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BUND: Verkehrswegeplan 2030 verfassungswidrig

Umwelt-NGO wirft Verkehrsministerium in einem Rechtsgutachten vor, den Verkehrswegeplan ohne Berücksichtigung der deutschen und EU-weiten Klimaschutzvorgaben erstellt zu haben.

Kampagne für Klimaschutz im Verkehr: Der BUND hat mit witzigen Memes die Mobilitätswende aufgegriffen und ruft zum vom 8.-10. Oktober zum Aktionswochenende Verkehrswende auf. | Foto: BUND
Kampagne für Klimaschutz im Verkehr: Der BUND hat mit witzigen Memes die Mobilitätswende aufgegriffen und ruft zum vom 8.-10. Oktober zum Aktionswochenende Verkehrswende auf. | Foto: BUND
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Johannes Reichel

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat in einem eigens in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten dem Bundesverkehrsministerium unter Leitung von Andreas Scheuer (CSU) vorgeworfen, der Bundesverkehrswegeplan erfülle nicht die Vorgaben der EU Kommission sowie des Bundesverfassungsgericht zum Klimaschutz. Angesichts der Herausforderungen, denen sich eine neue Regierung stellen müsse, zeige das Gutachten, dass sowohl der Fernstraßenbedarfsplan als auch der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 die EU-rechtlichen Vorgaben zur Strategischen Umweltprüfung nicht erfüllten, so die NGO. Darüber hinaus beachteten die Pläne die Belange des Klimaschutzes nicht entsprechend des Klimabeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 23.04.2021. Sie seien deshalb sowohl unions- und verfassungsrechtswidrig, befindet der BUND. 

"Dieses Gutachten zeigt: Die Fernstraßenplanungen, die zu einer Erhöhung der Treibhausgasemissionen führen, sind mit Grundgesetz und Klimaschutzgesetz nicht vereinbar und müssen von der neuen Bundesregierung sofort gestoppt werden", appellierte Antje von Broock, Geschäftsführerin des BUND an die potenzielle neue Bundesregierung. 

Eine komplette Überprüfung inklusive einer völligen Neuausrichtung der Pläne für die Verkehrsinfrastruktur sei nach ihrem Dafürhalten schon lange überfällig und müsse mit der 2022 routinemäßig anstehenden Bedarfsplanüberprüfung durchgeführt werden.

"Ein Festhalten am alten Straßenbauprogramm verhindert die Einhaltung der Ziele des Klimaschutzes im Verkehr und der Biodiversität. Für den BUND ist das ein Gradmesser für ein Mitregieren von Bündnis 90/Die Grünen", präzisierte Brook weiter.

Für die Verfasserin Rechtsanwältin Franziska Heß (Kanzlei Baumann Rechtsanwälte PartGmbB) werde durch das Gutachten klar, dass der Bundesverkehrswegeplan erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliege. Er sei weder mit dem Ziel der Klimaneutralität noch mit Artikel 20a des Grundgesetzes vereinbar. Dieser besagt, dass der Staat auch für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen künftiger Generationen sowie der Tiere verantwortlich ist. Das Pariser Klimaabkommen sieht eine Begrenzung auf deutlich unter zwei Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau vor.

"Der BVWP 2030 hat die Ziele des Pariser Klimaabkommens aber gar nicht berücksichtigt, sondern orientierte sich an anderen Maßgaben. Es ist auch nicht erkennbar, dass eine Einhaltung der Minderungsziele für den Verkehrssektor bei Realisierung der im Bundesverkehrswegeplan vorgesehenen Straßenprojekte gelingen kann. Es ist deshalb fraglich, ob dieser Plan noch bindend für die einzelnen Fernstraßenprojekte einen Bedarf vorgeben kann", befindet die Juristin. 

Werner Reh, Sprecher des Bundesarbeitskreises Verkehr des BUND bekräftigt, dass die ab 2022 anstehende turnusmäßige Überprüfung des Fernstraßenbedarfsplans Anlass sein müsse für eine Generalrevision dieser gigantischen Fehlplanung und einen rechtssicheren Zukunftsplan. Eine neue strategische Umweltprüfung (SUP) müsse dabei die Klimawirkungen des Netzausbaus und der Einzelprojekte ermitteln sowie klima- und umweltverträglichere Alternativen prüfen.

"Das heißt, Verkehr muss massiv auf das Schienennetz sowie den Nah- und Radverkehr verlagert werden. Laut Klimaschutzgesetz müssen bei Projekten, die die CO2-Emissionen erhöhen, was bei größeren Straßen regelmäßig der Fall ist, die klimaschonenden Lösungen umgesetzt werden", fordert Reh.

Der BUND habe solche klimaschonende Alternativen zu Straßenneu- und Ausbauprojekten bei der BVWP-Projektanmeldung 2013, der Öffentlichkeitsbeteiligung im Frühjahr 2016 und der Bundestagsberatung im Herbst 2016 offiziell eingereicht. Bisher seien sie alle ignoriert und überhaupt nicht behandelt worden, kritisiert der Verband. Ziel einer Überarbeitung und Neubewertung aller Verkehrsinfrastrukturprojekte müsse es sein, die Emissionsbudgets des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Bis 2030 müssten dafür die Treibhausgasemissionen im Verkehr, wie im Klimaschutzgesetz vorgegeben und vom Bundesverfassungsgericht unterstrichen, halbiert werden.

"Nur mit einer Reduzierung des Individualverkehrs und einer Stärkung des öffentlichen Verkehrs und des Radverkehrs lässt sich dieses Ziel erreichen", ist sich der BUND sicher.

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