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Bosch forscht an virtuellem Lkw-Assistent

Zulieferer arbeitet an einem virtuellen Assistenten für automatisiertes Fahren und hat nun einen Prototypen vorgestellt. Das Projekt wird öffentlich gefördert.

Mit dem Tablet steuert der Fahrer verschiedene Funktionen. Foto: Bosch.
Mit dem Tablet steuert der Fahrer verschiedene Funktionen. Foto: Bosch.
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Claudia Leistritz
von Daniela Kohnen

Das Steuern von Lastwagen stellt hohe Ansprüche an Aufmerksamkeit und Reaktionsschnelligkeit von Fahrern. Zeitdruck, hohes Verkehrsaufkommen, aber auch lange monotone Streckenabschnitte können Übermüdung oder leichtere Ablenkung zur Folge haben. Um daraus resultierende Gefahrensituationen zu entschärfen seien automatisierte Fahrfunktionen gefragt, so Bosch. Diese könnten in kritischen Situationen unterstützend eingreifen oder auch einfachere Aufgaben selbsttätig übernehmen. Gleichzeitig jedoch, so der Pressebericht, bliebe der Mensch „auch auf den nächsten Stufen“ der Automatisierung von Fahrzeugen „unersetzlich“ und müsse gegebenenfalls selbst eingreifen können.

Um diese beiden wesentlichen Faktoren beim Steuern von Fahrzeugen, die automatisierten Assistenzfunktionen und die Handlungen des Fahrers, „möglichst perfekt“ aufeinander abzustimmen wurde bereits vor über drei Jahren unter der Leitung der Bosch GmbH in Zusammenarbeit mit Volkswagen, MAN Truck & Bus, der Universität Stuttgart, der Hochschule der Medien, des Spiegel Instituts und von CanControls das Forschungsprojekt „Technologie für automatisiertes Fahren nutzergerecht optimiert“ (Tango) gestartet. Mit rund fünf Millionen Euro hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zur Förderung des Projekts beigetragen.

Ziel ist eigenen Aussagen zufolge nicht nur die höhere Sicherheit der Verkehrssituation, sondern auch dass automatisierte Fahrfunktionen für Lkw breitere Akzeptanz finden. Laut Projekt-Website soll dazu dem Fahrer mit der neuen Technologie ein „maßgeblicher Mehrwert der Zwischenstufen des automatisierten Fahrens“ mitgegeben werden, „unter Gewährleistung des geforderten Komforts“.

Fahrer als letzte Instanz bei Überwachung

Das Team verspricht sich von der Entwicklung eine deutliche Steigerung von Verkehrssicherheit und –effizienz, ein stressfreieres Fahrerlebnis und eine „sichere Nutzung“ der eingebauten Informations- und Kommunikationssysteme während der Fahrt. Gleichzeitig betonen die Initiatoren unter anderem, dass der Fahrer dennoch Verkehrsgeschehen wie Fahrzeugverhalten immer im Blick behalten müsse, um notfalls korrigierend eingreifen zu können. Der Neigung zur Ablenkung und nachlassender Aufmerksamkeit wegen wegfallender Fahraufgaben gelte es beispielsweise entgegenzuwirken.

„Manuelle und automatisierte Fahrphasen lösen sich künftig ab, Fahrzeug und Fahrer übergeben sich das Lenkrad sozusagen wie bei einem Staffellauf. Beim teilautomatisierten Fahren nach SAE Level 2 muss der Fahrer jederzeit, beim bedingt automatisierten Fahren nach SAE Level 3 nach Aufforderung übernehmen können. Das Ziel ist, den Fahrer immer in einem Zustand der optimalen Beanspruchung zu halten damit er dazu in der Lage ist“, so Bosch-Projektleiter Michael Schulz.

Kontrolle für das Gefährt, Unterhaltung für den Fahrer

Nun hat das Forschungsteam den Prototypen für einen „Aufmerksamkeits- und Aktivitätenassistenten“ entwickelt, der als eine Art virtueller Beifahrer den Lenker vor Müdigkeit bewahren, gleichzeitig aber auch den Fahrkomfort steigern soll. Je nach aktueller Verkehrslage werden dem Fahrer unterschiedliche Tätigkeiten angeboten, die vom Musik oder Hörbücher hören bis zur Bearbeitung von Mails und zum Filme schauen reichen. Auch an Fitnessübungen wurde gedacht. Dazu müsse das System sowohl die Fahrsituation wie den Aufmerksamkeitslevel des Fahrers zuverlässig erkennen und interpretieren können.

KI-Sensoren überwachen den Fahrer

Möglich wird das durch mit Künstlicher Intelligenz (KI) gestützten Sensoren und Kameras, die beispielsweise am häufigen Blinzeln erkennen können sollen, wie weit der Fahrzeuglenker noch das Fahrgeschehen im Auge hat oder ob er bereits vor Müdigkeit unaufmerksam wird. Die Bilder werden durch intelligente Algorithmen ausgewertet und interpretiert. In Gefahrsitutationen reagiert das System dann zum Beispiel mit einer Warnung, gibt ein Angebot zur Nebenbeschäftigung oder greift durch Abbremsen aktiv in das Fahrgeschehen ein.

Forschung im Interesse des Fahrers

Die Forscher haben intensiv mit Fahrern zusammengearbeitet, sie auf Touren begleitet, Interviews geführt und Online-Tagebücher ausgewertet, um den Ursachen für Übermüdung und Ablenkung auf die Spur zu kommen. Zudem wurden Abläufe in Fahrsimulatoren geübt und Fahrszenarios auch in Versuchsfahrzeugen getestet, die beispielsweise an der Beifahrerseite spiegelbildlich mit Lenkercockpit ausgestattet waren, um die Automatisierungsfunktion so realitätsnah wie möglich durchspielen zu können.

Vorbehalte ausräumen

Man habe den Nutzer und seine Anforderungen in den Mittelpunkt der Entwicklung gestellt, so Schulz, da Lkw-Fahrer wegen der Angst um Arbeitsplatzverlust oft gegen das automatisierte Fahren eingestellt seien und aus diesem Grund auch schon bestehende Assistenzsysteme selten oder gar nicht nutzten. Als tragfähigsten Grund für die Entwicklung habe man in dem Projekt den Gewinn an Sicherheit festgestellt, gefolgt von Komfortfunktionen für „entspannteres Fahren und Ankommen.“

Als wichtigen Faktor der Entwicklung nennt Schulz das Zusammenwirken von Fahrzeug und Fahrer mit Hilfe des intuitiv bedienbaren Human-Machine-Interface (HMI). Dieses besteht aus einem Bedienfeld mit mehreren Displays und kombiniert visuelle, akustische und haptische Elemente. Zudem visualisiert das Gerät den Aufmerksamkeits- und Aktivitätenassistenten in Gestalt einer fiktiven Person.

Zukünftig auch in Pkw

Die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse zur Innenraumbeobachtung, zum automatisierten Fahren und zu den Unterhaltungsfunktionen sollen nicht nur weiter optimiert, sondern zukünftig auch für die Nutzung in Pkw übertragbar sein – zur Steigerung der Sicherheit im Straßenverkehr, so Bosch.

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