BMW C04: Starkes (Elektro-)Statement aus Spandau
Schon 2014 hatte BMW Motorrad einen Elektroscooter im Programm, den C-Evolution, der seine Akkutechnik in den Grundzügen aus dem Pkw i3 übernahm. Dann kam die Studie des CE04, vogelwild – ein bisschen, als hätten die BMW-Zweiraddesigner im Rohmateriallager viele bunte Teile gefunden und diese additiv zu einem neuen Elektroscooter zusammengesetzt. Dieses "wilde Gepuzzle" hat es Gott sei Dank mit nur geringen Änderungen in die Serie geschafft und sich in Berlin am Berliner-BMW-Band einen Platz neben den großen Boxerlegenden R1200 GS und Co. erkämpft, deren Elektrifizierung sich so einfach nicht gestaltet. Trotzdem plant man bei BMW künftig alle 18 bis 24 Monate eine elektrische Zweiradneuheit.
Beim CE04 handelt es sich laut Döhner „nicht nur um einen weiteren Roller“. Mit seinem flachen Heck, der „schwebenden Bank“, samt Connectivity und Kartennavi auf dem 10“-Display orientiert er sich stark am Pkw. Dazu trägt auch das „Sideloading-Konzept“ für Kabel und Helm bei. Die E-Maschine leistet 31 kW(42 PS) und 62 Nm und der 8,9 kWh-Akku soll für bis zu 130 km Reichweite Kapazität bieten. Laut Döhner genug: Der C Evolution wurde nach Kundenauswertungen im Schnitt rund 30 km am Tag bewegt. Bei 120 km/h wird abgeregelt. Auch ans Laden hat man gedacht: Dreiphasig kann mit bis zu 6,9 kW bestromt werden, dann ist der Hub von 20 auf 80 Prozent Kapazität binnen 45 Minuten geschafft. Ein Hauptvorteil des CE04 ist seine Rekuperationsfähigkeit, so dass man ihn „fast ohne Bremse“ fahren kann, wie Döhner erklärt.
Kollege Bot hilft bei den ganz heißen Aufgaben mit
Für den CE04 wurde extra der Teil einer Halle freigeräumt und umgebaut – wenngleich der C04 noch längst nicht in den Stückzahlen montiert wird wie die großen Geschwister. Vielmehr erinnern die kleinen mit Alugestellen ausgerüsteten klinisch sauberen Arbeitsplätze, hier passend „Zellen“ genannt, an ein Start-up, bei dem teils auf Roboterhilfe gesetzt wird: Nämlich wenn in Berlin gefertigte Rotor und aus Dingolfing gelieferte Stator (der 800 Meter Draht enthält) der E-Maschine verpresst werden und das Motorgehäuse auf 120 Grad Temperatur gebraucht wird, während man den Stator auf minus 180 Grad herunterkühlt. Außen dehnt es sich, innen zieht es sich zusammen – und es dampft beim zusammenführen. Mögen Rotor und Stator nie mehr getrennt werden…Diesen temperaturseitig heiklen Vorgang überlässt man Kollege Roboter, während sonst viel von Hand und in-house gemacht wird.
Im BMW-Werk Berlin ist Sebastian Fuchs, Leiter Produktion Gesamtfahrzeug BMW Motorrad, stolz auf die vergleichsweise hohe Fertigungstiefe, Tendenz wieder steigend, da man im Zuge der jüngsten Versorgungskrise verstärkt darauf achtet, was man vor Ort oder zumindest BMW-intern herstellen kann.
Hohe Fertigungstiefe in Spandau - Tendenz sogar wieder steigend
Dazu gehört auch der Akku, der auf Zellebene dem des iX entspricht und dessen Module wie der große SUV aus Dingolfing stammt – freilich viel kompakter und etwas anders gepackt. Das Alustrangpressprofil, dass den Akku beherbergt ist wieder „made in Spandau“. Auf rund 100 Quadratmetern hat man eine kleine U-förmige Montagelinie in eine große Zelle gepackt. In die Wanne kommt auch hier ein Thermogel, um die Temperaturen der Module besser abzuführen und kleinste Unebenheiten der Aluwanne auszugleichen - zumal man auf eine aktive Kühlung verzichtet. Dann wird das Modul in sein Alugehäuse gebettet, der Deckel kommt drauf und das Modul wird zur „Hochzeit“ gebracht.
Denn Akku und E-Maschine finden dann im Rahmen – in dem Fall einem externen Zuliefererteil – zusammen. Womit wir laut Kevin Döhner, Werksprojektleiter BMW CE04 bei der „Hochzeit“ beiwohnen dürfen, bevor der bisher an Einzelarbeitsplätzen vormontierte C04 auf das Plattenband geht, dass (noch) extrem langsam läuft und 13 Arbeitsschritte beinhaltet. Schon bald folgen die Antriebsschwinge, die Räder und erste Anbauteile und aus dem bislang eher klotzigen Stahlpuzzle schaffen die BMW-Werker quasi von innen nach außen den C04. Auffällig ist auch der vergleichsweise hohe Damenanteil am „Band“. Und da der C04 kaum Fluide braucht, konnte man das Auffüllen mit Betriebsflüssigkeiten, das in der Regel ein etwas aufwändigerer Prozess ist, als achten in die übrigen Takte am Band integrieren. Es folgen weitere Verkleidungsteile (insgesamt hat der CE04 15 lackierte Teile), bevor der fertige Roller in die Hängebahn entschwebt, um einen Stock tiefer neben dem Boxer-Band zu landen.
Dort teilt er sich mit den großen sechszylindrigen R18-Varianten die drei Rollenprüfstände. Die Tester dort sind in der Regel begeisterte Zweiradfahrer, die auch privat lieber ein- als zweispurig unterwegs sind, sofern es Wetter und Umstände zulassen. Ihr Vorteil: Sie fahren den ganzen Tag Motorrad! Bei vielen Mitarbeitern spüre man „die intrinsische Motivation, hier arbeiten zu wollen“, freut sich Döhner. Zuerst wird der Achsabstand eingestellt, dann sackt der C04 auf die Rollen und fordert den Gleichgewichtssinn seines Reiters.
Dabei werden vor allem ABS, Antrieb, Spur und Sturz sowie die Bremsen kontrolliert bevor die Profis, zum letzten Prüfpunkt ausfahren: Dort werden noch die Scheinwerfer und Federwege eingestellt, bevor der C04 an den im Spandauer Werk so legendären C-Haken gehängt wird und in die Verpackungsstation entschwebt. Dabei nutzt man für den Heimat- und heimatnahen Markt Mehrweggestelle aus Stahl, nach Übersee benötigt man nach wie vor Holzkisten. Die Hauptmärkte sind nach wie vor Scooter-affine Länder wie Spanien, Italien und Frankreich.
Was bedeutet das?
Auch das BMW-Motorradwerk in Spandau wird sukzessive auf E-Mobilität umstellen – und rammt mit dem C04 auch optisch einen ersten Pflock ein.
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