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BMW iX M60: M wie "Marketing"

Schon der Basis-iX bietet grundsätzlich mehr Leistung und Komfort als nötig. Das neue Topmodell M60 legt da nochmal zwei Stufen drauf.

Optisch kann man das Topmodell kaum von den schwächeren Versionen unterscheiden. | Foto: BMW/Wilfried Wulff
Optisch kann man das Topmodell kaum von den schwächeren Versionen unterscheiden. | Foto: BMW/Wilfried Wulff
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Gregor Soller

Fragt man bei BMW genauer nach, was denn der neue iX M60 denn so mit der Reduktions- und Nachhaltigkeitsstrategie des Konzerns zu tun habe, erhält man zwischen den Zeilen, dass der M60 halt „so ein Marketingauto“ sei, das es einfach braucht, weil man in diesem Segment den anderen immer gern zeigt, wo der Hammer hängt und ein paar Zehntausender hin oder her in der Regel nicht die Rolle spielen – dafür aber auch die iX-Marge schön anfetten.

Angefettet wurde hier auch die Leistung, wie Projektmanager Johann Kistler zu erzählen weiß. Er ist seit 1978 BMW-Urgestein, mit deutlich bayerischem Akzent und einem 323i als erstem BMW, der er sich 1979 zulegte. Mittlerweile selbst begeisterter iX-Pilot, mit der er bereits fast 35.000 Kilometer abgespult hat.

Jetzt lässt er also zum Abschluss seiner Karriere nochmal die Sau respektive den iX als M60 raus – mit 455 kW (619 PS in der alten Welt), bis zu 1.100 Nm Drehmoment (1.015 im Standard) und einem möglichen Spurt von 0 auf 100 km/h in 3,8 Sekunden falls man Launch-Control nutzt. Topspeed: 250 km/h.

Beim Antrieb nutzt BMW die „Basis“ vom iX50 und betreibt klassisches E-Motoren-Tuning „out of the toolkit“, wie es Kistler ausdrückt: Heißt einen Sechsphasen-Doppelinverter, bei dem per Elektromagnet im Rotor stimuliert wird. Damit kann man bis auf 1.200 Ampere Stromstärke gehen. Außerdem wurde der Rotor verlängert, sodass bei dezent vergrößertem Bauraum deutlich mehr Schmalz zur Verfügung steht. Aber auch Rekuperieren kann der M60 massiv: Bis zu 220 kW sind drin – womit man gerade auf Passstraßen wieder viel von dem, was man bergauf verballert hat, wieder zurückholen kann.

Der 111,5-kWh-Akku bietet netto üppige 105,2 kWh Kapazität, genug für über 500 Kilometer Reichweite, wenn man es teildezent angeht wie wir im Test. Denn natürlich prüfen wir den Katapultstart: Linken Fuß auf die Bremse, den rechten voll aufs Fahrpedal- Dann beginnt der ganze iX M60 dezent zu vibrieren und der Klangteppich von Hans Zimmer wird eher unharmonisch-wild. Linken Fuß weg und das Ding brennt los – die 3,8 Sekunden glauben wir jetzt mal, zumal Allrad und die fetten Reifen keinerlei Traktionsverluste zulassen. Auf der Autobahn spürt man den Unterschied ab 180 km/h – wo iX40 und iX50 sich langsam beruhigen und ins Abregeln kommen, donnert der M60 bis 250 km/h weiter, wobei er ab 230 km/h zunehmend unruhig wird – was dem hohen SUV-Aufbau samt der großen Windangriffsfläche geschuldet ist. Der Verbrauch explodiert irgendwo jenseits der 50 kWh/100 km und da schert eh schon der nächste dezente Überholer mit 150 km/h vor uns auf die linke Spur ein…

Wir rekuperieren massiv und holen den M60 zurück in dezentere Verbrauchssphären und gehen in den Eco-Mode. Und plötzlich herrscht Stille im iX M60, da das sonst in der Regel immer präsente Zimmer-Sirren plötzlich verstummt – wie souverän und angenehm dieser Über-iX doch fahren kann – mit Verbräuchen, die zügig auf die 21-kWh-Marke zufallen. Und uns in den alten Elektrofahrer-Modus zurückbringen: Im Berliner Umland gibt es weder Topographie noch Speed und wir rollen an der irgendwie ganz und gar nicht fertigen Tesla-Fabrik in Grünheide vorbei, immer darauf bedacht, vielleicht doch noch unter 20 kWh/100 km zu unterbieten. Was einen zarten Fahrpedalfuß erfordert, aber nicht unmöglich ist. Zumal die Assistenzsysteme des iX extrem dezent und vorausschauend agieren und einen wie von Geisterhand galant durch Kreisel und Kreuzungen schweben lassen.

Dazu kommt ein ganz ausgezeichnetes Sprachverständnis – nur das dauernd surrende Gebläse nervt hier ziemlich – außer man schaltet die Klimatisierung rigoros aus. Sound und Komfort entsprechen sonst im Großen und ganten den schwächeren Geschwistern und am Ende hätten wir tatsächlich über 500 Kilometer ohne Ladestopp geschafft. Wie gesagt, der M60 ist halt ein Marketing-Auto.

Und nachdem er mit bis zu 195 kW lädt, ist es laut Kistler durchaus möglich, binnen 36 Minuten wieder 89 kW nachzuladen oder umgekehrt: Im Idealfall brauchen 150 Kilometer Reichweite nur zehn Minuten. Womit auch der iX M60 ein extrem entspannendes Fernreisefahrzeug sein kann – dessen Reserven einem die knapp 60.000 Euro gegenüber der Basis Wert sein müssen: Während der iX 40 bei 77.300 Euro brutto (das sind knapp 64.960 Euro netto) startet, beginnt der iX M60 bei 135.500 Euro (das sind knapp 113.870 Euro netto).

Was bedeutet das?

Beim iX kann durchaus der iX 50 die goldene Mitte zwischen iX40 und dem Topmodell iX M60 sein: Schon der bietet üppigst Saft und Kraft in jeder Lage und verzichtet auf die teils kitschigen kupfer- sorry - messingfarbenen M-Applikationen, die genauso aufgesetzt wirken wie es hier das übrige M-Gewese tut. Denn M bedeutet in dem Fall einfach „Mehr“….von dem man im normalen mitteleuropäischen Straßenverkehr leider fast nichts auskosten kann.

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