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Audi Sphere: Neustart in der Oberklasse

Über einen Designworkshop mit interessanten Hintergrundinfos gab Audi einen dezenten Einblick, wie man sich künftig in der Oberklasse positionieren möchte.

Auf dem Design-Workshop zeigte Audi kurz Fotos des neuen Cuopé Sky-Sphere, das auf der IAA 2021 zu sehen sein wird. | Foto: Audi
Auf dem Design-Workshop zeigte Audi kurz Fotos des neuen Cuopé Sky-Sphere, das auf der IAA 2021 zu sehen sein wird. | Foto: Audi
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Gregor Soller

Audi drängt wieder stärker nach vorn. Schon in unserem Interview nimmt Audis Chefdesigner Marc Lichte viele Aussagen vorweg, die er jetzt im Design-Talk wiederholt. Denn hinter den Kulissen bereitet Audi einen dezenten, aber starken Neustart vor. Dazu stellt man auch die drei Designstudios in Peking, Malibu und Ingolstadt mit insgesamt 450 Expert*innen vor, wobei in China und den USA mit kleinen Teams rein digital gearbeitet wird und hier vor allem regionaler Input und regionale Vorlieben mit ins große Ganze fließen sollen.

Doch das Zentrum des Design bleibt Ingolstadt, wenngleich alle drei Standorte bezüglich neuer Projekte durchaus auch konkurrieren. Zudem startet Audi mit einem neuen Führungsduo für Exterieur- und Interieurdesign. Norbert Weber ist seit Oktober 2020 Leiter des Innenraumdesigns, Philipp Römers seit März 2021 Exterieurchef. Gemeinsam mit Chefdesigner Marc Lichte wollen die beiden die Ausrichtung der Premiummarke prägen. Erste Ergebnisse starten mit den „Sphere“-Modellen auf der IAA 2021 in München.

China bleibt wichtigster Einzelmarkt, doch: Die Geschmäcker gleichen sich weltweit an

Trotzdem bleibt auch für Audi China der weltweit der größte Einzelmarkt. Deshalb gibt es seit 2011 ein eigenes Studio in Peking, mitten im prosperierenden Chaoyang-Bezirk. Hier legt Designleiter Stephan Fahr-Becker mit seinem 13-köpfigen Team den Schwerpunkt auf den chinesischen Kundenkreis und unverwechselbares Design für den Markt. Hier gilt es, vor allem in Color and Trim spezielle Farben und Oberflächen china-spezifisch abzustimmen. Mit an Bord: Der Chinese Yunzhou Wu, der erklärt:

 „Für Chinesen ist das Auto Arbeitsplatz und Lebensraum in einem. Es ist nicht nur Transportmittel, sondern Verlängerung des eigenen Ichs und repräsentiert überdies Individualität und insbesondere Wohlstand.“

Er erklärt auch die Unterschiede zu anderen Märkten auf der Welt:

„Das Erscheinungsbild der Fahrzeuge darf gewagter, farbiger und insgesamt auffälliger ausfallen als beispielsweise in Europa. Im Innenraum spielen neben Fahrerlebnis und Exklusivität vor allem Konnektivität und Interaktion eine immer wichtigere Rolle, wenn wir hier etwa während der Rushhour im Stau stehen“

Außerdem seien die Chinesen sind sehr digitalaffin und technologieoffen. Das Smartphone ist unverzichtbarer Lebensbegleiter, der sie gleichzeitig auch kontrolliert. Sie erwarten große Touchscreens, superklare Bilder, intuitive Bedienbarkeit, eine umfängliche Vernetzung und eigenes WLAN an Bord. Wu, der fließend Deutsch, Englisch und Mandarin spricht, war sieben Jahre lang als Interieurdesigner bei Audi in Ingolstadt tätig. Nun lebt der 36-Jährige seit drei Jahren wieder in China als Koordinator des Interieur-Designteams.

Avatar-Treffen: VR-Brillen unterstützen die Kommunikation

Mittels VR-Brillen treffen sich die Teams aus Beijing und Ingolstadt regelmäßig zu virtuellen Design-Meetings, in denen sie realistische und proportionsgetreue 3D-CAD-Modelle begutachten können. Mehrere Nutzer*innen können sich gleichzeitig einloggen und erkennen sich als Avatare. CAD-Daten lassen sich nun ganz einfach nach Ingolstadt übermitteln. Über Nacht werden dort die physischen Clay-Modelle zum Anfassen gefräst. Und wenn Fahr-Becker und Yunzhou Wu abends ihr Büro in Beijing verlassen, startet Gael Buzyn in Südkalifornien seine Arbeit im 400-Quadratmeter-Audi-Designstudio im Herzen von Malibu. Der gebürtige Franzose ist für die Geschicke der Dependance an der Westküste der USA verantwortlich.

Gael Buzyn startete im Jahr 2016 allein in einem sieben Quadratmeter kleinen Raum. Mittlerweile arbeiten im Team zwölf Designer*innen, Tendenz steigend. Für 21 ist im neuen Designloft von Audi Platz: Gebaut nach dem Vorbild kalifornischer Midcentury-Architektur und deutschen Bauhaus-Prinzipien mit offenen Grundrissen und raumhohen Fenstern, bietet es genügend Platz. Hier steht die Kreativität im Vordergrund, aus Ingolstadt kommen vor allem die technische Unterstützung und der physische Modellbau. „Dinge, die wir am Tage anstoßen, werden über Nacht in Deutschland weitergedacht oder organisiert“, sagt der Studioleiter. Auch hier gilt:

„Wenn wir aufwachen, haben wir die Antwort.“

Buzyn lobt die „Carte blanche“ aus Ingolstadt, die seinem Studio bei neuen Ansätzen und der Form, Ideen zu präsentieren, gewährt. Permanenter Wandel: Was muss das Design eines Audi leisten?

Audi plant den nächsten großen Schritt – mit maximaler Eleganz

Jetzt geht Audis Chefdesigner Marc Lichte mit seinem Team en nächsten Schritt. Die viel kompakteren E-Maschinen sitzen nun an den Achsen, die Batterie im Unterbodenbereich, die Fahrzeugkabine in der Mitte wächst in den Dimensionen. Außen, vor allem jedoch innen: Das Auto fährt künftig voll- oder teilautonom, Lenkrad und Pedalerie sind zumindest zeitweise verzichtbar und können verschwinden. Vom Smartphone inspirierter Bedienkomfort und Konnektivität gewinnen an Bedeutung. Daher entwickelt sich das „Car Design“ zunehmend zum „Experience Design“, mit dem Ziel, Erlebnisse für die Nutzerin und den Nutzer zu gestalten. Audi-Chefdesigner Marc Lichte stellt die entscheidenden Fragen:

„Welche Anforderungen stellen die User an uns? Möchten sie beispielsweise im Auto arbeiten können, lesen oder schlafen? Für welchen Einsatzzweck legen wir das Auto aus – Langstrecke, Stadt, Freizeit? Wie muss das passende Interieur dafür aussehen?“

Deshalb soll der Innenraum eines künftigen Audi nicht länger nur „funktionaler Steuerstand“ sein, sondern individuelle Bedürfnisse widerspiegeln und möglichst nahtlos viele Funktionen integrieren. Vielfältige Bedienphilosophien – Sprach- und Gestensteuerung sowie berührungssensitive Oberflächen – ersetzen traditionelle Schalterleisten und Drehräder – ein Trend, der die Bedienung aktuell allerdings vor allem im VW-Konzern eher massiv verschlechtert statt verbessert hat. Weshalb Audi diesen Weg auch nur partiell mitging.

Das Interieur von morgen: Freiraum zur freien Entfaltung

Künftig wollen die Ingolstädter entsprechend buchstäblich mehr Freiraum bieten, in dem sich die Insassen während der Fahrt gar „entfalten“ können. Auch und vor allem dann, wenn sie als Fahrer ihres Autos gar nicht mehr gebraucht werden. Damit wird der Innenraum künftig zum Taktgeber des gesamten Fahrzeugentwurfs. „Sowohl in der Formgebung als auch hinsichtlich des Markenkerns“, sagt Interieurdesign-Chef Norbert Weber. Dabei hilft die technische Entwicklung er letzten Jahre enorm: Der Einsatz von 3D-Visualisierungen schafft ausgefeiltere Entwürfe und eine verbesserte Entscheidungsbasis und -sicherheit. Speziell die Interieurdesigner*innen können mithilfe der Technik bereits in der Konzeptphase Proportionen und Raumkonzepte realistisch erleben und sicher bewerten. Deshalb stellt das Design höchste Ansprüche an die Darstellungsqualität. Stimmen die Reflektionen, die Spiegelungen im Lack, der Schattenverlauf der VR mit der Realität überein? Spezielle Rechencluster liefern hochaufgelöste Bildinhalte. Auch dynamische Fahraufnahmen und Fahrsimulationen von Modellentwürfen lassen sich damit berechnen.

Der Modellbau: Weniger wichtig als früher und in Ingolstadt zentralisiert

Fertige digitale Datensätze aus Malibu und Peking können direkt ins Designcenter Ingolstadt übermittelt und dort von Fräsmaschinen zu Clay-Modellen in beliebigem Maßstab gefräst. Ein physisches Exponat bleibt trotz der digitalen Designentwicklung für Audi im Entscheidungsprozess weiterhin unverzichtbar. Denn tatsächlich sehen manche Perspektiven oder Lichtverläufe am §2echten“ Objekt nochmal anders aus als virtuell – auch wenn man mit der 3D-Brille noch o oft diverse Perspektiven gesehen hat. Interieurdesign-Chef Weber erklärt dazu: „Nichts ersetzt das Gefühl, in der Realität vor einem Modell zu stehen. Dann ist der Blickwinkel für das menschliche Auge lebensecht“.

Was bedeutet das?

Audi schlägt auch Design ein Neues Kapitel auf. Wiesen die „AI“-Modelle von 2017 bis 2019 sehr weit in die Zukunft und gingen vom vollkommen autonomen Fahren aus, geht man mit den jetzt folgenden „Spehre“-studien einen Schritt zurück auf Level vier, wird aber optisch konkreter. So soll die Studie Sky Spehre, die als eine Art großes elektrisches „Chauffeurs-Coupé“ daherkommt, ab 2024 neben dem A8 den neuen Audi-Luxus definieren. Wobei dem Coupé Sky Sphere die Coupélimousine „Grand Sphere“ und der CUV-Van „Urban Sphere“ folgen könnten, für diejenigen, die einfach noch mehr Platz im Interieur brauchen.

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