Audi urbansphere concept – Raumgleiter für die Megacity
Mit Spannung wurde Audis Interpretation eines Oberklasse-Fahrzeugs für den Verkehr in den Großstädten der Welt erwartet. Umso mehr irritierte die Aussage zu Beginn der Präsentation des Audi urbansphere:
„Wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht für sie. Die schlechte ist: wir können ihnen das Fahrzeug nicht live präsentieren, es ist in China. Die gute Nachricht: wir haben tolle Filme und Experten vor Ort.“
Die Präsentation des Concept-Cars sollte im Rahmen der Auto Messe in Peking stattfinden. Dort sind allerdings gerade alle Zeitpläne durch die strikten Corona-Maßnahmen der chinesischen Regierung Makulatur. Der Ingolstädter Autobauer entschied sich gegen eine Verschiebung der Präsentation – und nahm damit allerdings in Kauf, kein „echtes“ Fahrzeug vorstellen zu können.
Tolle Filme und die Experten die Brand Strategy Managerin Silke Guse, die Designer Chistian Becker und Florian Liese und PR Manager Josef Schlossmacher stellten den urbansphere vor.
Mobilität für Chinas Megacitys
Entworfen haben Designer und Techniker den Audi urbansphere zunächst für den Verkehr in den Megacitys von China. Erstmals haben auch potenzielle Kunden in China am Entwicklungsprozess teilgenommen und eigene Wünsche und Erfahrungen in die Entstehung eingebracht.
„Um den Mobilitätsbedürfnissen unserer chinesischen Kunden und Kundinnen gerecht zu werden, haben die Designstudios von Audi in Peking und Ingolstadt den Audi urbansphere concept gemeinsam in enger Zusammenarbeit entwickelt“, erläutert Markus Duesmann, Vorstandsvorsitzender Audi AG und verantwortlich für den Markt China.
Designentwicklung von innen nach außen
Im Zentrum der „sphere“ - Konzeptfahrzeuge steht laut Audi jeweils der innere Raum. Das Interieur soll als Lebensraum und Erlebnissphäre wahrgenommen werden. Audi versteht das als Umwertung des Designprozesses. Die Bedürfnisse und Wünsche entwickeln so den Raum, davon abgeleitet werden dann Package, Exterieurlinien und Proportionen entworfen.
Laut Audi Design Team ist der urbansphere konsequent von innen nach außen um seine Passagiere herum entworfen worden. 3,40 Meter Radstand und die Fahrzeugbreite von 2,01 Metern umreißen die selbst für ein Oberklasseautomobil mehr als stattliche Grundfläche. Zusammen mit der lichten Fahrzeughöhe von 1,78 Metern und großzügigen Glasflächen münden diese Dimensionen in ein außergewöhnlich großzügiges Raumerlebnis.
Unendliche Weiten
Vier Einzelsitze in zwei Reihen bieten den Passagieren luxuriösen First-Class-Komfort. Vor allem das Gestühl in der hinteren Reihe offeriert großzügige Abmessungen und eine Vielzahl von Verstell-Optionen. In den Relax- und Entertainmodi lässt sich die Rücklehne um bis zu 60 Grad neigen, während gleichzeitig Beinauflagen ausfahren. Die mittig angebrachten, in die Sitzwangen integrierten Armlehnen und ihre Pendants in den Türen sollen den Fahrgast ein wohliges Gefühl von Geborgenheit geben. Auch die fürs leichtere Ein- und Aussteigen nach außen drehbaren Sitze für die Fahrgäste im Fond machen deutlich, dass Audi den urbansphere im automobilen Oberhaus platziert sehen will. Auf dem Boden neben dem Fahrzeug lässt sich ein roter Lichtteppich projizieren – so kann sich jeder Fahrgast beim Einsteigen und beim Verlassen des Fahrzeugs wie ein Leinwand-Star auf dem roten Teppich fühlen.
Der offene, weite Innenraum unterstützt den Eindruck des äußerst großzügigen Raumangebots. Es sind weder Rundinstrumenten noch schwarze Bildschirme für virtuelle Anzeigekonzepte zu sehen. Durch einen Fingertipp erwachen die Anzeigen, die dann auf die Holzfläche des Armaturenbrettes projiziert werden. Besonders deutlich wird die Reduktion auf das Wesentliche beim Fahren im Level 4 Modus. Wird im automatisierten Fahrbetrieb auf Lenkrad und Pedalerie verzichtet, lässt sich die Lenkhilfe in der Armaturentafel einfahren. Inwieweit das allerdings Straßenverkehrs-Ordnungs-Konform ist, sei dahingestellt.
Touch-Flächen und Gestensteuerung
Ein besonderes Bedienelement findet sich nahe dem Türausschnitt an der Innenverkleidung: das MMI touchless response. Sitzen die Passagiere in der aufrechten Position, weit vorn in ihrem jeweiligen Bereich, können sie haptisch mit diesem Element per Drehring und Tasten diverse Funktionsmenüs anwählen und sich durch die einzelnen Ebenen klicken. Neigt man hingegen die Sitzlehne weit nach hinten, kommt eine Kombination aus Eye-Tracking und Gestensteuerung zum Einsatz. Ein aufs Auge gerichteter Sensor erkennt an der Blickrichtung, wenn die Bedieneinheit zum Einsatz kommen soll. Und die Passagiere brauchen nur noch – ohne sich vorbeugen zu müssen – analoge Handbewegungen auszuführen, die denen im haptischen Betrieb gleichen, und können damit das System ebenso komplett ohne Berührung bedienen.
Auch in die Armauflagen der Türen sind Bedienfelder integriert. So bietet das Fahrzeug den Fahrgästen stets die unsichtbaren Touchflächen mittels optischen Hinweises auf deren Position an. Gleichfalls in den Türarmauflagen zu finden sind links und rechts VR-Brillen, die sich in Verbindung mit Optionen des Infotainments nutzen lassen – und ein großes transparentes OLED Display im Cinema-Format lässt sich vom Dachhimmel herunterschwenken.
Audi Light Canvas erleuchtet den Luxus Van – Crossover
Mit seinen selbstbewussten Dimensionen – 5,51 Meter Länge, 2,01 Meter Breite und 1,78 Meter Höhe – spielt der Audi urbansphere in der automobilen Oberliga. Der Fahrzeugkörper wirkt mit seiner fließenden Silhouette trotz stattlicher Ausmaße und großer Räder im 24 Zoll Format eher zurückhaltend gestaltet. Audis Markengesicht Kühlergrill Singleframe ist als großflächiges Oktagon ausgeformt.
Schmal erscheinen die Leuchteinheiten rechts und links des Singleframe. Die eigentliche Funktion als Lufteinlass ist beim e-Antrieb des urbansphere obsolet. Die Front des Audi ist eine Art digitale Lichtfläche. Diese liegt hinter einem leicht getönten, transparenten Visier. Die dreidimensionale Lichtstruktur selbst ist in Pixelflächen angeordnet. Der obere und untere Rand des Singleframe besteht noch aus Aluminium, die vertikalen Verbindungen werden als Teil der Lichtfläche von LEDs gestaltet. Der Singleframe ist somit Kommunikations-Fläche und dient als dynamische Lichtinszenierung mit klarer Signalfunktion in Richtung anderer Verkehrsteilnehmer. Diese Funktion nennt Audi „Light Canvas“, also Licht Leinwand. Fahr- und Fernlicht werden über Leuchtsegmente in den äußeren Partien des Singleframe realisiert, im Heckbereich gibt es eine analog funktionierende Matrix LED-Fläche.
Portaltüren und Luftfederung
Die Türen des Audi urbansphere concept sind gegenläufig, vorn und hinten angeschlagen; eine B-Säule gibt es nicht. So eröffnet sich den Passagieren schon beim Einsteigen die gesamte Weite des Innenraums. Wie bei vielen Studien anderer Hersteller sind sie Portaltüren auch hier nur schöner Wunschtraum – die Fahrzeugstruktur wäre in der Serie nicht steif genug.
Reif für die Serie wäre auf jeden Fall die Luftfederung. Die Vorderräder sind über eine eigens für E-Fahrzeuge optimierte 5-Lenker-Achse angebunden. Hinten arbeitet eine Mehrlenkerachse, wie die vordere aus leichtem Aluminium gefertigt. Die lenkbaren Hinterräder sorgen trotz des langen Radstands von 3,40 Metern für Wendigkeit. Beim Audi urbansphere concept kommt – analog zum nächsten Verwandten grandsphere – die Audi adaptive air suspension zum Einsatz – eine 1-Kammer-Luftfederung mit semiaktiver Dämpferregelung. Sie soll exzellenten Komfort auf allen Straßenbelägen bieten.
Fahrzeug als „Experience Device“
Stärker als bisher, sei laut Duesmann nicht allein das Produkt ausschlaggebend. Audi will daher ein umfassendes Ökosystem mit Dienstleistungen rund ums Auto schaffen. So bietet der Audi urbansphere concept allen Personen an Bord eine Vielfalt an Optionen, diese Freiheit für individuell gestaltbare Erlebnisse zu nutzen: Kommunikation oder Entspannung, Arbeit oder den Rückzug in eine Privatsphäre, wenn dies gewünscht wird. Das urbansphere concept car wird so vom reinen Automobil zum „Experience Device“.
„Damit wir E-Mobilität noch attraktiver machen, denken wir sie ganzheitlich und von den Kundenbedürfnissen her“, erklärt Markus Duesmann.
Mit diesen sollen sich rund um die aktuelle Fahrt eine Vielzahl von Serviceangeboten erschließen lassen. Auch alltägliche Aufgaben jenseits der Fahrt wie die Reservierung eines Restaurantbesuchs werden so erledigt. Online-shoppen passiert aus dem Auto heraus. Zusätzlich wird der automatisiert fahrende Audi urbansphere concept seine Passagiere in Zukunft selbstständig zuhause abholen und sich um Parkplatz und Laden der Batterie kümmern.
Antrieb und Laden
Die Technikplattform des Audi urbansphere – die sogenannte Premium Platform Electric (PPE) – ist ausschließlich für den batterieelektrischen Antrieb konzipiert. Wie schon beim Audi grandsphere hält der Akku 120 Kilowattstunden bereit. Dank des langen Radstandes kann der Energiespeicher lang und sehr flach ausfallen.
Die beiden Elektromotoren des Audi urbansphere concept mobilisieren eine Gesamtleistung von über 400 PS (295 kW) und ein Systemdrehmoment von 690 Newtonmetern. Der urbansphere wurde für chinesische Megacitys konzipiert – hier ist die erreichbare Durchschnittsgeschwindigkeit verkehrsbedingt meist zwischen 20 und 30 km/h. Es ist also mehr als genug Power zur Fortbewegung gegeben. Mit je einem Motor auf der Vorder- und der Hinterachse verfügt das Concept Car auch über den Allradantrieb quattro, wobei sich die Vorderachse zur Reduzierung des Energieverbrauches bedarfsgerecht abschalten lässt.
Herzstück des Antriebs ist die 800-Volt-Ladetechnik. Sie sorgt dafür, dass sich die Batterie mit bis zu 270 Kilowatt an Schnellladesäulen innerhalb kürzester Zeit aufladen lässt. Innerhalb von 10 Minuten soll Antriebsenergie für mehr als 300 Kilometer „getankt“ sein. Die Ladezeit von fünf auf 80 Prozent geben die Ingolstädter mit weniger als 25 Minuten an. Nach WLTP Standard sollen bis zu 750 Kilometer Reichweite möglich sein.
Was bedeutet das?
Der Enge des persönlichen Lebensraums in den Ballungsräumen rund um den Globus will Audi mit dem bisher größten Innenraum eines Audi entgegenwirken. Wobei man ehrlicherweise hinzufügen müsste, dass die Personen, die sich dann so ein Luxusgefährt leisten, vermutlich nicht unbedingt unter beengten privaten Wohnumständen leiden. Trotzdem - die Ingolstädter haben mit dem urbansphere wieder ein beeindruckendes Concept-Fahrzeug vorgestellt. „Vorsprung durch Technik“ lebt!
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