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Meinungsbeitrag

Autobau asozial

Autos für alle? Macht umwelttechnisch gar keinen Sinn –  genauso wenig wie noch höhere Renditen für die Autoaktionäre.

Luxus läuft: Die Autoindustrie bewegt sich nach oben. | Foto: Nate Johnston/Unsplash
Luxus läuft: Die Autoindustrie bewegt sich nach oben. | Foto: Nate Johnston/Unsplash
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Gregor Soller

Die Autoindustrie – vor allem die deutsche - befindet sich im Wandel: Rendite geht vor Stückzahl. Weshalb sich die Premiummarken in höhere Fahrzeugklassen zurückziehen und allerorten kräftig an der Preisschraube gedreht wird. Zuletzt wieder bei VW, wo man seit 23.2.2023 (welch schelmisches Datum) die Preise für die Verbrenner um durchschnittlich 4,4 Prozent anhob. Was umso schwerer wiegt, als man diverse Basismodelle ohnehin schon aus dem Programm kippte, Kleinwagen und klassische Kompakte nebst Normalo-Kombis sowieso Auslaufmodelle sind. So dass der VW-Konfigurator den Golf Live jetzt ab 31.145 Euro brutto, das sind knapp 26.173 Euro netto ausweist. Der Polo startet ab 20.830 Euro, das sind knapp 17.505 Euro netto. Was umgerechnet in Leasingraten Beträge von 200 Euro plus monatlich bedeutet, sofern es hier keine Rabatte gibt. Und da wird es für viele ganz schnell ganz schön eng.

Generation Golf nur noch in der Oberschicht?

Nun zahlt man in Deutschland laut Smartsteuer.de schon ab einem Einkommen von 58.597 Euro (2022) den Spitzensteuersatz von 42 Prozent…gehört also zu den vier Millionen „Reichen“ des Landes. Womit schon ein Golf sich wieder Richtung Luxusgut entwickelt. Und nachdem es immer noch am einen oder anderen Bauteil fehlt, kann VW ohnehin nicht so viele Autos liefern, wie gefragt wären und dürfte die Preise damit auch durchsetzen können. Wobei der Konzern hier exemplarisch für alle anderen steht, die ähnlich agieren: Basismodelle und -motorisierungen raus, Angebot kappen, eine Idee mehr Ausstattung rein und Preise ordentlich nach oben – und schon wird auch ein popliger Polo zur Cashcow!

Die Anleger wird es freuen, doch mit bezahlbarer Mobilität hat das nichts mehr zu tun. Stattdessen werden in erster Linie die Aktionäre befriedigt, die mit höheren Ausschüttungen rechnen dürfen. Und so, falls sie größere Aktienpakte halten, weitere Millionen in ihre ohnehin schon vollen Kassen gespült bekommen.

Grundsätzlich ist es richtig und wichtig für Unternehmen, gesund und mit maximalem Ertrag zu wirtschaften. Doch wenn man dieses Geschäftsmodell weiterdenkt, gibt es rentablere Verdienstmöglichkeiten als die Autoindustrie. Warum schaffen wir sie dann nicht komplett ab? Eben!

Weil Menschen Spaß daran haben, weil die Branche auch eine soziale Komponente hat und zigtausend Menschen in Lohn und Brot bringt. Weil es auch viele noch viel unrentablere, aber noch lebensnotwendigere Branchen gibt wie die Landwirtschaft, die Bahn, Pflege- und Sozialdienste, Krankenhäuser und und und. Sie alle sind nötig, um Grundbedarfe der Menschen decken und das sollten sie möglichst günstig tun, dass es sich jeder leisten kann.

Womit wir beim geänderten Ansatz der Autoindustrie sind, die nicht mehr möglichst viele Menschen individuell motorisieren, sondern möglichst viele Anleger individuell reich machen möchte. Und da ist meiner Meinung nach etwas gekippt. Denn die (einst bezahlbaren) Lücken, welche die europäische Autoindustrie auf ihrem (noch) hohen Ross lässt, werden andere füllen und man muss aufpassen, dass Stückzahl und Rückhalt in der Bevölkerung nicht eines Tages zu klein werden, um langfristig noch als relevant und sympathisch wahrgenommen zu werden. Die Demokratisierung der E-Mobilität kommt derzeit jedenfalls nicht aus Deutschland und Europa, sondern aus China.

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