BMDV & DVR #mehrAchtung im Verkehr: Kampagne stößt auf Kritik
Ab August sollen bundesweit an rund 700 Standorten entlang der Autobahnen spezielle Plakate mit Botschaften zu sehen sein, die alle Verkehrsteilnehmer zu mehr gegenseitigem Respekt sowie zu Wachsamkeit animieren sollen. #mehrAchtung heißt die vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und dem Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) bereits im Juni angestoßene Verkehrssicherheitsinitiative. Eingebettet ist sie in die Kampagne „Runter vom Gas“, welche von einer Partner-Allianz aus mehr als 50 Verbänden, Ministerien, Vereinen und Stiftungen getragen wird. Zudem unterstützen die Unfallkassen und Berufsgenossenschaften sowie die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) bundesweit die Plakatierung. Insgesamt wurden drei Plakatmotive mit den Botschaften „Mehr Licht, weniger Hupe“, „Mehr Smart, weniger Phone“ sowie „Mehr Zeit, weniger Druck“ erstellt.
„Um die Vision Zero zu erreichen, brauchen wir #mehrAchtung im Straßenverkehr. Nicht nur im städtischen Bereich und auf Landstraßen, sondern insbesondere auch auf Autobahnen ist gegenseitige Rücksichtnahme gefragt“, so Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing, und unterstreicht: „Verkehrssicherheit ist Teamarbeit. Jeder Verkehrsteilnehmer ist gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Deshalb regen unsere Motive zu mehr Achtsamkeit an und sensibilisieren für ein respektvolles Miteinander auf der Autobahn.“
DVR-Präsident Manfred Wirsch zufolge sei mit dem Mensch als zentralem Bestandteil des Verkehrssystems neben klaren Regeln die Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmenden erforderlich – „ganz besonders bei der hohen Geschwindigkeit auf der Autobahn.“ Die Initiatoren verweisen in diesem Zusammenhang auf eine von ihnen in Auftrag gegebene Umfrage, derzufolge rücksichtsloses Verhalten anderer Verkehrsteilnehmender als primärer Auslöser für Stress im Straßenverkehr gilt. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Erlebte Achtsamkeit im Straßenverkehr motiviere besonders dazu, selbst achtsam zu sein.
„Eine umsichtige und rücksichtsvolle Haltung im Straßenverkehr ist eine tragende Säule der Unfallprävention. Daher freuen wir uns, mit der bundesweiten Autobahnplakatierung der neuen Initiative #mehrAchtung noch mehr Aufmerksamkeit zu verleihen“, so Dr. Stefan Hussy, Hauptgeschäftsführer der DGUV.
Die Initiative soll einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das Ziel der Vision Zero – keine Todesopfer und Schwerverletzten im Straßenverkehr – zu erreichen. Laut Statistischem Bundesamt seien im Jahr 2022 insgesamt 2.788 Menschen auf deutschen Straßen bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen.
Kritik von Verbänden: Echte Reformen statt Plakaten
Kritik kam von Umweltverbänden. Bereits anlässlich des Weltfahrradtags am 3. Juni hatten die Verbände Verkehrsclub Deutschland (VCD), Verbund für Service und Fahrrad (VSF) und Zukunft Fahrrad mehr Sicherheit im Straßenverkehr gefordert. Achtsamkeit und Rücksicht sind wichtige Tugenden, doch damit allein ist es nicht getan. Es sind auch Reformen nötig, so die drei Verbände. Das Verkehrsministerium unter Volker Wissing müsse das Straßenverkehrsgesetz reformieren und die Bevorzugung des Autos aufgeben. Außerdem müsse der Gesetzgeber erlauben, die Regelgeschwindigkeit innerorts auf Tempo 30 zu senken – so fordern es auch die 742 Kommunen im Bündnis ‚Lebenswerte Städte und Gemeinden‘. Die drei Verbände wollen zudem eine sichere Infrastruktur für alle im Verkehr. Dazu gehören gut ausgebaute Rad- und Fußwege mit sicheren Kreuzungen und eine konsequentere Durchsetzung des bestehenden Rechts.
„Unfallursache ist häufig die hohe Geschwindigkeit von Autos. Um das zu ändern, brauchen wir keine freundliche Empfehlung, doch bitte vorsichtig zu fahren – wir brauchen Tempo 120 auf der Autobahn, Tempo 80 auf Landstraßen und Tempo 30 in der Stadt“, fordert Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD.
Er verlangt "schnelle Reformen statt leerer Appelle". Der Verkehrsminister verweigere sich dem Thema. Dabei habe er es in der Hand, die Zahl der Verkehrstoten zu senken, indem er die Gesetze ändert. "Stattdessen belässt er es dabei, Plakate zu kleben“, kritisierte Müller-Görnert weiter. Der VSF-Geschäftsführer Uwe Wöll, kritisiert, dass die Ende Mai gestartete Kampagne des Bundesverkehrsministeriums (BMDV) und des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) "#mehrAchtung" die Verantwortung allen Verkehrsteilnehmer:innen gleichermaßen zuweise.
„Die Kampagne nennt zwar die Zahl von fast 2.800 Toten und 300.000 Verletzten im Jahr. Unerwähnt bleibt jedoch, dass an 75 Prozent aller Unfälle mit Personenschäden Autos beteiligt sind. So wird eine Gleichberechtigung der Verkehrsmittel suggeriert, die es in Wahrheit nicht gibt – wer zu Fuß oder auf dem Rad unterwegs ist, wird häufiger verletzt, ist aber viel seltener für schwere Unfälle verantwortlich", beklagt Wöll.
Für Elena Laidler-Zettelmeyer, Leitung Strategische Kooperationen Zukunft Fahrrad steht fest, dass viele Menschen mehr Fahrrad fahren wollen, dies aber nicht täten, weil sie sich auf den Straßen nicht sicher fühlten. Eine Achtsamkeitskampagne könne nur ein einzelner Baustein eines größeren Maßnahmenpakets für mehr Sicherheit sein. Es braucht ein echtes Bekenntnis zur einer gerechten Flächenverteilung zugunsten aktiver Mobilität.
"Es bleibt die originäre Aufgabe der politisch Verantwortlichen, durch einen besseren politischen Rahmen für mehr Sicherheit zu sorgen, damit alle gleichberechtigt am Verkehr teilnehmen können", appelliert Laidler-Zettelmeyer.
VCD, VSF und Zukunft Fahrrad fordern das Verkehrsministerium auf, Tempolimits zu ermöglichen und den Ausbau sicherer Rad- und Fußwege voranzubringen. Damit würde es den Menschen im Verkehr tatsächlich mehr Achtung erweisen.
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