Brandenburgs Wirtschaftsminister Steinbach: Deutschland verschläft Wandel zur E-Mobilität
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) befürchtet, dass Deutschland den notwendigen Wandel zur Elektromobilität verschläft. Den Wegfall der E-Auto-Förderung sieht er jedoch nicht als Grund für die Absatzflaute bei E-Autos.
"Wir sind gerade dabei, fünf Jahre des Wandels zur Elektromobilität zu verschenken und zu verschlafen", sagte Steinbach im Interview der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. "Das ist für Deutschland völlig kontraproduktiv. Die Politik des Bundesverkehrsministeriums geht in die falsche Richtung."
Die EU hat beschlossen, dass ab 2035 nur noch Neuwagen zugelassen werden sollen, die im Betrieb kein klimaschädliches CO2 ausstoßen. Die Bundesregierung hatte sich auf Drängen der FDP aber dafür eingesetzt, dass es Ausnahmen für E-Fuels geben soll. Das sind synthetische Kraftstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren theoretisch klimaneutral betrieben werden können. E-Fuels werden für den Autoverkehr kritisch gesehen.
Steinbach fordert günstigere E-Autos
"Ab 2035 sollen noch Verbrenner zugelassen werden, solange sie mit künstlichen Treibstoffen fahren. Solche Aussagen verführen dazu, dass die Automobilindustrie meint, dass sie noch deutlich länger mit der etablierten Technologie Geld machen kann", kritisierte Steinbach. "Es wird aber nicht genügend E-Fuels für private Pkw geben, weil die Investitionen in Deutschland derzeit zu gering sind, um die nötigen Mengen künstlichen Treibstoffs produzieren zu können."
Elektroautos sind nach Ansicht des Ministers derzeit verhältnismäßig teuer.
"Wenn sich jemand ein Neufahrzeug für 60.000 Euro leisten kann, kann er auch 64.000 Euro zahlen. Eine Prämie für E-Autos ist daher eher verbranntes Geld."
Er halte es für richtig, dass es die Förderung im Augenblick nicht mehr gebe. Wichtig sei aber, dass die Autos günstiger werden, und es auch einen Gebrauchtwagenmarkt gebe.
Minister: Laden eines Elektroautos wird "überbewertet"
Zur Absatzflaute sagte Steinbach auch: "Wir bewegen uns da viel im Bereich der Psychologie. Jeder ist es gewohnt, mit seinem Verbrenner theoretisch ohne Pause 800 Kilometer am Stück durchfahren zu können. Es wird momentan noch überbewertet, dass man ein E-Auto zwischendurch laden muss."
Schon zum September vergangenen Jahres fiel die E-Auto-Förderung für gewerbliche Nutzer weg, im Dezember dann überraschend auch für private. Das habe das Vertrauen der Kundinnen und Kunden in den BEV-Markt nachhaltig beeinträchtigt, hatte der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller kritisiert.
Eigentlich will die Bundesregierung, dass bis 2030 mindestens 15 Millionen Batterie-Autos in Deutschland unterwegs sind. Doch dieses Ziel liegt derzeit in immer weiterer Ferne. Zum 1. Januar waren laut Kraftfahrt-Bundesamt knapp 1,41 Millionen reine batteriebetriebene Stromer in Deutschland zugelassen.
Tesla spürt Marktflaute - Kommt Lithium-Raffinerie von Rock Tech?
Die Krise der E-Mobilität bekommt auch Brandenburg zu spüren. Der E-Autobauer Tesla lässt wegen der Marktflaute den Zeitplan für einen geplanten Ausbau seines einzigen europäischen Werks in Grünheide offen. Der Wirtschaftsminister sagte dazu:
"Die Erweiterung ist die Kür, wir haben keinen Nachteil davon, wenn der Status quo noch etwas länger besteht."
Der chinesische Batteriehersteller Svolt wird sich nicht wie geplant in Lauchhammer in der Lausitz ansiedeln. Das kanadisch-deutsche Unternehmen Rock Tech plant eine Ansiedlung einer Lithium-Raffinerie in Guben (Spree-Neiße-Kreis), muss aber noch die Finanzierung klären. Denn wegen der angespannten Haushaltslage muss das Unternehmen auf beantragte Fördermittel des Bundes verzichten. Zudem ist die Zusage des Landes Brandenburg auf Förderung befristet.
Finanzierung für Lithium-Anlage muss bis Jahresende stehen
"Der Ball liegt im Feld von Rock Tech. Wir haben das, was das Land an der Stelle tun konnte, einvernehmlich geregelt", sagte Steinbach. "Unsere Zusage auf Förderung ist aus haushalterischen Gründen bis zum Ende des Jahres begrenzt, solange hat Rock Tech Zeit, die entsprechenden anderen Finanzierungsquellen zu finden. Ich habe keine Hinweise in der Richtung zurzeit, dass das nicht funktionieren wird."
Das Land stellt bis zu 90 Millionen Euro bereit - abhängig von der abschließenden Investitionssumme.
Minister mit Lust aufs Amt
Steinbach (68) ist seit 2019 Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg. Zu seinen Zukunftsplänen nach der Landtagswahl am 22. September sagte er:
"Ich bin bereit, weiter zu machen. Ich habe noch nicht die Lust an der Aufgabe verloren."
Steinbach, der Chemieingenieur ist, war Präsident der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und zuvor Präsident der Technischen Universität Berlin.
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