Bosch: Neue Akkus für alte Prius-Hybride
Die Hybrid-Modelle von Toyota haben sich als haltbare und wartungsarme Fahrzeuge auch und vor allem im Taxi- und Mietwagengewerbe etabliert. Die Leistung der Nickel-Metall-Akkus lässt allerdings bei den meisten Fahrzeugen bei hoher Fahrleistung oder aufgrund von Alterungsprozessen mit der Zeit spürbar nach. Bei älteren Hybriden kann sich der Austausch des schwachen Energiespeichers in der Toyota Fachwerkstatt als nicht mehr wirtschaftlich herausstellen. Bosch bietet nun eine günstigere Alternative für den freien Markt an.
Für 1.779 Euro erhält der Kunde beispielweise für einen Toyota Prius ein Reparatur-Set mit neuen Batterie-Modulen zum Austausch. Gehäuse, Lüfter und Elektronik werden – im Gegensatz zum Besuch bei der Toyota-Werkstatt – nicht getauscht. Das ist nicht nur nachhaltiger im Vergleich zur Hersteller-Lösung, der Toyota-Hybrid Kunde spart damit auch über 20 Prozent. Wir haben mit Martin Körner, Produktspezialist Batterien bei Bosch, über den neuen HV-Batterie Reparatursatz für den Aftermarket gesprochen.
VISION Mobility: Herr Körner, für welche Fahrzeuge gibt es denn aktuell einen Reparatursatz von Bosch?
Martin Körner: Wir haben bei Bosch analysiert, welche Fahrzeuge jetzt in das Alter kommen, wie hoch die Zulassungszahlen in den relevanten Märkten sind - und wie die jeweiligen Batterien konstruiert sind. Deshalb haben wir unseren Reparatur-Satz erst einmal für den sehr verbreiteten Toyota Prius konstruiert. Unser Reparatur-Kit ist aber modular aufgebaut. Wir können sie auch im Toyota Auris und Yaris – oder auch in Lexus-Modellen verwendet. Die Freigabe vom KBA haben wir auf Fahrzeug-Ebene bekommen, das heißt, sie müssen nicht damit zum Tüv, es ist gleichwertig mit einem OE-Produkt.
Wird es diesen Reparatursatz in Zukunft auch für andere Fabrikate geben?
Martin Körner: Wir sehen einen steigenden Bedarf in der Zukunft, ganz einfach, weil Batterien ausfallen werden, dass zeigen unsere Fehleranalyse-Modelle. Die Batterien altern. Nicht jedes Fahrzeug wird über die Lebensdauer einen Batteriefehler haben, aber eine durchaus hohe Anzahl an Fahrzeugen wird ein Fehlerbild aufzeigen. Dies kann sowohl eine Alterung sein oder eine Abnutzung durch den gestressten Betrieb, viel Stadtverkehr, viele Kilometer – typisch für z.B. Taxis. Wir gehen nach den Parametern vor: welche Fahrzeuge haben ein gewisses Alter erreicht, kommt das Fahrzeug in großer Stückzahl vor und werden die Fahrzeuge auch gewerblich genutzt?
Wie merkt man denn, dass der Hybrid-Akku reif für den Austausch ist?
Martin Körner: Um festzustellen, wann ein Akku bereit zum Tausch ist, braucht man eigentlich nicht mal ein Diagnose-Gerät. Ein Toyota Taxifahrer stellt das sehr schnell selber fest. Bei einem Toyota Prius haben sie beispielsweise bei sparsamer Fahrt einen Durchschnittsverbrauch von etwa vier Litern. Wenn die Batterie schwächer wird, muss der Motor immer öfter anspringen und der Verbrauch des Verbrenners wird immer weiter steigen. Das heißt auch, dass das Fahrzeug immer unwirtschaftlicher wird. Bei einem Taxi mit 70 bis 80 Tausend Kilometern im Jahr merkt man das deutlich. Die Toyotas haben sich von der Konstruktion her als sehr langlebige Fahrzeuge herausgestellt. Unserer Erfahrung nach lässt der Akku ab 200.000 Kilometern oder nach etwa vier Jahren spürbar nach. Und sollte die Batterie ausfallen, fällt das Fahrzeug komplett aus – und der Taxiunternehmer verdient kein Geld.
Für den privaten Kunden bieten sie bei dem Reparatur-Kit eine Garantie von fünf Jahren. Die gilt allerdings nicht für gewerbliche Kunden.
Martin Körner: Das stimmt. Die Standard Gewährleistung gibt es für die gewerblichen Kunden natürlich schon. Für den privaten Endkunden geben wir eine zusätzliche Garantie. Wir wollen damit klarmachen: es wird wahrscheinlich die letzte Batterie sein, die du benötigst. Für die gewerblichen Nutzer kann ich nur betonen: wir stehen zu der Qualität unseres Produktes.
Der Umbau scheint recht kompliziert. Die Werkstatt muss Teile der Innenverkleidung entfernen und die Rückbank ausbauen, um an das Akku-Paket zu kommen.
Martin Körner: Will man an den Akku heran, muss man den Kofferraum zerpflücken. Wir haben aber herausgefunden, dass Lüfter, Gehäuse und Elektronik nicht unter Alterungs- oder Abnutzungserscheinungen leiden. Es sind nur die Module. Bei unserer Reparaturlösung wird das Gehäuse des Akkus geöffnet und die Module werden ausgetauscht. Dafür braucht die geschulte Werkstatt in etwa eine Arbeitsstunde. Unser Set kostet z.B für den Prius 1.779 Euro, ein fairer Preis wie ich finde. Toyota verlangt allein knapp 1.500 Euro Pfand für die Batterie. Zwar sind unsere Module auch mit einem Pfandwert belegt, wir verlangen allerdings nur 140 Euro. Wir wollen, das der Reparatur-Satz möglichst attraktiv für die freie Werkstatt oder den Taxi-Betrieb ist. Wenn sie das Produkt bei uns beziehen, erhalten sie einen Pfandwert auf unserer Rechnung, wir liefern ein frisch geladenes Reparatur-Kit direkt an die Werkstatt. Wenn die Werkstatt die 28 Batterie-Module z.B. beim Prius durch die 14 neuen Module von Bosch ersetzt hat, werden die alten Module abgeholt – falls das innerhalb einer gewissen Frist passiert, wird nicht einmal Pfand berechnet.
Kann jede freie Werkstatt den Austausch des Akkus vornehmen?
Martin Körner: Wichtig ist zu wissen: nur Personen mit einer HV Level 3 Ausbildung dürfen den Wechsel durchführen. Für unser Produkt benötigen sie noch eine Produktspezifische Schulung. Diese können sie bei uns als zwei-Tages Training bei uns absolvieren. Sie können die Schulung allerdings auch Online machen – und dann sind die Vorgaben des Kraftfahrtbundesamtes erfüllt.
Der ausgebaute Akku geht dann an Toyota zurück?
Martin Körner: Nein, wir führen die alten Module dem Recycling zu. Mit unserem Reparatur-Set ermöglichen wir es der freien Werkstatt – und gerade auch dem Taxi-Betrieb – hier mitzuspielen. Gerade bei den Taxi Unternehmern geht es ja darum, ein Fahrzeug möglichst lange und möglichst effizient am Laufen zu halten. Ich war da selbst bei verschiedenen Taxi-Reparatur Werkstätten, um unser Set vorzustellen. Die Resonanz war durchweg positiv, da wir ein preisgünstigeres Produkt mit einer allgemeinen Betriebserlaubnis anbieten. Zudem ist das Set einfach zu verarbeiten.
Wird es in Zukunft auch eine Lösung für reine Stromer geben?
Martin Körner: Wir arbeiten an Lösungen. Genaueres darf ich ihnen da zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, die Lösungen wird es aber geben. Wir haben uns die Nickel-Metall Batterien bei Toyota herausgesucht, um den Markt bereit zu machen. Das Reparatur-Set ist vergleichsweise einfach einzubauen. Bei reinen E-Fahrzeugen ist zum Beispiel der Akku wesentlich komplizierter verbaut. Denken sie nur daran, dass die Batterie im Fahrzeugboden sitzt und wasserdicht verbaut sein muss.
Sprechen sie mit dem Akku-Tausch Set gezielt Flottenbetreiber und Taxi-Unternehmer an?
Martin Körner: Bei dieser Batterie sind tatsächlich Flottenbetreiber und das Taxi Gewerbe im Fokus. Deshalb habe ich auch gesagt: ich muss unbedingt mit ihnen sprechen, damit wir alle informieren, dass wir nun dieses Produkt haben! Die Toyota Taxen sind einfach europaweit präsent. Und auch Uber nutzt ja hauptsächlich Toyota. Aber ich hatte auch schon vereinzelt Anfragen aus dem privaten Bereich.
Das Interview führte für uns Thomas Kanzler, Chefredakteur unseres Schwestermagazins Taxi heute
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