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BGH-Urteil: Wem gehört unterschlagenes Probefahrzeug?

Als das neue Auto nicht durch die Zulassung kommt, staunt die Käuferin nicht schlecht. Der Wagen ist von einem Autohaus als gestohlen gemeldet. Nun hat der Bundesgerichtshof darüber entschieden, wem er rechtmäßig gehört.

Nachdem sich vorherige Instanzen nicht einigen konnten, entschied nun der Bundesgerichtshof. | Foto: Tingey Injury Law Firm/Unsplash
Nachdem sich vorherige Instanzen nicht einigen konnten, entschied nun der Bundesgerichtshof. | Foto: Tingey Injury Law Firm/Unsplash
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Im August 2017 interessiert sich ein Mann für eine Probefahrt mit einem hochpreisigen Mercedes, im Wert von über 52.000 Euro. Nach Vorlage eines italienischen Passes, einem Führerschein und einer Meldebestätigung aus Deutschland übergibt ihm das Autohaus den Wagen für eine einstündige Probefahrt – und wartet vergebens auf die Rückkehr. Es stellt sich heraus, dass die vorgelegten Papiere gefälscht waren. Von dem Wagen wie dem Fahrer fehlt jede Spur.

Wenige Tage später stößt eine Frau auf ein Inserat im Internet: Der Mercedes wird zum Verkauf angeboten. Sie meldet sich bei dem Anbieter und beide verabreden sich zur Übergabe am Hamburger Hauptbahnhof. Die Frau lässt sich den Ausweis des vermeintlichen Eigentümers zeigen, erhält Zulassungspapiere und Schlüssel und bezahlt 46.500 Euro in bar.

Wem gehört das Auto?

Doch bei der Anmeldung fliegt der Schade auf. Die Behörden verweigern die Zulassung; das Autohaus hat den Mercedes als gestohlen gemeldet. Nun stellt sich die Frage: Wer ist der rechtmäßige Besitzer, die gutgläubige Käuferin oder das bestohlene Autohaus?

Die klagende Autohändlerin sieht sich weiterhin als tatsächliche Eigentümerin und erhebt Anspruch auf die Rückgabe des Mercedes. Dieser wurde lediglich für eine Probefahrt überlassen. Die Käuferin hätte wegen der dubiosen Umstände des Kaufes Verdacht schöpfen sollen. Das Gericht jedoch urteilt anders.

Käuferin ist rechtmäßige Besitzerin

Es ist grundsätzlich möglich, Eigentum zu erwerben, auch wenn man nicht vom Eigentümer kauft. Vorausgesetzt, man handelt im guten Glauben. Aufgrund der hochprofessionell gefälschten Papiere konnte die Käuferin davon ausgehen, einen rechtmäßigen - und damit gutgläubigen - Kauf zu tätigen.

Die Besonderheit aber, dass ein solcher Erwerb unter rechtswidrigen Bedingungen stattfindet, wird im BGB berücksichtigt. Nach § 935 ist auch gutgläubiger Erwerb nicht rechtmäßig, wenn die Sache zuvor gestohlen wurde. Der BGH aber entschied, nachdem sich hier die Vorinstanzen uneinig waren, dass das Autohaus mit der Übergabe des Mercedes auch die Kontrolle darüber an den Probefahrer abgetreten hat. Durch die freiwillige Überlassung also ging auch der Besitz über und der Wagen wurde folglich nicht gestohlen, sondern unterschlagen.

Eine Frage des Eigentums

Die Käuferin konnte somit aus gutem Glauben heraus das Eigentum erwerben und Anspruch auf die Originalpapiere vom Autohaus geltend machen. Die klagende Autohändlerin hat lediglich Anspruch auf Schadensersatz gegen den vermeintlichen Probefahrer. Dafür muss dieser jedoch erst ausfindig gemacht werden.

Was bedeutet das?

Das Urteil wird Autohändlern zu denken geben. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Wagen nicht ordnungsgemäß zurückgebracht wurde. Dass nun gesprochenes Recht der gefühlten Gerechtigkeit wenig entspricht, verstärkt nur das Risiko eines möglichen Schadens bei unangepasster Absicherung seitens der Händler. Wer also künftig eine Probefahrt machen möchte, sollte sich auf weitere Restriktionen einstellen. Das könnten sowohl zusätzliche technische Ortungsdienste sein oder die Probefahrt wird nur unter Beisein eines offiziellen Beifahrers gestattet.

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