Heizen fehlt die Abwärme des Motors und zum Kühlen braucht es einen Klimakompressor. Heizen und Kühlen kostet im Elektrofahrzeug extrem viel Energie, zumal auch der Akku temperiert werden muss. Bei der Akkutemperierung sind wir Weltmarktführer doch auch dieses Thema können wir mit unseren Divisionen weitertreiben: So kann man statt der Luft verstärkt Oberflächen heizen und durch die Systeme bei „Comfort Driving“ können wir erkennen, wie viele Personen im Fahrzeug sitzen und wie es um deren Wohlbefinden steht. So kann man beispielsweise mit unserem FlexHeater bei einem Fahrer 50 Prozent Heizleistung einsparen und selbst bei einem vollbesetzten Auto braucht man 25 Prozent weniger Strom.

Das sind spannende Zahlen…

Heinrich: Die wir für mehr Effizienz nutzen können. Hardwareseitig können wir mit Infrarotheizungen und Wärmepumpen zusätzliches Effizienzpotenzial heben.

Warum ist Letztere nicht längst in jedem E-Auto Serie?

Heinrich: Das hat mehrere Gründe. Erstens ist es klar eine Kostenfrage, zweitens hängt es mit den verwendeten Fluiden zusammen. Das Kältemittel R744 auf Kohlendioxydbasis funktioniert zum Beispiel bei der Wärmepumpe gut zum Heizen, ist aber schlecht zum Kühlen und auch nicht ganz günstig. Hier kommt es auf viele kleine Details an.

Damit Hand in Hand geht auch das Thema Filtration und Virenschutz – auch im ÖPNV und der Infrastruktur. Welche Innovationen sind hier demnächst zu erwarten – und können diese uns vielleicht sogar bei der Pandemiebekämpfung respektive –Eindämmung unterstützen?

Heinrich: Die Pandemiebekämpfung ist extrem wichtig für Valeo und wurde innerhalb unserer Organisation stringent und weltweit abgeglichen. Die Pandemie hat auch Auswirkung auf unsere Kunden: Es hat das Bewusstsein für Gesundheit weltweit gestärkt, was früher vor allem in Asien Thema war, Stichwort Feinstaub und Antivirus-Luftsysteme. Entsprechend wurden auch unsere Filtersysteme und Purifier ständig weiterentwickelt, außerdem wird ihre Wirksamkeit ständig validiert. Wir haben Filter-Produkte sowohl für den ÖPNV-Bereich als auch den Pkw.

Hilft das auch gegen die Ausbreitung von Covid-19?

Heinrich: Ja. Aktuell werden bei den von uns im Haus produzierten Filtern für das Auto 96 Prozent aller Allergene und 99,4 Prozent der Viren, einschließlich Covid, zurückgehalten.

Führte das zu der stationären Covid-19-Teststation?  

Heinrich (lächelt): Indirekt ja. Diese entstand natürlich in Zusammenarbeit mit Instituten und Kliniken und ermöglicht einen Covid-Test in weniger als zwei Minuten. Ein sehr spannendes Thema, das wir weiter beleuchten und ausbauen werden.

Aber die Filter müssen irgendwann entsorgt werden, ebenso wie die Kältemittel und Rohstoffe ihrer Produkte? Gibt es hier schon Ansätze für ein Cradle-to-Cradle Prinzip oder Stoffkreisläufe?

Heinrich: Ich würde das Thema erstmal an einer ganz anderen Ecke aufhängen, nämlich dem Klimaschutz und der Klimaneutralität generell. Hierzu laufen intern seit langem viele Projekte, denn bis 2050 soll Valeo klimaneutral sein. Bis 2030 wollen wir 45 Prozent Klimaneutralität geschafft haben.

Das klingt im Vergleich zu vielen anderen Ankündigungen eher vorsichtig….

Heinrich: Weil es ein sehr komplexes Thema ist, das man nicht in ein paar Jahren vollumfänglich abgearbeitet bekommt. Ein großer Hebel ist klar die Produktion und Energieversorgung, wo wir CO2 bis 2030 um 75 Prozent reduzieren können. Dafür setzen wir 400 Millionen Euro ein. Die fließen unter anderem in LED-Beleuchtungen in allen Gebäuden, Wärmerückgewinnung und selbstkühlende Gebäude und die großflächige Bestückung unserer Immobilien mit Solar- respektive Photovoltaik. Unser Standort Bad Rodach, an dem wir zufällig thermische Systeme entwickeln, ist so fast komplett energieautark.

Bei Ihnen wird auch geforscht und entwickelt. Können Sie uns hier auch noch eine Zahl für F+E nennen?

Heinrich: Gerne – Das Thema CO2-Reduktion betrifft ja nicht nur unsere Fertigung, sondern auch unsere Produkte: Valeo ist seit langem prinzipiell darauf fokussiert, den CO2-Fußabdruck auch produktseitig zu reduzieren. In den letzten zehn Jahren hat Valeo mehr als 10 Milliarden Euro in Technologien investiert, die den CO2-Ausstoß reduzieren. Unser Umsatz mit Technologien zur Reduzierung von CO2-Emissionen ist seit 2009 um das 20-fache gestiegen und wird im Jahr 2021 rund 10 Milliarden Euro erreichen. Deshalb ist Forschung und Entwicklung auch die Grundlage für unseren Erfolg.

Haben Sie dazu (F&E) auch Zahlen?

Heinrich: natürlich. Im Jahr 2020 haben wir weltweit in etwa 12 Prozent unseres Umsatzes in F+E reinvestiert – die Branche liegt hier im Schnitt eher bei sechs Prozent. Und die Zahl unserer Ingenieure weltweit stieg ebenso: Von 6.000 im Jahr 2009 auf gut 20.000 im Jahr 2020.

Denkt Valeo in dem Zusammenhang auch daran, künftig eigene Chips zu entwickeln und eigene Software zu schreiben. Dass es eines Tages ein V-OS geben könnte?

Heinrich: Der Chipmangel ist ein Problem, das die gesamte Industrie betrifft, das kann ein Unternehmen allein nicht stemmen. Aber in Sachen Software sind wir meiner Meinung nach sehr gut aufgestellt, denn über ein Drittel unserer 20.000 Ingenieure, nämlich rund 7.000, arbeiten im Softwarebereich. Das ist die Zukunft.

Wie beurteilen sie die Zukunft für den Standort Deutschland?

Heinrich: Ich blicke positiv in die Zukunft! Deutschland ist für Valeo extrem wichtig, da die deutschen Autohersteller rund dreißig Prozent zu unserem Konzernumsatz beitragen. Alle Geschäftsbereiche und Valeo Service sind in Deutschland vertreten. Wir haben 28 Standorte hier, davon 14 als Produktionsstätten acht mit F+E sowie Front Offices bei unseren Kunden. Insgesamt haben wir in Deutschland 7.200 Mitarbeiter, mit denen wir so auch die Nähe zum Kunden pflegen können.

Und wie hat sich das Elektroantriebs-Joint-Venture mit Siemens entwickelt? Der Antrieb kommt ja im Mercedes-Benz EQS zum Einsatz

Heinrich: Das Joint Venture hat meine Erwartungen weit übertroffen! Unser Ziel war es, die OEMs bei der Umstellung auf elektrifizierte und rein elektrische Antriebe zu begleiten und das hat bisher sehr gut funktioniert. Die Transformation wird sich weiter beschleunigen. Der Markt wird weiter stark wachsen, er wird bis 2030 um das Fünffache wachsen

Und wie beurteilen sie die Zusammenarbeit mit Siemens?

Heinrich: Auch die läuft hervorragend! Wir sind für Elektronik und Software verantwortlich und bringen unser Know-how in der Automobilbranche ein, während Siemens sein Know-how bei den Thema Hochspannungstechnik einbringt. Das ergänzt sich wunderbar, sodass wir den Kunden hier eine sehr effiziente Lösung anbieten können.

Wie wird sich die Effizienz bei den elektrischen Antrieben Ihrer Ansicht nach entwickeln?

Heinrich: Effizienz ist ein gutes Stichwort: Da gibt es unserer Erfahrung nach durchaus noch Unterschiede bei den einzelnen Antrieben, obwohl E-Motoren per se sehr sparsam sind. Die Entwicklung der elektrischen Antriebe wird von verschiedenen Dingen getrieben sein: Einerseits von den Rohstoffen und deren Verfügbarkeit. Weniger seltene Erden, mehr Recyclingmaterial, hier gibt es noch viele Potenziale. Und zweitens natürlich von der Effizienz der Antriebe selbst und hier arbeiten wir schon an einigen neuen Lösungen, die hoffentlich schnell in den Markt finden werden, denn tatsächlich ist Fakt: Die Elektrifizierung der Mobilität braucht eine Effizienzsteigerung!

Das Interview führte Gregor Soller

Lebenslauf Dr. Andreas Hienrich:

Der gebürtige Dresdner Dr. Andreas Heinrich startete seine Karriere als Projektmanager bei Siemens VDO, bevor er zu Visteon Corporation wechselte, wo er als Director German OEM Customer Group und Managing Director arbeitete, bevor er Vice President bei der Europa- Tochter der Lear Corporation wurde. Seit 2014 ist er bei Valeo, wo er als General Manager Thermal Systems startete. Seit 2019 verantwortet er als Group President Germany das Deutschlandgeschäft.

Was bedeutet das?

Valeo begann rechtzeitig, sein Portfolio auf neue Produkte umzustellen - was der Konzern aktuell fortführt. Entsprechend werden auch 2022 wieder viele News präsentiert. Nebenher treibt der Konzern seine Bestrebungen in Sachen CO2-Neutralität voran - und gibt hier realistische und umsetzbare Ziele vor. 

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